Männerpartei NPD:
Rechte auf Wählerinnenfang
Der NPD geht es nicht um
Frauenförderung. Vielmehr will sie effektiver als bisher das
Stimmenpotenzial rechtsextremer Mütter und Töchter abschöpfen
Von Astrid Geisler
Tausende Flugblätter hat der Anklamer NPD-Kandidat
Michael Andrejewski inzwischen im Landtagswahlkampf verteilt. Wer am
besten auf die Parteipropaganda anspringt? Da muss der
Rechtsextremist nicht lange überlegen. "Besonders gut kommen wir bei
Männern über vierzig an", berichtet er freudig.
Die Strategen in der Berliner Parteizentrale kann der
Erfahrungsbericht des emsigen Wahlkämpfers nicht begeistern. Er
bestätigt, was seit je gilt: Die NPD ist eine Männerpartei. Ihre
Wählerschaft ist zum überwiegenden Teil männlich - und das, obwohl
repräsentative Umfragen belegt haben: Frauen tendieren im gleichen
Ausmaß zu rechtsextremen Einstellungen wie Männer. Eine Forsa-Studie
ergab 2003, dass rechtsextreme Ansichten gerade unter Frauen in
Ostdeutschland sogar weiter verbreitet sind.
"Es ist Zeit, dass wir hier den Hebel ansetzen", sagt der
NPD-Sprecher Klaus Beier. Der Hebel heißt "Nationaler Frauenring".
Am kommenden Wochenende will die Partei in Sachsen-Anhalt eine
spezielle Unterorganisation für Frauen gründen. Besonders innovativ
ist das nicht. Selbst die "Republikaner" kamen bereits vor elf
Jahren auf die Idee, einen "Republikanischen Bund der Frauen" zu
gründen. Seither tauchte der Zirkel nur noch im
Verfassungsschutzbericht auf.
Ob der NPD-Frauenring eine ebensolche Organisationsblase wird?
Sicherheitsbehörden zumindest beobachten das Projekt mit einiger
Skepsis. Die Gründung passe zur NPD-Strategie, sich nach außen
möglichst anderen Parteien anzugleichen. Was aber nicht heiße, dass
tatsächlich die Ära der Frauenförderung bei den Rechtsextremen
angebrochen sei. Wiederholt kündigte die NPD in jüngster Zeit
großspurig Projekte an - aus denen dann nichts wurde. So hat die
Partei nach Informationen der Behörden zum Beispiel bis heute kein
einziges funktionierendes Schulungszentrum.
Und der Einfluss der Frauen in der NPD ist bislang äußerst
überschaubar. Mit der für ihre kommunale Hetze in der hessischen
Provinz berüchtigten Doris Zutt sitzt eine einzige Frau im
18-köpfigen Parteivorstand - zuständig für "Familie und Senioren".
Die Liste der NPD zur Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern ist
gänzlich kandidatinnenfrei. Kein Wunder, dass die Gründerinnen des
Frauenrings in ihrem ersten Aufruf an die Mitstreiterinnen einen
"erheblichen Nachholbedarf" konstatieren.
Mit Gitta Schüssler und Judith Rothe stehen zwei Frauen hinter dem
Projekt, die es bereits vergleichsweise weit gebracht haben.
Schüssler, 44, ist nicht nur dreifache Mutter und vierfache Oma,
sondern seit 2004 auch NPD-Landtagsabgeordnete in Sachsen - die
bisher einzige bundesweit. Rothe, Jahrgang 1979, aus Sangerhausen
könnte den radikalen weiblichen Nachwuchs aus der militanten
Neonaziszene zur NPD locken - hier beobachten Fachleute einen
wachsenden Frauenanteil: Rothe gilt als eine jener Frauen, die sich
nicht nur als Helferinnen, sondern als Mitkämpferinnen in der
rechtsextremen Szene betrachten. Ihrem Partner, dem
Kameradschaftsführer und Organisator von Rechtsrock-Konzerten Enrico
Marx, maß der Verfassungsschutz eine "herausragende Rolle" in der
Neonaziszene Sachsen-Anhalts bei.
"Wir werden keine Mutter-Kind-Gruppe der Partei sein", sagte
Schüssler der taz. Ein Ziel sei, mehr NPD-Frauen in die kommunalen
Parlamente zu bringen. Bisher hätten sich hauptsächlich Ostdeutsche
zu dem Gründungstreffen angemeldet - mit 50 Teilnehmerinnen rechnen
die Initiatorinnen.
Zwar hat sich der NPD-Vorstand für das Projekt ausgesprochen, doch
allzu groß scheint das Interesse an der Frauenoffensive bisher nicht
zu sein. Wer die dritte Mitbegründerin des Nationalen Frauenrings,
Katharina Becker, sei? Da muss der NPD-Sprecher passen. Dafür
verkündet er, seine Partei habe inzwischen bereits einen
Frauenanteil von 27 Prozent. Davon wiederum ist der
Frauenring-Gründerin Gitta Schüssler nichts bekannt: "Ich habe da
überhaupt keinen Einblick", räumt sie ein. Ihre Schätzung lautet:
"Zwischen 10 und 20 Prozent."
So gerne sich die Partei mit der weiblichen Seite schmücken will -
so wenig wollen die Führungskader deshalb gleich die Macht mit den
Damen teilen. Direkt sagt der NPD-Sprecher das natürlich nicht: "Bei
uns", orakelt er nur, "gilt weiterhin das Leistungsprinzip."
In den Internetforen der Szene tut mancher Kamerad indes bereits
unverblümt seine Vorfreude kund: "Äußerst positive Sache! Oftmals
hatten wir das Problem, dass wir bei Treffen oder Veranstaltungen
niemanden hatten, der für Getränke sorgt, abräumt oder aufräumt.
Diese Dinge könnten nun durch die Frauen erledigt werden."
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17-09-2006 |