CHOSCHEN:
Der Brustschild des Hohen Priesters
Von Esra Voglgsang
Edelsteine und
Diamanten entstanden nach Sagen und Legenden aus den klaren Wassern des
Paradieses. Tief im Erdinneren eingebettet, verdanken diese Botschafter der
Elemente ihre faszinierende Schönheit und Wirkungsweise oft dem gewaltigen
Druck einer metamorphen Entwicklung.
Einer Entwicklung
die zur fantastischen Umgestaltung der Basiselemente führen kann und sich
wie eine Schatzkammer der Ewigkeit vor dem Auge des Betrachters eröffnet.
Eine spürbare Ruhe der nahezu unerforschbaren Tiefe der Zeit begleitet den
Atem der 12 Edelsteine auf dem kostbaren Brustschild des Hohen Priesters.
........"Viereckig soll er
sein, übereinander gelegt, eine Spanne lang und eine Spanne breit.
Und du sollst ihn mit einem Besatz von Steinen versehen, mit vier
Reihen Steine; eine Reihe: Karneol, Topas und Smaragd;
so die eine Reihe. Und die zweite Reihe Rubin, Saphir und Jaspis. Und
die dritte Reihe: Hyazinth, Achat und Amethyst. Und die vierte Reihe:
Chrysolith, Schoham und Onyx.
In Gold gefasst sollen sie eingesetzt werden.
Und die Steine sollen für die Namen der Kinder Israel bestimmt sein,
zwölf für ihre Namen, in Siegelstich soll der Name eines jeden der
zwölf Stämme eingegraben sein ……."
( 2.Mose 28, 16-22 )
Der hohe Priester
In den alten Überlieferungen entspricht der Hohe Priester in seiner
detaillierten Beschreibung dem Ursprungsmenschen, dem "Adam-Kadmon", in dem
die Überlieferung die nichtstoffliche "Matrix" des Menschen auszudrücken
vermag. Der "Adam-Kadmon", stellt den Menschen im Zustand des
All-Ein`s-Seins dar. Mit dieser Fähigkeit wird er als verantwortliches
Wesen in die Welt gestellt und erscheint in den Erzählungen als Idealbild
des Menschen, als Adam im Paradies; Dieser "Adam" repräsentiert die gesamte
Schöpfung noch vor dem Nehmen vom Baum der Erkenntnis. Das Paradies, der
"Gan Eden", gilt u. a. auch als das Symbol einer noch nicht aus der
geistigen Einheit gefallenen Schöpfung. Nach dem "Fall aus dem Paradies"
findet sich auch der Mensch in einer, in die materielle Vielheit,
zersplitterten Einheit wieder.
Der Mensch - Mikrokosmos im Makrokosmos
Auf vielen Gebieten spricht man von der Entsprechung des Menschen als
Mikrokosmos im Makrokosmos und nicht umsonst sagt ein Sprichwort: "Wer einen
Menschen rettet, rettet die ganze Welt"! Denn der Mensch trägt den
Überlieferungen gemäß die Summe aller geistigen Urprinzipien in
nichtmaterieller Form in sich. Nämlich als geistige Kraft.
Dem gegenüber steht jede materielle Erscheinung als ein Informationsträger
der nur darauf wartet seine geistige Botschaft abzugeben. Der "göttliche
Funke’" harrt seiner Befreiung, um dem Menschen, der geistig und damit auch
körperlich aus dem Gleichgewicht geraten ist, wieder die fehlende
Kraft eines Urprinzips zu vermitteln. Auf dass der Mensch seiner Bestimmung,
nämlich heil zu sein, wieder näher gebracht wird.
In der vielfältigen Möglichkeit im Makrokosmos, in der Erscheinung von
Mineralien, Tieren und Pflanzen findet jeder Einzelne seine Antwort auf die
Frage: "Was fehlt mir?"
Ob er sich nun mit "Steinenergien " beschäftigt, Aroma- und
Farbnuancen auf sich wirken lässt oder sich den musikalischen Klängen
von Natur und Instrumenten öffnet. Den Impuls dazu gibt immer das tiefe
Sehnen im Menschen, das Sehnen nach etwas Altbekanntem. Denn nur wer etwas
kennt oder etwas verloren hat, kann sich wieder danach sehnen.
"Was fehlt mir?", das ist eine von vielen Fragen nach dem Sinn des Lebens,
die sich jedes menschliche Wesen begrenzt in Raum und Zeit stellen darf.
"…..viereckig soll er sein ….."
Das Viereck verweist auf die vier formgebenden Grundelemente unserer
materiellen Welt. Dabei ist die kleinste kristalline Form der Materie
ebenfalls viereckig. Es ist das, wie ein Würfel erscheinende Salzkristall,
welches auch zum Wachstum vieler Steine beigetragen hat. Und wenn sein
Mantel geöffnet wird, tritt die Geometrie eines wohlbekannten Symbols
unserer Welt zu Tage: dem Kreuz. Im materiellen wie auch im mystischen ist
das Kreuz immer wieder das Symbol der Materie.
"……mit vier Reihen Steine …."
In den vier Reihen werden nach alten Überlieferungen die "vier Welten" des
Lebensbaumes erklärt, die den Menschen und die Schöpfung hervortreten
lassen. "Die Welt Nahe bei Gott", "der Schöpfung", "der Formwerdung" und
"die Welt des Tun's"!
"…..Steine…." - "Für alle Zeiten werde
ich deiner gedenken"
Jeder Stein des Brustschildes ist der materielle Ausdruck eines geistigen
Ur-Prinzips, das im Leben des Menschen verwirklicht werden will. Hebräisch
lautet der Name für Stein "even" und wird in Zahlen mit 1-2-50
geschrieben. Die Eins steht in der Überlieferung für den menschlichen
Ursprung, die Zwei für diese dualistische Welt und die Fünfzig für die
kommende Welt. Deshalb lässt man nach jüdischem Brauch bei einem Grabbesuch
einen Stein zurück. Dieser symbolisiert die Verbundenheit zwischen den
Verstorbenen und den Lebenden über Zeit und Raum hinaus.
Wie sehr die Edelsteine des Brustschildes bereits in ihrem Namen mit dem
Menschen in Verbindung stehen, kann durch zwei Beispiele anschaulich zum
Ausdruck gebracht werden.
Karneol - Der Stein des Menschen
Nehmen wir zunächst den orangerot bis dunkelrot durchscheinende Karneol, der
als erster Stein auf dem Brustschild erscheint. Er wird im Hebräischen
"odem" genannt und steht für Ruben, den Erstgeborenen der zwölf
Stämme Israels. Das Wort "Odem" hat dieselben Konsonanten wie
das Wort "Adam", mit dem im Hebräischen nicht
nur der Mensch im Paradies zum Ausdruck gebracht wird. Möchte man
gegenüber einer Person aufgrund ihres menschlichen Verhaltens, seine
Hochachtung zum Ausdruck bringen, so sagt man: "Diese Person ist ein wahrer
"ben adam",
ein wahrer Mensch. In Zahlen wird "adam" mit 1-4-40
geschrieben. Eine weit verbreitete Auffassung besagt, dass die Seele der
Schöpfung im Blute liegt. Ist es da verwunderlich, dass man im Wort
"Adam" auch die Begriffe für Blut d.h. "dam" ( 4 – 40
) und für Rot "adom" ( 1 – 4 – 40 ) findet ? Und unter diesem
Aspekt scheint es nahezu logisch, dass die Heilwirkung des Karneol vor allem
neben Blut- und Kreislauferkrankungen auch Erkrankungen der Seele umfasst.
Denn geht man in seiner Betrachtung weiter, so findet sich, dass das Wort
"adam" die Basis für die Wörter "dumah" und
"dome"
bildet. Das Erste heißt Stille und Schweigen und das Zweite steht für
ähnlich und ähnelnd. Beide zusammen erzählen nach der Überlieferung wie der
Mensch sein sollte. Nämlich im stillen Wachstum dem Ursprungsmenschen immer
ähnlicher zu werden.
Biologisch findet man im Karneol eine hohe Anreicherung von Eisen, welchem
die Steigerung der Vitalität des Menschen und eine Erneuerung der
Lebenskraft zugeschrieben wird. Dabei sollte vielleicht auch der Augenmerk
etwas auf dem Ausspruch Paracelsus liegen: "Was die Zähne kauen ist
die Arznei nit; niemand sieht die Arznei. Es liegt nit am Leib, sondern an
der Kraft!" Im übertragenen Sinne bedeutet dies, dass nichts
Materielles heilt, sondern die in der Materie innewohnende Kraft dem
Menschen hilft. Der Karneol, auch Stein des Menschen genannt, wird neben dem
Zwilling und der Jungfrau hauptsächlich dem Stier-Sternzeichen und der Kraft
des Stieres zugeordnet. Und so erzählt man, dass im Zeichen des Stieres die
Welt erschaffen wurde, und der Mensch die ganze Welt in sich trägt.
Smaragd - Der Geistesblitz
Nehmen wir als nächstes Beispiel den Smaragd auf dem Brustschild. Der Name
des grünen Steines lautet auf Hebräisch "bareket" und stellt
sich mit der Zahlenschreibweise 2-200-100-400 dar. In demselben Wort
findet sich auch der Begriff für Blitz "barak" 2-200-100 und
die Verb - Grundform für schleudern und strahlen. Der Smaragd wird dem Stamm
Levi zugeordnet und der Name Levi bedeutet im übertragenen Sinne "der
Begleiter". Die Leviten sind nämlich in den Erzählungen die Begleiter und
die Führer für den Menschen der im Tempel seine Opfer darbringen möchte.
Zum besseren Verständnis sei noch erwähnt dass das hebräische Wort
"korban", welches mit Opfer übersetzt wird, im hebräischen "sich
annähern" bedeutet. Dabei ist die geistige Annäherung zum göttlichen
Ursprung gemeint.
In der Mythologie finden wir den Smaragd als den Stein Merkurs, dem
Götterboten und er galt von jeher als Schutzstein aller Reisenden. In den
Heilwirkungen schreibt man ihm die Stabilisierung der Sehkraft zu. Auch
Schicksalsschläge sind mit Hilfe des Smaragds besser zu bewältigen, denn
seine geistige Kraft verleiht Weitsicht und Hellsichtigkeit. All dies
sind hilfreiche Eigenschaften die den Menschen bei der Annäherung zum
Ursprung begleiten. Für den Griechen galt der Smaragd als der Stein der
göttlichen Eingebung, dem Geistesblitz.
"…. In Gold gefasst….."
Das Gold symbolisiert das Urlicht aus dem die Urprinzipien der
Menschlichkeit entspringen. Und danach sehnt sich der Mensch. Diamant und
Gold / Mensch und Urlicht sind eine untrennbare Einheit. Der Mensch liebt
das Urlicht, das Gold. Doch losgelöst vom Sinn des Ursprungs verwandelt sich
das Sehnen in reine Gier und die Herzen werden zu Stein. Aber so wie der
Diamant alle Arten von Gestein durchbohrt, so durchdringt die Menschlichkeit
jede Härte.
In der Darstellung des "choschen", dem Brustschild des Hohen
Priesters, werden in Worten und Zahlen Geschichten erzählt, die
sehnsuchtsvoll darauf warten aus der Isolation geschichtlicher
Betrachtungsweise befreit und zu einem Ganzen zusammengefügt zu werden.
Das Originalwort "choschen" sollte in erster Linie nicht in
einem Bildnis erstarren. Das heißt, nicht in der Vorstellung stecken
bleiben, das einen Mann mit 12 Steinen auf der Brust zeigt sondern der
Aufforderung folgen, die Vielschichtigkeit eines Wortes zu erfassen. Dann
werden die wahren Ge-Schichten erzählt.
Die hebräischen Konsonanten Chet, Schin und Nun (Ch-Sch-N), die das Wort
"choschen" bilden, haben mit dem Zahlenwert von 8-300-50 (358)
ein breites Spektrum verschiedenster Begriffe, Symbole und
Zahlenbedeutungen. (z.B. Schlange, Messias, Zahn, raten, ahnen,
fühlen, empfinden, sich beeilen, Herz usw.)
Steine - Impulse für die 12 Sinne des
Menschen
Das Wort "choschen" beinhaltet das Wort für Sinn, "chusch".
Und Sinne gelten von alters her als Tore zu neuen Welten. Je nachdem mit wie
viel Sinnen wir die Essenz einer Begegnung erfassen, dementsprechend
ist der Entwicklungszustand unseres Bewusstseins.
Normalerweise sprechen wir von den fünf Sinnen mit denen wir unsere Welt in
vielfachen Veränderungen wahrnehmen und unser Weltbild konstruieren. Doch
kennen wir bereits beim Fisch als zusätzlichen Sinn den Seitenlinien- Sinn
mit dem er Änderungen im Wasser wahrnehmen kann. Und auch mit dem intuitiven
7. Sinn haben wir unser Sinn-Vermögen noch nicht voll ausgeschöpft.
Nach dem tiefen Wissen aus dem Ursprung verfügt der Mensch über zwölf Sinne,
die uns lehren wer wir wirklich sind und in einem alter indischen Spruch
wird erzählt, dass Gott in den Steinen schläft. So besitzt der Mensch auch
nach der indischen Lehre 12 Sinne, deren harmonische Entwicklung von der
Infunktionssetzung des entsprechenden Chakra abhängig ist.
"… 12 für ihre Namen ….." - Zeitqualität
erfassen
Steine sind Bruchstücke der Schöpfung. Sie vertiefen die Erkenntnis des
Lebens und stellen eine Offenbarung an die Zeit dar. Nicht zuletzt deswegen
werden die 12 Steine auch den 12 Stämmen Israels, den 12 Monaten und den 12
Tierkreiszeichen zugeordnet.
Dass die 12 als Ausdruck für die Zeit erscheint ist uns nicht fremd. Leicht
erkennen wir am Beispiel eines Jahres, dass alle 12 Monate im harmonischen,
sich gegenseitig ergänzendem Zusammenspiel das absolute Sein ergeben. Das
Jahr stellt die Sinnerfüllung eines "Ganzen" dar und kann sich als etwas
Neues repräsentieren. Und dabei erscheint die 12 nicht nur allein als
quantitativer Maßstab sondern erzählt auch von einer vollkommenen
Zeitqualität. Denn die Qualität eines Zeitpunktes bestimmt den Verlauf und
den Ausgang einer Sache. Zeitqualität ist Form gebend.
So wie in der Musik die 12 Halbtöne eine ganze Tonleiter bilden und die 12
Monate das ganze Jahr bilden, so helfen die 12 Sinne dem Menschen, sich in
seiner Gesamtheit, als etwas Heiles, als etwas Neues und Ganzes zu erfahren.
Beim Brustschild ist der Mensch aufgefordert jeden der 12 Steine mit seinen
12 Sinnen in sich aufzunehmen. Mit dieser 12x12 erreicht er die Zahl
144, die in der Überlieferung für die Durchsichtigkeit der Zeit steht. Das
heißt er beginnt sein "Mensch sein" frei von Zeit und Raum zu erfassen.
So verfügt das uralte Wissen der Kulturen über vielfache Informationen. Zum
einen für die heilsamen Transformationen unseres physischen Körpers. Dies
geschieht wie wir wissen auch durch die mannigfache Stimulation der Sinne
anhand von Zeichen, Formen, Farben und Gerüchen der materiellen
Erscheinungen (Steine, Pflanzen, Tieren, Zahlen, Symbole usw.).
Zum anderen erzählt dieses Wissen aber auch von der Kraft und dem
unerschöpflichen Reichtum des Menschen. Nämlich von der Möglichkeit einer
permanenten Bewusstseinserweiterung.
Im Erkennen und sich Einfügen in die kosmischen Zusammenhänge liegt eine
Kraft die sogar die Basiselemente unserer Erscheinung, die Gene, umformen
kann. |