Palästinensische Selbstkritik:
"Habt Gnade mit Gaza!"
Sprecher der palästinensischen Regierung räumt Fehler ein
Der palästinensische Regierungssprecher (ein Vertreter der Hamas) hat das
Chaos und die Gewalt in Gaza kritisiert. Nicht die israelische Besetzung
könne für dies alles beschuldigt werden. Die Palästinenser rief er auf,
eigene Fehler einzugestehen.
Gewissensprüfung in der Hamas: Dr. Ghazi Hamad, der palästinensische
Regierungssprecher, übte am Sonntag heftige Kritik an der palästinensischen
Öffentlichkeit und beschuldigte die Palästinenser dabei, den Gazastreifen in
einen gesetzlosen und gewaltsamen Ort verwandelt zu haben.
„Habt Gnade mit Gaza“, schrieb Hamad in einem Kommentar, der am Sonntag
veröffentlicht wurde. „Nach dem Rückzug (der israelischen Siedler) aus Gaza
haben wir auf eine bessere Zukunft gehofft und wir dachten, dass wir dieses
Jahr die Früchte unserer Opfer ernten können. Jedoch frage ich mich heute,
wieso die Besatzung nach Gaza zurückkehrte. Die Besatzung – werden schlaue
Männer und Kommentatoren sagen – ist dafür verantwortlich. Ich verteidige
die Besatzung nicht, möchte aber bei unseren Fehlern inne halten, die wir
gewöhnlich immer anderen anlasten.“
„Anarchie, sträfliches Morden, Landraub, Kriminalität … ist die Besatzung
für all dies verantwortlich?“, fragt Hamad und sagte weiter, dass die
Palästinenser aufhören sollen, Konspirationstheorien zu entwickeln, die
„unser Denken einschränken“. Die Hoffnung auf wirtschaftlichen Wohlstand und
Frieden wurden nach dem Abzug der israelischen Siedler und Truppen aus dem
Gazastreifen systematisch zerstört, da die Palästinensische Autonomiebehörde
unfähig war, Gesetz und Ordnung durchzusetzen oder elementare
Dienstleistungen für die 1,3 Millionen Bürger Gazas zur Verfügung zu
stellen.
Hunderte von Dunam landwirtschaftlich nutzbares Land, das von den
israelischen Siedlern zurückgelassen wurde, sollte Arbeit für 4.000 Bauern
schaffen und Millionen an Einnahmen einbringen. Jedoch hat Korruption in den
Reihen der Behörde, die das Land bewirtschaften sollte, die einstmals
blühende Landwirtschaft von Gush Katif ruiniert. Große Teile des Landes
werden als Trainingslager durch palästinensische Gruppen genutzt.
„Lasst uns zugeben, dass wir Fehler begangen haben“
„Wir waren nicht erfolgreich, den Sieg der Befreiung Gazas zu bewahren. 500
Menschen starben im Gazastreifen seit dem Rückzug, gegenüber 3-4 Israelis,
die durch Raketen getötet wurden. Die Wirklichkeit in Gaza heute ist eine
von Vernachlässigung, Traurigkeit und Scheitern. Wenn sich jemand irrt, dann
fürchten wir uns, ihn zu kritisieren, um nicht beschuldigt zu werden, gegen
den Widerstand zu sein“, schreibt Hamad weiter.
„Wenn Bemühungen stattfinden, den Grenzübergang von Rafah wieder zu öffnen,
um die humanitäre Situation zu verbessern, dann gibt es immer jemanden, der
eine Rakete auf den Übergang schießt. Wenn wir über eine Waffenruhe sprechen
gibt es immer jemanden, der noch eine Rakete abfeuert.“
Hamad appelliert an die Führer der palästinensischen Fraktionen mit den
Worten, dass Widerstand gegen Israel sinnlos ist, wenn das „Land voll von
Anarchie, Korruption, Kriminalität und Bandenmorden ist. Ist der Aufbau
einer Heimstätte nicht Teil des Widerstandes?“
Er kritisierte zudem das Phänomen der Entführungen von Ausländern in Gaza.
Zwei ausländische Journalisten vom Fernsehsender Fox News, die vor zwei
Wochen entführt wurden, kamen gestern auf freien Fuß. Hamad sagte, dass
dieses Phänomen ein „profitables Geschäft“ geworden ist und dass die
Entführer unschuldiger Ausländer die palästinensische Sache dadurch
verletzen würden.
„Lasst uns unsere Fehler eingestehen, lasst uns eine Gewissensprüfung tun
und die Interessen unseres Volkes vor den unsrigen stellen sowie ehrlich
sagen – wir haben hier richtig gelegen und uns an anderer Stelle geirrt. Nur
dann werden wir in den Gesichtern Gazas und in unserem Heimatland Wandlungen
erkennen“, sagte er. (Ynetnews.com, 28.8.)
|