Ein Leitartikel in Jedioth warnt vor der politischen Arroganz nach dem
militärischen Sieg
Es gibt fälschliche strategische Behauptungen, die sich bis zur
Erschöpfung wiederholen: Eine ordentliche Armee kann eine Guerilla-Armee
nicht besiegen, ein Staat kann eine Terrororganisation nicht bezwingen. Doch
die Lehre aus den letzten Kriegen stellt sich diesen Behauptungen entgegen.
Die Verstrickung - manchmal tragisch, zwecklos, Opfer fordernd - beginnt
einen Tag nach dem Sieg. Die Sieger verlieren ihren Sieg, wenn sie ihn dazu
nützen wollen, arrogante politische Ziele umzusetzen, die unmöglich und
irreführend sind.
1982 ist Israel im Libanon in so eine Falle verlorener Sieger getappt,
und ist fast 20 Jahre lang stecken geblieben.
Nun steht Israel vor einem ähnlichen Dilemma. Im Gegensatz zu Nasrallahs
Worten, wurde das Rückgrat seiner Organisation schwer getroffen. Seine
strategischen Möglichkeiten wurden in sehr großem Ausmaß eingegrenzt, obwohl
sie nicht gänzlich ausgelöscht wurden. Schritt nach Schritt löscht die IDF
den größten Teil des zweiten Teheran aus, den die iranischen
"Revolutionsgarden" in Beirut und im Südlibanon aufgebaut haben, das als
Brückenkopf in einem möglichen Krieg zwischen Iran und Israel hätte dienen
sollen. Eine Frage der Zeit - und die Hizbollah wird besiegt werden und wird
aufhören Israel zu bedrohen, so wie auch die PLO besiegt wurde.
Israel hat keine andere Möglichkeit.
Und was dann? Was gedenkt die Regierung in Jerusalem zu tun? Werden wir
wieder dazu verführt werden, Visionen wie der einer "neuen Ordnung im
Libanon" nachzugehen?
Bis jetzt, das muss man klar und deutlich sagen, leitet die Regierung
Olmert-Peretz-Livni die politische Front mit großer Weisheit und
erstaunlicher Überlegung. Auf dem Weg zu einer Beilegung der Krise benimmt
sich die israelische Regierung in einer angemessen gemäßigten Weise und
arbeitet nicht nur mit den USA eng zusammen, sondern auch mit Frankreich,
Deutschland, der UNO, und sogar, auf Umwegen, mit Saudi-Arabien. Die IDF
steht eng an die politischen Ebenen geschmiegt.
Der Krieg gegen die Hizbollah im Libanon trägt eine gewisse Ähnlichkeit
zum Yom Kippur Krieg - in begrenzten Ausmaßen natürlich - von der
Überraschung, mit der er ausgebrochen ist, bis hin zur Entscheidung, der er
sich nähert. Der Yom Kippur Krieg hat einen langfristigen politischen
Prozess ins rollen gebracht, der zu Friedensverträgen mit Ägypten und
Jordanien geführt hat. Ein ähnlicher Prozess kann hier gestartet werden,
unter der Bedingung, dass wir Geduld haben, dass wir uns nicht arrogant
benehmen, und dass wir uns gut an die amerikanische Lektion im Irak
erinnern: Gnade den Gewinnern, die nicht wissen, was sie mit ihrem Sieg
anfangen sollen.
Wir sind nicht in den Libanon gekommen, um den Libanesen zu erklären, wie
sie ihr Land führen sollen. Es ist nicht unsere Anliegen, die Ressourcen des
Libanon zwischen den verschiedenen Volksgruppen und Religionen neu zu
verteilen, und nicht unser Anliegen, die Hizbollah von der Karte der
Parteien zu entfernen. Überhaupt, je weniger wir uns in die inneren
Angelegenheiten der arabischen Nachbarländer einmischen, desto gesünder.
Syrien ist nicht unter israelischem Druck aus dem Libanon abgezogen, sondern
wegen dem Zorn der libanesischen Bürger.
Die Karte der langfristigen Interessen Israels (nachdem die entführten
Soldaten heimgekehrt sein werden) ist einfach: Sicher hinter einer
anerkannten und ruhigen Grenzlinie zu wohnen, die keine Armee, Guerilla oder
Terrorbande wagen wird anzugreifen. Das ist wenig, aber doch so viel.