Mit Stöcken zwischen den Speichen:
Die beschlossene Feuerpause
Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem Ein erster
winziger Schritt aus dem UNO-Papier mit den vielen vielen Paragraphen findet
am Montag morgen um 7:00 MESZ seine Erfüllung. Ob die "volle Feuerpause" in
einen "beständigen Waffenstillstand" und dann in einen "Frieden" mündet,
wagen nicht einmal die nahöstlichen Propheten vorherzusagen, die ohnehin
laut Bibel in ihrem eigenen Land nichts gelten.
Obgleich natürlich Optimismus angebracht ist, ist ein Schuss Pessimismus
nicht fehl am Platze, um nicht umgehend als Naivling eingestuft zu werden.
Ein politisch bemerkenswerter Schritt war immerhin, dass UNO-Generalsekretär
die erste Empfehlung der UNO-Resolution, eine Feuerpause, mit Israels Ehud
Olmert und Libanons Fuad Siniora absprach und dass beide sich auf Montag um
7:00 einigen konnten. Olmert ist klar, aber Siniora? Der libanesische
Premierminister und seine Armee waren seit 1976 "zu schwach", die
Souveränität des Libanon bis an die Grenze zu Israel durchzusetzen. Seitdem
gab es in dem Gebiet palästinensisches Fatach-Land, eine christliche
Pufferzone, eine israelische Sicherheitszone und schließlich ein
Aufmarschgebiet der Hisbollah. Die hat dort eine Armee mit Raketen und
Panzerfäusten eingerichtet, der selbst die mächtige israelische Armee nach
über einem Monat schwerer verlustreicher Kämpfe nicht Herr wurde.
Und jetzt verpflichtet sich ausgerechnet Fouad Siniora gegenüber Annan, der
Weltgemeinschaft und Israel, dass er sich zu der "Feuerpause" verpflichten
könne. Tatsächlich hat Hisbollah-Chef Scheich Nasrallah der "Feuerpause"
zugestimmt und Sinioras Regierung ohnehin. Doch schon werden erste Stöcke
zwischen die Speichen geworfen. "Die Hisbollah wird weiterkämpfen, solange
noch ein einziger israelischer Soldat auf libanesischem Boden steht", hatte
Nasrallah seiner Zustimmung angefügt.
Inzwischen erklärte ein Hisbollah-Minister, dass die Hisbollah keineswegs
ihre Waffen abgeben werde und schon gar nicht im Südlibanon. Was nun?
Nachdem alle Welt lernen musste, was ein "asymetrischer Krieg" ist, wird es
jetzt vielleicht wieder Neuigkeiten aus Nahost geben. Wie wäre es mit einer
asymetrischen Feuerpause? Und weil Feuerpause auch wieder ein Fachbegriff
aus dem klassischen Lexikon von Kriegshandlungen zwischen Staaten ist, wäre
es vielleicht besser, nur noch von einer Kampfunterbrechung zu reden. |