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Jörg Fischer
Am 14. Oktober wollen
Neo-Nazis durch Nürnberg marschieren, mobilisiert wird zu dieser
"Demonstration" bundesweit, angekündigt wird sie als "zentrale
Demonstration" der "Freien Nationalisten", "unterstützt von der NPD". Anlass
für den Nazi-Auflauf: Die Braunen wollen öffentlich für eine "Revision der
Nürnberger Prozesse" demonstrieren. Gegen die geplante NS-Verherrlichung hat
sich in der Frankenmetropole ein außergewöhnlich breites Bündnis formiert.
Worum es den braunen
Menschenfeinden geht, wird in einem Ankündigungsbericht für diese
"Demonstration" auf einem neonazistischen Internetportal deutlich. Dort
heißt es u.a.: "Anlaß ist die 60. Wiederkehr
des Jahrestages der Hinrichtung der Angeklagten im ersten der Prozesse
dieser Art. Angeklagt waren seinerzeit in Nürnberg führende Vertreter aus
allen Bereichen des öffentlichen Lebens des Dritten Reiches. Für die neuere
Geschichte sind die Nürnberger Prozesse wohl das exemplarischste Beispiel
für umfassende Siegerjustiz, wobei die Besiegten zum Teil auch für
"Verbrechen" belangt wurden, die von den Siegern ebenfalls begangen wurden
und zwar nicht nur während des Zweiten Weltkrieges, sondern auch seitdem –
bis auf den heutigen Tag."
Vom Nürnberger Gerichtsgebäude in der Fürther Strasse aus, soll der Nazizug
durch den migrantisch und alternativ geprägten Stadtteil Gostenhof zum
Hauptbahnhof ziehen. Das Nürnberger Justizgebäude mit seinem berühmten
Sitzungssaal 600 war 1946 historischer Ort der Nürnberger
Kriegsverbrecherprozesse, wo führende Nationalsozialisten u. a. wegen
Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt wurden.
Heute, 60 Jahre danach, wollen die Nazis die verurteilten NS-Verbrecher zu
Opfern stilisieren und damit die Geschichte der nationalsozialistischen
Schreckensherrschaft umlügen.
Gegen die Naziprovokation formiert sich in Nürnberg indes ein
außergewöhnlich breiter Widerstand. Mehrere Bündnisse rufen zu
Protestaktionen und zivilem Ungehorsam auf. In einem Aufruf
antifaschistischer Gruppen heißt es u.a.: "Schon
einmal, vor der Machtübernahme der NSDAP 1933, war der Stadtteil bevorzugtes
Angriffsziel faschistischer Hetze, Aufmärsche und gewalttätiger Übergriffe.
ArbeiterInnen, Juden und Jüdinnen, ChristInnen, SozialdemokratInnen und
KommunistInnen - die GostenhoferInnen waren bei den Faschisten verhaßt. Die
Nazis hatten hier wenig Anhang, der Antifaschismus war dagegen fest
verankert und viele GostenhoferInnen setzten sich gegen die Nazis aktiv zur
Wehr. Gostenhof ist heute ein Stadtteil in dem ArbeiterInnen, Erwerbslose,
Linke, MigrantInnen, StudentInnen, KünstlerInnen und Flüchtlinge aus
verschiedensten Teilen der Welt zusammenleben. Den Nazis ist dieses Viertel
auch aktuell wieder ein Dorn im Auge. In ihrer menschenfeindlichen
Propaganda bezeichnen sie Gostenhof als "Kanakenviertel oder
Zeckenstadtteil". Der Stadtteil und seine BewohnerInnen waren in der
jüngeren Vergangenheit deshalb immer mal wieder Ziel neonazistischer
Propaganda, Schmiererreien und Einschüchterungsversuche. Der im Oktober
geplante Aufmarsch stellt allerdings eine neue Qualität dar."
In dem "Aufruf zum zivilen Ungehorsam" heißt
es: "Wir
stellen uns quer! Keine Verherrlichung des Nationalsozialismus am 14.10. in
Nuernberg! Kein Nazi-Aufmarsch durch Gostenhof! Am Samstag, den 14. Oktober
2006 wollen neofaschistische Kameradschaften und die NPD eine zentrale
Demonstration in Nuernberg abhalten. … Nicht mit uns! Diese skandalöse
geschichtsrevisionistische Verherrlichung des Nationalsozialismus darf nicht
stattfinden! Weder in der "Stadt des Friedens und der Menschenrechte" noch
anderswo! Deshalb rufen wir alle Buergerinnen und Buerger dazu auf, zivilen
Ungehorsam zu zeigen und mit friedlichen Mitteln den Naziaufmarsch durch
Gostenhof zu blockieren und damit die Verherrlichung des Nationalsozialismus
zu verhindern. Insbesondere in einer Zeit wieder zunehmender rechtsextremer
Uebergriffe und Wahlerfolge ist und bleibt uns der Schwur der Ueberlebenden
des Konzentrationslagers Buchenwald Mahnung: Nie wieder Faschismus!
X-tausendmal quer gegen den Naziaufmarsch - am 14.10.06 vor dem Nuernberger
Justizgebaeude in der Fuerther Strasse."
Unterstützt werden beide
Aufrufe nicht nur von zahlreichen antifaschistischen Gruppen, jüdischen
Gemeinden und Organisationen, Bürgerinitiativen, Stadtteilläden, Parteien
und Gewerkschaften, sondern auch von Kirchen, Theatern, Firmen und
Einzelhändlern, Schulen, Jugendzentren, Künstlern und engagierten
Einzelpersonen. So kann der 14. Oktober zu einem bedeutenden Tag für
Nürnberg werden, an dem die wehrhafte Demokratie, die couragierte
Zivilgesellschaft nicht nur theoretisch-abstrakt bleibt, sondern erlebbar
wird und ein überdeutliches Zeichen gegen die neuen Nazis setzt.
http://www.nazistopp.tk
– Informationssite gegen die geplante Naziprovokation am 14. Oktober in
Nürnberg