Ehud Olmerts Mannschaft in der Krise:
Inkompetent und farblos
Ein Leitartikler der Tageszeitung Jedioth achronoth
beschäftigt sich mit der "Krise der Übergangsregierung"
Unabhängig von dem Ausgang der Entführungsaffäre ist es fraglich, ob
es jemals eine Regierung in Israel gegeben hat, die das öffentliche
Vertrauen, das sie vor den Wahlen genossen hatte, so schnell verloren hat.
Die Enttäuschung über diese Koalition begann bereits mit der Enthüllung
ihrer personalen Zusammensetzung. Ein großer Teil der Minister erhielt
Ämter, die ihren Begabungen nicht entspricht (mit wenigen Ausnahmen, wie der
Außenministerin, dem Minister für interne Sicherheit, dem Justizminister und
dem Innenminister).
Es entstand eine graue Regierung, in der ein ehemaliger
Gewerkschaftssekretär als Verteidigungsminister fungiert, der keinerlei
Erfahrung mit der Leitung einer Armee besitzt. Als Finanzminister amtiert
ein Funktionär von Kadima, der noch niemals einen großen Regierungskonzern
geleitet hat, und Industrieminister wurde ein Politiker von Shas, der noch
niemals etwas produziert hat. Und so weiter, und so weiter.
Es ist deshalb nicht überraschend, dass eine Meinungsumfrage große
Unzufriedenheit über die Ernennungen in der Olmert-Regierung ergab, ein
Gefühl, das mit der Zeit noch stärker wurde. Heute ist nur noch ein Drittel
der Israelis über die Arbeit der Regierung zufrieden und schenkt
ihrVertrauen.
Das hat verschiedenen Gründe, wobei der wichtigste natürlich die
Verschlechterung der Sicherheitslage ist, die sich in den Jahren 2003-05
erheblich verbessert hatte. Die Öffentlichkeit kann einem
Verteidigungsminister, der öffentlich verspricht, er werde das
Kassam-Problem innerhalb von ein bis zwei Tagen lösen, und dann nicht nur
die Kassam-Raketen weiterhin fallen, sondern auch Angriffe der Hamas
stattfinden und Soldaten getötet und entführt werden, keine positive Note
geben.
Auch auf der politischen Front ist eine Verschlechterung eingetreten. Der
Konvergenzplan wird eigentlich von der ganzen Welt abgelehnt. Die Hamas,
entgegen der Prognosen von Vize-Premier Peres, etabliert ihre Herrschaft in
der PA, unter der Schirmherrschaft des "Häftlingsdokuments" und einer
Experten-Regierung. Auf dem wirtschaftlich-sozialen Bereich unternahm die
Regierung bisher nur eine bedeutende Maßnahme: Sie senkte die Mehrwertsteuer
um ein Prozent. Dies war ein Fehler, der starke Kritik ausloste: Das Geld
hätte direkt an dringende soziale Brennpunkte gehen können.
Popularität ist zwar nicht das wichtigste für die Arbeit eines Ministers
oder der gesamten Regierung, aber man kann ein derart negatives Urteil der
Öffentlichkeit auch nicht ignorieren. In einer Demokratie sollen die Wähler
nicht nur einmal in vier Jahren auf ihre Vertreter Einfluss nehmen, sondern
während der gesamten Amtszeit. Es hat den Anschein, als hätte die
Öffentlichkeit die Olmert-Peretz Regierung bereits als "Übergangsregierung"
definiert und hoffe jetzt nur, dass diese krisenreiche Übergangzeit ohne zu
großen Schaden überstanden wird.