Franko-amerikanische Vorschlag:
Begeisterung in Israel für Abkommen
Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem
Die Nachricht über das Abkommen zwischen den USA und Frankreich über ein
Ende der Feindseligkeiten im Libanon hat bei einigen israelischen Ministern
Begeisterung ausgelöst. Eine Nachrichtenagentur kommentierte gar den Text
des Abkommens: "Das ist ein Sieg Israels".
Das Dokument fordert eine sofortige und bedingungslose Freilassung der
entführten Soldaten und macht allein die Hisbollah verantwortlich für den
Ausbruch der Feindseligkeiten am 12. Juli.
Die Vorlage soll nun dem Sicherheitsrat vorgelegt werden. Sie ist
offensichtlich mit Wissen der betroffenen Parteien ausgehandelt worden. Ihr
könnten freilich noch Änderungen eingefügt werden.
Israelische Kommentatoren heben hervor, dass Israel das Recht zugestanden
wird, sich gegen künftige Angriffe der Hisbollah zu wehren. Israel werden
keine Präventivschläge erlaubt auch nicht ein Überfliegen des libanesischen
Luftraums für Aufklärungszwecke. Mehrere Paragrafen sehen eine Demontage der
Hisbollah vor. So soll die Miliz entwaffnet werden. Waffenverkäufe, vor
Allem aus Syrien und Iran, sollen blockiert werden. Allein der Staat Libanon
soll das Recht haben, Waffen zu importieren. Die Grenze zwischen Libanon und
Israel soll endgültig festgelegt werden, wobei es nur noch bei den
Schaba-Farmen Differenzen gibt. Hier handelt es sich um syrisches
Territorium, das Israel im Rahmen seiner Besetzung der Golanhöhen
kontrolliert. Libanon beansprucht das Gebiet, aber es gibt dafür wohl keine
offiziellen Dokumente, oder dafür dass Syrien dieses Gebiet an Libanon
abgetreten habe. Die Hisbollah jedenfalls betrachtete die fortgesetzte
Besatzung dieses "libanesischen Territoriums" als Berechtigung dafür, als
bewaffnete Miliz gegen die "zionistischen Besatzer" aufzutreten. Durch eine
einvernehmliche, von der UNO sanktionierte Grenzziehung soll dieser Vorwand
ausgeräumt werden.
Weiter ist in dem Dokument die Rede von einer "Pufferzone" zwischen der
Grenze und dem Litanifluss. In dieser Zone, die Israel seit 1978 mehrfach
besetzt hat, um die Katjuscharaketen erst der PLO und dann der Hisbollah
fernzuhalten, soll nach Eintritt der Waffenruhe die internationale
Stabilisierungstruppe Einzug halten. Als "problematisch" bezeichneten
israelische Kommentatoren die Beauftragung bestehenden UNIFIL Truppe mit der
Überwachung der "Einstellung der Feindseligkeiten". Wegen Kooperation der
UNIFIL mit der Hisbollah in der Vergangenheit traut Israel nicht dieser 1978
eingerichteten Friedenstruppe der UNO. Das "robuste Mandat" für die künftige
internationale Truppe wurde in dem Abkommenstext nur umrissen: die
libanesischen Streitkräfte und die Regierung (in Beirut) unterstützen, eine
sichere Umgebung zu schaffen, zu einem permanenten Waffenstillstand und zu
einer langfristigen Lösung beitragen.
Zu den Aufgaben dieser künftigen Sicherungstruppe gehört nach israelischen
Angaben auch eine Überwachung aller Grenzen zum Libanon, also Häfen,
Flugplätzen und vor Allem der Landgrenze zu Syrien. Immer wieder wird in
Israel erwähnt, dass deutsche Soldaten diese Überwachung der Grenze zwecks
Unterbindung des Waffenschmuggels übernehmen könnten. Weil es da keine
denkbare Möglichkeit einer bewaffneten Begegnung von deutschen und
israelischen Soldaten gibt, kam in Israel keine Diskussion über die
Problematik der Entsendung deutscher Soldaten in den Nahen Osten auf.
Ohnehin dienen schon deutsche Zöllner und Polizisten am Grenzübergang Rafah
zwischen dem palästinensischen Gazastreifen und Ägypten. Sie übernachten
übrigens in einem Militärlager in Israel. Premier Olmert hatte sich zudem
"begeistert" über die Möglichkeit geäußert, dass deutsche Soldaten für die
Sicherheit Israels eingesetzt werden könnten.
Abschließend sieht das Dokument vor, dass Israel und Libanon den Prinzipien
für einen langfristigen Frieden zustimmen. Da es zwischen Israel und Libanon
keine territorialen Streitigkeiten gibt könnte der schon 1982 fertig
ausgehandelte Friedensvertrag hervorgezogen werden, den Syrien damals mit
einem Attentat auf den libanesischen Präsidenten Baschir Gemayel zerschlug.
Die Amerikaner haben während der Verhandlungen mit Frankreich Kontakt mit
Israel gehalten und Forderungen Israels gegen den Widerstand Frankreichs
eingebracht, während Frankreich Kontakt mit Libanon gehalten hat. Die
Entmachtung der Hisbollah dürfte durchaus auch dem Interesse der Mehrheit
der libanesischen Regierung entsprechen. Weil Premierminister Olmert in die
Verhandlungen eingeweiht war, dürfte er sich in der vergangenen Woche gegen
eine Offensive der israelischen Armee bis zum Litanifluss ausgesprochen
haben, wie es Verteidigungsminister Amir Peretz gefordert hatte. Sollte der
franko-amerikanische Vorschlag vom Sicherheitsrat angenommen werden,
erübrigt sich ein weiteres Vorrücken der israelischen Armee.
In Israel fragt man sich vor allem, ob und wie die Hisbollah ihrer eigenen
Entwaffnung zustimmen könnte. Ein israelischer Reporter brachte alle
denkbaren Einwände gegen das Abkommen auf den Punkt: "Hoffentlich haben die
nicht vergessen, dass dies hier der Orient ist." |