Landtagswahlen (III):
"Die NPD handelt hochgradig professionell"
Interview: Astrid Geisler
taz: Herr Buchstein, vor einiger Zeit haben Sie
prophezeit, dass die NPD den Einzug in den Schweriner Landtag
verpasst. Sehen Sie das weiterhin so?
Hubertus Buchstein: Ich neige wirklich nicht zu
Alarmismus - aber inzwischen würde ich keine Kiste Bier mehr darauf
verwetten, dass die NPD nicht ins Landesparlament kommt. Ich kann
mir inzwischen beides vorstellen: dass sie über 7 Prozent erreicht
oder dass sie bei 4,8 Prozent bleibt.
Wie erklären Sie sich, dass die Umfragewerte für die NPD zuletzt
auf bis zu 7 Prozent gestiegen sind?
Das liegt einerseits an der massiven Präsenz der NPD im Wahlkampf
und andererseits an der Schwäche der demokratischen Parteien. Die
NPD betreibt im Landtagswahlkampf einen immensen Aufwand. Das ist
geradezu grandios, was die hier alles auf die Reihe kriegen.
Woher nehmen die Rechtsextremen die Helfer für diesen Aufwand?
Die NPD ist in vielen Teilen Mecklenburg-Vorpommerns weiterhin eine
virtuelle Partei. Aber der Wahlkampf wird von außen super
organisiert. Die Rechtsextremen sind hier mit bis zu 30 Mitarbeitern
aus Sachsen im Einsatz, überall stehen Autos mit Dresdener
Kennzeichen. Der Plakataufwand ist riesig. Und diese Plakate sind
zum Teil wirklich stark.
Was ist daran stark?
Die NPD profitiert von der Schwäche der demokratischen Parteien -
die fast keinen Inhaltswahlkampf machen. Auf deren Wahlplakaten sind
fast nur Bilder. Es gibt keine Polarisierung. Das Starke an der NPD
ist, dass sie wirklich einen Themenwahlkampf macht. Darunter sind
wie üblich fürchterliche Dinge: Bonzenbeschimpfung oder
Ausländerhetze. Aber die NPD hat auch das Thema regionale Schulen
auf ihre Plakate genommen, das Thema Arbeit oder die angekündigte
Mehrwertsteuererhöhung. Sie setzt diese Themen hochgradig
professionell.
Auf der NPD-Landesliste kandidieren eine ganze Reihe militanter
Neonazis. Wiese schreckt das die Leute nicht ab?
Ich glaube, dass viele das gar nicht so genau wissen. Der
NPD-Spitzenkandidat Pastörs gilt als der nette Handwerker, der
Uhrmacher von nebenan. Viele Menschen wissen vermutlich nicht, wie
er mit der militanten Rechten zusammenarbeitet.
Die NPD hat im Nordosten weiterhin nur eine dünne Personaldecke.
Welche Risiken birgt der Einzug in den Schweriner Landtag für die
Rechtsextremen?
Die ersten vier Kandidaten auf der NPD-Liste sind ziemlich fit. Dann
wird die Partei einige Fraktionsmitarbeiter einstellen - und schon
hat sie einen professionellen Apparat. Der wird dann neue Büros dort
im Land eröffnen, wo die NPD ihr Potenzial bisher nicht ausschöpft.
Wir sollten uns also keine Illusionen machen.
HUBERTUS BUCHSTEIN, geb.1959, ist Professor für
politische Theorie und Ideengeschichte an der Uni Greifswald
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13-09-2006 |