Volltreffer:
Ufo, Kampfjet oder Silsal-Rakete
Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 18. Juli 2006
Inmitten des Bombhagels auf Beirut hatten die Libanesen am
Montag Mittag einen Grund zum Jubeln. In den Bergen, nahe des libanesischen
Verteidigungsministeriums, war vor laufenden Kameras ein israelischer
Kampfjet abgeschossen worden. In Flammen gehüllt stürzte die getroffene F-16
zu Boden und explodierte. Immer wieder zeigte das libanesische Fernsehen die
Bilder des abstürzenden länglichen Flugkörper.
In Israel herrschte höchste Aufregung. Ein abgestürzter und in
Gefangenschaft geratener Pilot gilt in Israel als Alptraum. Wenig später
meldete sich der Militärsprecher zu Wort: "Wir vermissen kein Fluggerät."
Weder ein Kampfjet noch eine unbemannte Drohne sei abhanden gekommen.
Im Libanon stellte sich Verwirrung ein, als israelische "Militärexperten"
spekulierten, dass es sich um einen Behälter mit Flugblättern handeln
könnte, wie sie von israelischen Kampfflugzeugen immer wieder über Libanon
abgeworfen werden.
Erstaunlicherweise gesellte sich ausgerechnet der Fernsehsender Al Manar
nicht zu den jubelnden Libanesen, sondern behauptete, dass da ein UFO vom
Himmel gefallen sei, ein Nicht-Identifizierter-Flugkörper.
Wenig später treffen Kameraleute bei dem herabgestürzten UFO ein. Es war ist
längliches Rohr aus Metall, also gewiss kein Kampfjet und wohl auch kein
Behälter für Flugblätter.
Erst am Abend, bei der täglichen Pressekonferenz der israelischen
Militärspitze, wurde das Rätsel des UFO gelöst.
Die israelische Luftwaffe hatte Abschussrampen mit aufmontierten Raketen der
Hisbollah entdeckt. Die Stellung wurde bombardiert. Dabei wurde eine der
Raketen nicht zerstört, sondern durch die Hitze der israelischen Bomben
entzündet. Die Rakete schoss in den Himmel und trudelte dann brennend über
Beirut zum Boden herab.
Für die Israelis war es ein Volltreffer und für die Hisbollah die peinliche
Preisgabe eines gehüteten Geheimnisses. Der stellvertretende
Generalstabschef, General Mosche Kaplinski, erklärte, dass es sich um eine
Silsal-Rakete aus Iran handelte. Die 3 Tonnen schwere und 8 Meter lange
Rakete habe eine Reichweite von 210 Kilometern und könne einen Gefechtskopf
mit 600 Kilo Sprengstoff ins Ziel tragen. "Das war eine jener
Überraschungen, von der die Hisbollah immer wieder redete. Dieser Raketentyp
hätte bis Tel Aviv fliegen können und hätte mit seinem Sprengkopf eine
verheerende Zerstörung anrichten können."
Hisbollahchef Scheich Hassan Nasrallah hatte immer wieder mit der Fähigkeit
gedroht, Raketen zu besitzen, die jenseits von Haifa ins Herz Israels
treffen könnten. Gleichwohl hatte die Hisbollah bisher ihre "Geheimwaffe"
nicht eingesetzt, vermutlich um zu gegebener Zeit den Konflikt mit Israel
eskalieren zu können und um nicht gleich zu Beginn des Krieges alle ihre
militärischen Fähigkeiten bloßzulegen. General Kaplinski sagte: "Die
Hisbollah wird überrascht sein und feststellen, wie tief der israelische
Geheimdienst in ihre Reihen eindringen konnte." |