Papstbesuch:
Gespräch mit Regensburger Juden
Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem
"Wenn wir nicht Respekt füreinander haben, ist die Welt nicht gut", sagt
in einem telefonischen Interview Otto Schwerdt, eines von fünf
"gleichberechtigten" Vorstandsmitgliedern der jüdischen Gemeinde in
Regensburg. Die ökumenischen Kontakte mit anderen Religionen, Protestanten
wie Moslems, seinen "sehr gut", meint Schwerdt. "Vor zwei Jahren ist Bischof
Müller am Versöhnungstag zu uns in die Synagoge gekommen und hat eine sehr
schöne Rede gehalten."
"Wir stellen uns nicht unter das Kreuz und wenn sich bei gemeinsamen
Gottesdiensten die Christen bekreuzigen, tun wir das nicht, und wenn sie
knien, bleiben wir stehen", erklärt Schwerdt aus seiner langen Erfahrung mit
Gläubigen anderer Religionen bei Demonstrationen wie gemeinsamen
Gottesdiensten.
Er sagte, dass gemeinsame Gottesdienste gar kein Problem seien. "Der
Aaronitische Segen ist doch der gleiche. Unser Rabbiner spricht ihn auf
Hebräisch und der Priester auf Deutsch. Schließlich beten wir doch alle den
gleichen Gott an."
Weiter erzählte Schwerdt, dass die Vorstandsmitglieder "nicht hinter dem
Kreuz" und der Prozession des Papstes durch das Hauptportal in den Dom von
Regensburg einziehen würden. "Da nimmt man Rücksicht auf uns und lässt uns
die Kirche durch einen Nebeneingang im Westen des Doms betreten." Ob es auch
zu einem Gespräch mit dem Papst kommen werde, wisse er noch nicht.
Am Haupteingang des St. Peter Doms von Regensburg hängt eine
mittelalterliche "Judensau", eine judenfeindliche Abbildung. Dazu sagte
Schwerdt, dass die Kirche sich mit der jüdischen Gemeinde geeinigt habe, die
alte Skulptur an der Kirche zu erhalten, aber eine Tafel anzubringen mit
einer Erklärung der Bedeutung dieser Schmähung. Solche antijüdische
Karikaturen sind vor Allem in Deutschland an etwa 30 Kirchen belegt. Meist
zeigen sie eine Sau, an der ein Jude saugt. In der Nazizeit wurde aus dieser
Tradition der Begriff "Judensau", der bei heutiger Verwendung strafrechtlich
wegen Beleidigung oder gar Volksverhetzung geahndet wird.
Schwerdt erzählt auch von einer Geste mit besonderer Bedeutung. Am Mittwoch
werde der Papst zusammen mit seinem Bruder in dessen Haus "direkt gegenüber
dem jüdischen Gemeindehaus speisen". Die Gemeinde wurde gefragt, ob sie den
20 bis 25 Begleitern des Papstes Speisen schicken könnte. Die Gemeinde
erklärte, dass das nicht ginge, weil ihre Küche koscher sei. Gemäß den
Regeln der jüdischen Religion müssen nicht nur die Speisen den Regeln
entsprechen. Sogar das Geschirr muss koscher sein, indem man separate Teller
und Bestecke für "milchige" und für "fleischige" Speisen verwendet.
Aber, so Schwerdt, seien die Mitglieder der päpstlichen Delegation "herzlich
eingeladen worden", sich im jüdischen Gemeindehaus verköstigten zu lassen.
"Sie werden eine koschere Mahlzeit erhalten. Und wer sich dafür
interessiert, dem werden wir dann erklären, was koschere Küche bedeutet." |