Kräftige Drohung aus Jerusalem:
Syrien im Visier Von Ulrich W.
Sahm, Jerusalem, 19. Juli 2006 "Sie spielen
mit dem Feuer." So lautete eine kräftige Drohung des israelischen
Premierministers Ehud Olmert an Syriens Präsident Bashar Assad. Dramatischen
Nachdruck erhielt die diplomatische Botschaft durch Filmaufnahmen
israelischer Kampfjets. Die Militärs demonstrierten Volltreffer auf
Sattelschlepper mit Nachschub für die Hisbollah. Sie seien mit syrischen 220
Milimeter-Raketen beladen gewesen und hätten die Grenze von Syrien zum
Libanon passiert. "Diese Raketen stammen aus Beständen der syrischen Armee.
Allein deshalb ist ausgeschlossen, dass die syrische Armee nichts von diesen
Schmuggelaktivitäten in den Libanon weis", sagte General Gadi Eisenkott bei
einer Pressekonferenz.
Gemäß israelischen Presseberichten gebe es neue Erkenntnisse eines
westlichen Nachrichtendienstes, wonach die iranische Botschaft in Damaskus
die Befehlszentrale der Hisbollah beherberge. Dort würden auch die
Waffenlieferungen von Iran und Syrien an die Hisbollah koordiniert. Der
militärische Befehlshaber der Hisbollah, Imad Murniye, und sein
Stellvertreter Ibrahim Akel halten sich angeblich in der Botschaft auf, wo
aktuelle Luftaufnahmen und andere Spionageinformationen der Syrer einlaufen,
um der Hisbollah bei ihrem Kampf gegen Israel zu helfen. Murniye ist einer
der meistgesuchten Terroristen in der Welt. Er hatte 1982 das erste
nahöstliche Selbstmordattentat auf die amerikanischen Friedenstruppen in
Beirut (244 Tote) organisiert und war seitdem an zahllosen Bombenanschläge
in Argentinien, Israel und Libanon beteiligt. Er plante Flugzeugentführungen
und die Verschleppung der beiden israelischen Soldaten in den Libanon vor
einer Woche.
Israel hatte deutlich gemacht, Syrien nicht angreifen zu wollen. Und Syrien
schwieg seit Kriegsausbruch, um nicht den Eindruck eines direkt Beteiligten
zu erwecken. Die Veröffentlichung der Treffer auf die Lastwagen mit
syrischen Raketen gab der Möglichkeit einer militärischen Konfrontation
zwischen Israel und Syrien neuen Auftrieb. Doch Syrien hat wegen seiner
veralteten Waffensystemen aus Beständen der Sowjetunion kein Interesse an
Krieg mit Israel. Seit 1973 halten sich beide Länder strikt an den
Waffenstillstand. So lässt Syrien keine "Freiheitskämpfer" nach Israel
eindringen. 1982, während des Libanonkrieges, schossen die Israelis ein
Drittel der syrischen Luftwaffe ab, jedoch im libanesischen Luftraum. Am
Boden lieferten sich syrische und israelische Panzer schwere Kämpfe,
allerdings nur im Libanon. Als die Syrer noch Libanon besetzt hielten,
achteten sie darauf, nicht von Israel gesetzte "rote Linien" zu
überschreiten. Eine Ausnahme bildete das israelische Bombardement eines
palästinensischen Trainingslagers bei Damaskus im Jahr 2004, weil der Befehl
zu dem Selbstmordanschlag auf das Restaurant Maxim in Haifa aus Damaskus
kam.
Der frische Nachschub aus Syrien folgte angeblich einem Hilferuf der
Hisbollah. Doch israelische Militärexperten haben keine schlüssige Erklärung
dafür. Zehntausende Raketen sind in den letzten Jahren in den Libanon
geschmuggelt und von der Hisbollah eingelagert worden. Gemessen an den
bisher rund 800 abgeschossenen Raketen und den von Israel zerstörten 52
Abschussrampen sowie Lagerhäusern mit versteckten Waffensystemen dürfte der
Hisbollah noch längst nicht die Munition ausgegangen sein. Die israelische
Luftwaffe kann den Abschuss der Raketen offenbar nicht verhindern. Aber sie
sieht, von wo sie abgeschossen worden sind. So können wenigstens die
Abschussrampen außer Gefecht gesetzt werden. Ein Grund für die dringende
Bitte um Nachschub aus Syrien könnte das Bemühen der Hisbollah sein, die
Verstecke mit eingelagerten Raketen nicht israelischen Spionagesystemen und
der Zerstörung preiszugeben.
Wie hart tatsächlich die israelischen Schläge gegen die Infrastruktur der
Hisbollah sind, lässt sich nur schwer ermitteln. So werden über 280 Tote aus
dem Libanon gemeldet, aber nur 7 Hisbollahkämpfer. Diese lächerlich geringe
Zahl toter Hisbollah-Kämpfer kann nicht stimmen, zumal im Libanon
eingestanden wird, dass Hisbollah die eigenen Verluste verheimliche. |