antisemitismus.net / klick-nach-rechts.de / nahost-politik.de / zionismus.info

haGalil onLine - http://www.hagalil.com
     

  

Spenden Sie mit PayPal - schnell, kostenlos und sicher!

hagalil.com

Search haGalil

Veranstaltungskalender

Newsletter abonnieren
e-Postkarten
Bücher / Morascha
Musik

Koscher leben...
Tourismus

Aktiv gegen Nazi-Propaganda!
Jüdische Weisheit
 

 

Das Leben kehrt zurück:
Wackelige Feuerpause

Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem

Genau drei Minuten vor acht kam der Funkspruch vom "Kod-Kod", dem Kommandeur. "Feuer einstellen." Der Offizier auf der mobilen Kanone rief seine Positionen einzeln auf: "Nummer zwei, Kanone absenken, Nummer drei, Kanone absenken..." Und dann hörte man nur noch Ruhe. In Israel war es eine "misstrauische Ruhe". Eine Korrespondentin in Tyros redete von einer "gespenstischen Ruhe".

Auf der libanesischen Seite bildeten sich schon kurz darauf die ersten Staus. An den zerstörten Brücken vorbei, durch die Schluchten auf Feldwegen, versuchten verstaubte Autos, sich zurück in ihre Dörfer durchzuschlagen. Gestern wäre es noch ein Himmelfahrtskommando, heute wissen die Menschen, dass Israel nicht mehr alles abschießen werde, was sich auf den durchlöcherten Straßen bewegt. Der TV-Sender Al Arabija verfolgt von der israelischen Seite der Grenze stundenlang einen Konvoi der UNIFIL. Vorne weg ein gepanzertes amphibisches Fahrzeug aus französischen Beständen und dann eine lange Reihe Last- und Tankwagen. Am Sonntag noch wäre die Fahrt auf der Grenzstraße im Libanon undenkbar. "Wir befinden uns auf dem Weg nach Tibnin, eine ehemalige Hochburg der Hisbollah. Die Dörfer auf dem Weg sehen ganz unberührt aus. Nur hier oder dort mal ein einzelnes Haus, das die Israelis offenbar gezielt bombardiert oder gesprengt haben", erzählt die Korrespondentin per Satellitentelefon aus Südlibanon.

"Die Stadt ist völlig zerstört und ich fordere die Bürger auf, gemeinsam beim Wiederaufbau anzupacken", sagt Chaim Barbibai. Aber er warnt seine Mitbürger davor, nur nicht vorzeitig zurückzukehren. Nur wenige Menschen, vor allem Arme und Alte, sind zurückgeblieben und konnten die Luftschutzkeller nicht verlassen, während täglich über hundert Raketen der Hisbollah allein in Kirjat Schmone niederprasselten, der großen Stadt im "nördlichen Finger Galiläas". Insgesamt haben die Israelis 3978 eingeschlagene Raketen gezählt. Die Wohlhabenden der Stadt leisteten sich einen "Urlaub" im sicheren Süden. Familie Buchbut zum Beispiel hat Buch geführt. Die ersten 12 Tage verbrachten sie im Hotel in Eilat zum Preis von etwa 3.300,- Euro. Es folgte ein "kostenloser" aber nervenaufreibender dreiwöchiger Aufenthalt bei Verwandten. Benzin schlug mit 500 Euro zu Buche, das Handy mit 200, Nahrungsmittel mit 700 Euro. Unterm Strich hat die Familie jetzt auf ihrem Konto ein Minus von 4000 Euro, während der Krieg ihr insgesamt 6000 Euro gekostet hat. Das ist zum Beispiel ein "Kriegsschaden", der in keiner Statistik aufgeführt wird und den niemand kompensiert.

Auf Druck der Bevölkerung wurde die Regierung vor einigen Tagen gezwungen, Kirjat Schmone doch zu evakuieren. Vornehm umschrieben, politisch korrekt im israelischen Sprachgebrauch, war das keine "Evakuierung", sondern eine "Erholungsfahrt auf Regierungskosten". Tausende Menschen wurden nachts mit Bussen abgeholt und in Sporthallen im Kfar Hamakabija bei Tel Aviv oder in Ausstellungshallen nördlich der Metropole in Ramat Aviv zur Erholung gebracht, um sich von den Strapazen des "Lebens unter der Erde" zu erholen.

Den Zurückgebliebenen hämmerte Bürgermeister Barbibai wenige Minuten nach Beginn des Waffenstillstands erneut die offiziellen Regeln der Heimatfront (Zivilschutz) ein: "Weiterhin keine öffentliche Menschenversammlungen, weiterhin in der Nähe von Schutzräumen aufhalten, weiterhin den Sirenen lauschen. Die Gefahr erneuter Raketenangriffe ist nicht vorüber."

Die Israelis trauen dem Frieden weniger als die libanesische Zivilbevölkerung. Wenige Stunden nach Ausbruch der Feuerpause kam es denn auch zu ersten Zwischenfällen. Von der Front im Südlibanon zurückkehrende Eliteeinheiten und Kampfverbände begegneten zweimal bewaffneten Hisbollahkämpfern. Bei Chadata kam es zu einem Feuergefecht. Ein Hisbollahkämpfer wurde getötet. Anderswo begegneten die israelischen Soldaten "einem bewaffneten Mann". Wohl ohne zu fragen, erschossen sie ihn. Trotz Feuerpause haben die Soldaten die Erlaubnis, das Feuer zu eröffnen, "wenn sie sich bedroht fühlen".

Derweil werden schon erste Bilanzen des Krieges gezogen. Israel habe den 34-tägigen Krieg mit 166 Todesopfern bezahlt, darunter 52 Zivilisten und 116 Soldaten. Doch als gerade diese Zahl veröffentlicht war, wurde der Tod von zwei weiteren am Sonntag getöteten Soldaten freigegeben. In Israel werden erst die Familien informiert. Bis dahin dürfen Reporter nicht einmal die Zahl der Getöteten preisgeben. Sowie die Familien informiert wurden, wird jeder Tote mit Bild und Name im Fernsehen gezeigt. Zu jeden einzelnen Toten wird später mitgeteilt, wann und wo das Begräbnis stattfindet.

Im Libanon ist seit einer Woche die Zahl von 890 Toten konstant geblieben, die "meisten davon Zivilisten". Aber da stimmt etwas nicht, denn angesichts der israelischen Bombardements mit Direkttreffern auf einen Flüchtlingskonvoi, Stellungen der Hisbollah, Wohnvierteln, muss gerade in den letzten Tagen die Zahl der Toten auf der libanesischen Seite drastisch angestiegen sein. Die Israelis behaupten, allein in den letzten Tagen über 550 tote Hisbollah-Kämpfer gezählt und identifiziert zu haben. Die werden auf libanesischer Seite völlig verschwiegen. Weiter hieß es, dass 600.000 Menschen aus Südlibanon geflüchtet seien, nach Saida, Beirut und bis nach Syrien. Eine ähnliche Flüchtlingszahl dürfte auch für Israel gelten.

Der wirtschaftliche Schaden wird in Israel mit rund 5 Milliarden Euro beziffert. Das sind aber nur die direkten Kosten für Munition, Reparatur zerstörter Häuser und abgesprochene Kompensation für Lohnausfall. Niemand wird je errechnen können, welche Verluste israelische Firmen durch den Verlust von Aufträgen, verloren gegangenen Kunden und geplatzten Geschäften erlitten haben. Denn nicht nur die Tourismusindustrie in Galiläa erlitt einen Totalausfall. Den Bauern verfaulte die Ernte auf den Bäumen und viele Fabriken mussten ihre Tore schließen.

© Ulrich W. Sahm / haGalil.com

hagalil.com 14-08-2006

Werben in haGalil?
Ihre Anzeige hier!

Advertize in haGalil?
Your Ad here!

 

haGalil.com ist kostenlos! Trotzdem: haGalil kostet Geld!

Die bei haGalil onLine und den angeschlossenen Domains veröffentlichten Texte spiegeln Meinungen und Kenntnisstand der jeweiligen Autoren.
Sie geben nicht unbedingt die Meinung der Herausgeber bzw. der Gesamtredaktion wieder.
haGalil onLine

[Impressum]
Kontakt: hagalil@hagalil.com
haGalil - Postfach 900504 - D-81505 München

1995-2006 © haGalil onLine® bzw. den angeg. Rechteinhabern
Munich - Tel Aviv - All Rights Reserved