"Ich muss die Realität prüfen":
Konvergenz im Gefrierfach
Olmert deutet an, dass er im
Moment von dem Gedanken an einen einseitigen Rückzug aus den Gebieten
absieht
Von Arik Bender, Maariv, 05.09.2006
Sie ist das politische Programm, das die Wahlen
entschieden und Kadima und Ehud Olmert an die Macht gebracht hat, aber die
Konvergenz wurde jetzt erst einmal tiefgefroren. Bei seinem Auftritt vor dem
Außen- und Sicherheitskomitee der Knesset sagte der MP: "Im Moment steht das
Thema Konvergenz nicht auf der Liste der Prioritäten, wie noch vor zwei
Monaten."
Schon in den ersten Tagen des Libanonkriegs hatte Olmert
große öffentliche Aufregung ausgelöst, als er sagte, Erfolge in diesem Krieg
würden der Förderung des Konvergenzplans dienen. Gestern, weniger als zwei
Monate danach, klang Olmert ganz anders: "Ich muss die Realität überprüfen.
Nicht weil ich mich geirrt habe, sondern weil sich die Realität verändert
hat. Ich bin sicher, dass sich die Prioritäten des Staates Israel verändert
haben."
Olmert betonte, die Regierung könne und wolle sich dem
palästinensischen Thema nicht entziehen, sagte jedoch: "Man muss auch an
andere Wege denken, sich mit der palästinensischen Frage
auseinanderzusetzen. Wir haben im Moment ein dringenderes Problem". Damit
bezog Olmert sich auf die Warnung des Shabak-Chefs, der Gazastreifen könne
innerhalb kurzer Zeit zu "Hisbollistan" werden, aufgrund der riesigen Mengen
von Waffen und Munition, die aus dem Sinai eingeschmuggelt werden. Olmert
sagte, er sei daran interessiert, mit Abu-Masen zusammenzutreffen, es seien
jedoch Schwierigkeiten entstanden, dies wegen der Erwartungen, die die
Palästinenser auf ein solches Treffen setzen.
Die Äußerungen Olmerts bezüglich der Einfrierung des
Konvergenzplans lösten eine Vielzahl von Reaktionen aus. "Olmert ist zur
Vernunft gekommen. Ich schließe nicht aus, dass es sich dabei um eine
wichtige politische Aussage handelt, aber ich habe von Olmert keine
entschlossene Abwendung von dem Prinzip der Konvergenz gehört", sagte MdK
Limor Livnat.
Yariv Oppenheimer von "Shalom Achshav" sagte hingegen:
"Ohne ein politisches Programm hat die Olmert-Kadima Regierung keine
Existenzberechtigung". Die Vorsitzende der Meretz-Jachad Fraktion, Zahava
Galon, fügte hinzu: "Die Konvergenz ist vor noch ihrer Geburt gestorben und
begraben worden. Ich glaube nicht, dass jemand, der so überstürzt in einen
Krieg gezogen ist, jetzt einen Friedensprozess vorantreiben kann."
Kadima unterstützte die Worte Olmerts. "Die Konvergenz ist
eigentlich nicht mehr aktuell", sagte MdK Yoel Hasson. "Olmert hat mutig
zugegeben, dass die Konvergenz im Moment nicht das richtige Programm ist."
Auch Zachi Hanegbi gab der Annahme Ausdruck, dass die Konvergenz jetzt ganz
tief in die Schublade gesteckt wird. "Der Ministerpräsident sagte,
Konsequenz sei wichtig, aber noch wichtiger sei der Verstand. Man muss nicht
an einem Programm festhalten, das im Moment zu viele Fragezeichen
beinhaltet. Der Krieg im Libanon hat eine neue Prioritätenordnung
hergestellt."
Medienspiegel der Deutschen Botschaft Tel Aviv
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