Von Karl Pfeifer
Die palästinensische evangelische Christin Sumaya Farhat-Naser wurde
am 3. Juli 2006 im Ö1 Morgenjournal interviewt. Besser gesagt, das
österreichische Radio bot ihr die Möglichkeit einseitig Israel zu
beschuldigen, für die Krise im Gazastreifen verantwortlich zu sein. Keine
einzige kritische Frage wurde gestellt.
Frau Farhat-Nasser warf Israel vor auf einen günstigen Zeitpunkt gewartet
zu haben, um den sich angeblich anbahnenden Zusammenschluss der Fatah und
der Hamas zu stören. Kein Wort über die Hunderte Kassamraketen, die vom
Gazastreifen auf die israelische Stadt Sderot und einige Kibbuzim seit der
Räumung des Gazastreifens durch Israel abgefeuert wurden.
Farhat-Nassar konnte im Ö1 den Terror und die Entführung eines Soldaten
befürworten. Keine Frage über den 18jährigen Israeli der diese Tage von
Terroristen in Ramallah erschossen wurde.
Frau Farhat-Nasser konnte auch auf die in Israel gefangen gehaltenen
Frauen hinweisen deren Entlassung gefordert wird, ohne befragt zu werden, ob
sie denn auch die Frau meint, die wir in einem Film vorige Woche in Arte
sehen konnten, und die in einem israelischen Gefängnis ihre lebenslängliche
Strafe verbüßt, weil sie den Anschlag in der Mitte Jerusalems auf ein
Restaurant mit 15 Todesopfern geplant und den Selbstmordattentäter
rekrutiert und zum Ort seines Verbrechens mit Auto gefahren hat. Die Frau
arbeitete im palästinensischen Fernsehen als Journalistin. Sie wurde
gefragt, ob sie sich denn Gedanken darüber mache, dass dort auch Kinder
umgekommen seien, worauf sie sagte: "drei Kinder". Als der Journalist darauf
hinwies, dass es acht Kinder waren lächelte sie süffisant und sagte, dass
sie ihre Tat nicht bereue.
Von Ö1, das sich brüstet ein Qualitätsradio zu sein, hätte man erwarten
können, auch eine Palästinenserin kritisch zu befragen. Doch das ist
anscheinend zu viel verlangt.
Es wäre interessant zu erfahren, wer für diese Art des Journalismus in Ö1
verantwortlich ist.