Internationale Truppen:
Lahouds und Hisbollahs Sorgen
Auszüge aus einem Artikel von Zvi Bar'el, Ha'aretz,
02.08.2006
Übersetzung Daniela Marcus
Der libanesische Präsident Emile Lahoud spuckt seine Worte
heraus als ob Arabisch nicht seine Muttersprache wäre. (…) Wovor hat Lahoud,
der pro-syrisch und für die Hisbollah ist und im Widerspruch zu
Premierminister Fuad Siniora steht, Angst?
Lahoud denkt vor allem an die Zukunft, an die Zeit, wenn über seine
Präsidentschaft entscheiden werden wird und außerdem über die erneute
Aufnahme internationaler Untersuchungen im Mordfall des früheren
libanesischen Premierminister Rafik Hariri und über die
politisch-militärische Herrschaft im Libanon. (…) Gegenwärtig hat die
libanesische Regierung nicht die militärische Macht, die Hisbollah
herauszufordern. Das liegt nicht nur daran, dass die libanesische Armee zu
schwach ist, sondern auch daran, dass sie von einem pro-syrischen
Kommandanten, Michel Suliman, angeführt wird und der drusische
Generalstabschef nicht stark genug ist, sich gegen Suliman durchzusetzen.
Unter diesen Umständen könnte die vorgeschlagene internationale Truppe
zusätzlich zu ihren Überwachungspflichten als eine alternative nationale
Armee fungieren. (…)
Die Hisbollah ist nur gewillt, über eine multinationale Truppe zu
diskutieren, so lange diese unter der Schirmherrschaft der UNO steht oder
als Erweiterung der UNIFIL (United Nations Interim Force in Lebanon)
angesehen wird, mit der die Hisbollah eine enge Geben-und-Nehmen-Beziehung
aufgebaut hat. Sie ist vertraut mit der Ausrüstung der UNIFIL-Truppe und
weiß vor allem, dass die UNIFIL nicht die Absicht hat, sich in die
Aktivitäten der Hisbollah im Südlibanon verwickeln zu lassen. Eine weitaus
anspruchsvollere multinationale Truppe würde sich wahrscheinlich in die
vollständige Kontrolle der Hisbollah über die Zivilbevölkerung und in ihren
Empfang von Geldmitteln, ihre Trainingscamps und natürlich in ihre
Waffenlager einmischen.
Dies erklärt Hassan Nasrallahs tiefe Besorgnis über die Zusammensetzung der
multinationalen Truppe. Er möchte nicht, dass seine politische Macht unter
dem Schutz der multinationalen Truppe an die libanesische Regierung
übergeben wird. Und auf keinen Fall möchte er die finanziell ergiebigen
Verträge bezüglich des Wiederaufbaus des Südlibanons aufgeben. Arabische
Staaten geben bereits Geld dafür. Und der Hisbollah gehört eine große
Baufirma, die sich den Löwenanteil an Projekten zum Wiederaufbau sichern
will. Um diesen Anteil zu bekommen, muss die Hisbollah potentielle
Konkurrenten fern halten, insbesondere solche Konkurrenten, die der
Regierung in Beirut nahe stehen. Eine multinationale Truppe könnte den
Plänen der Hisbollah, aus den Ruinen im Libanon Profit zu schlagen, einen
Strich durch die Rechnung machen.
Demzufolge wird die Hisbollah wahrscheinlich das Argument übernehmen, dass
eine multinationale Truppe nichts anderes als eine Besatzungstruppe ist, es
sei denn, die militärischen und Führungsbedingungen werden im Voraus
festgesetzt. Dieses Argument beinhaltet auch eine versteckte Drohung
Nasrallahs bezüglich der Konsequenzen, die die Truppe zu erwarten hat, wenn
sie sich nicht nach den Spielregeln der Hisbollah richtet.
hagalil.com 02-08-2006 |