Als wären die Tage des Messias gekommen:
Libanons Armee will Israel bekämpfen
Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 21. Juli 2006
Libanons Verteidigungsminister Elias Murr verkündete, die
libanesische Armee werde in die Schlacht ziehen, falls Israel eine
Bodenoffensive in den Libanon wahrmachen sollte. "Die libanesische Armee
will Widerstand leisten, das Land verteidigen und beweisen, dass sie Respekt
verdient." Libanons Premier Fouad Siniora forderte die internationale
Gemeinschaft auf, "Libanon zu helfen, die Hisbollah loszuwerden."
In Israel sagt man zu derart überraschenden Nachrichten: "Das ist ja, als
wären die Tage des Messias gekommen." Seit 1976, als die PLO die Kontrolle
über Südlibanon übernahm und Libanons Armee verdrängte, herrscht in
unregelmäßigen Abständen Krieg zwischen Israel und "bewaffneten Gruppen" auf
libanesischem Territorium. 1978 wurde die "Zeitweilige UNO Truppe im
Südlibanon" (UNIFIL) mit dem Mandat entsandt, einen Rückzug Israels zu
überwachen, und die Rückkehr der libanesischen Armee zur Grenze zu fördern.
Seitdem sind fast 30 Jahre vergangen. Niemand konnte Libanon zu diesem
Schritt zu bewegen, weil sich anstelle der PLO nun die Hisbollah-Miliz auf
die Grenze gesetzt hat und ihren Privatkrieg gegen Israel fortführte.
Jetzt, wo Außenminister Frank-Werner Steinmeyer in die Region kommt, wo Tony
Blair und UNO-Generalserkretär Annan von einer internationalen
"Stabilisierungstruppe" reden, wäre das die Chance, Libanons Regierung beim
Wort zu nehmen. Könnte die libanesische Armee tatsächlich dazu animiert
werden, ihr Land zu verteidigen und eine Konfrontation mit israelischen
Truppen zu suchen, wäre die Voraussetzung für ein Ende der Kämpfe
geschaffen.
Denn zwischen zwei Armeen lässt sich jederzeit einen Waffenstillstand
befehlen, was mit einer "Terrororganisation noch nie möglich war", wie John
Bolton, der amerikanische UNO-Botschafter sagte. Dann würde auch eine auch
eine internationale Truppe Sinn machen, innerhalb des Libanons der Armee zu
helfen, die Kontrolle zurückzuerlangen.
Ob Israel Propaganda verbreitet, wenn es behauptet, schon die Hälfte der
Kampfkraft der Hisbollah gebrochen zu haben, oder aber die Hisbollah, der
mit nur 7 Todesopfern all die israelischen Angriffe nichts antun konnten,
wird sich erweisen. Eine kleine Schlacht zwischen beiden offiziellen Armeen
und dann sofort ein Waffenstillstand, böte der Hisbollah vielleicht ein
Rückzugsgefecht ohne Gesichtsverlust. Einfach und unproblematisch wäre das
Szenario gewiss nicht, aber es bietet Hoffnung |