Amir Efrat stellt in M'ariw König Klinsmann und Kaiser Beckenbauer
nebeneinander.
König Klinsmann
Deutschland ist die große Story dieser WM, im und außerhalb des
Stadions. Vor zwei Jahren ernannte der Fußballbund Jürgen Klinsmann, einen
früheren Stürmer der deutschen Mannschaft, zum Nationaltrainer.
Klinsmann ist mit einem wunderschönen amerikanischen Model namens Debbie
verheiratet und lebt in Kalifornien. Er ist ein Deutscher, aber ein
amerikanischer Deutscher.
In seinem neuen Amt bewirkte Klinsmann eine Revolution im deutschen Fußball.
Er nahm eine Mannschaft, die immer mechanischen und langweiligen Fußball
spielte, wie man es von einer gut geölten deutschen Maschine auch erwartete,
und veränderte sie von Grund auf. Er schmiss die alten Roboter hinaus und
baute eine junge Mannschaft auf, die gerne offenen und angriffslustigen
Fußball spielt.
Die Deutschen hassten ihn. Sie konnten es absolut nicht leiden, dass er
Amerikaner anbrachte, die mit den Spielern arbeiteten. Sie verabscheuten
diese Abenteuerlust. Vor der WM, als Deutschland mit 4:1 gegen Italien
verlor, wollte das deutsche Volk Klinsmann nach Hause schicken.
Heute ist Klinsmann Nationalheld. Plötzlich hat alles gepasst. Deutschland
spielte guten, amüsanten Fußball, die Kondition der Mannschaft war besser
als aller anderen und sie erhielt Komplimente aus ganz Europa. Die
Deutschen, die sich ihrer Unbeliebtheit in aller Welt bewusst sind, sahen,
dass sie etwas haben, das von allen geliebt wird, und so umarmten sie
Klinsmann und ihre Mannschaft herzlich. Fahnen erschienen im ganzen Land,
bei den Spielen der deutschen Elf war die Begeisterung grenzenlos. 700.000
Menschen versammelten sich in einem Berliner Park, um ihre Mannschaft auf
großen Leinwänden zu sehen.
Jetzt betteln sie darum, dass Klinsmann bleibt. Aber das hängt nicht nur
davon ab, ob Debbie mit seiner langen Abwesenheit einverstanden sein wird.
Kaiser Beckenbauer
Klinsmann ist vielleicht der König von heute, aber in Deutschland gibt es
nur einen Kaiser. Er heißt Franz Beckenbauer, und er ist der Mann, der in
Deutschland am meisten bewundert wird.
Der Mann, der mit Deutschland 1974 als Spieler und 1990 als Trainer die
Weltmeisterschaft gewann, und der die WM 2006 nach Deutschland brachte, nach
einem langen Kampf mit den Engländern. Beckenbauer, der Leiter des OK der
WM, rief die Deutschen auf, sich an den Bemühungen zu beteiligen, diese WM
zu der größten aller Zeiten zu machen. Er forderte zwei Dinge: dass alle
Karten für alle Spiele, auch die langweiligsten, verkauft werden, und dass
die Deutschen die Gäste aus aller Welt zu ihren Freunden machen. Und wenn
die Deutschen einen Befehl erhalten, dann führen sie ihn auch aus.
Ihre Ordnung kann einen manchmal zur Weißglut bringen, aber sie haben hier
eine WM organisiert, die einfach beispielhaft war. Und das ganze Land hat
dabei geholfen. Die Leute waren nett, gastfreundlich, alles klappte wie am
Schnürchen, bis ins letzte Detail.
Die Fan Feste waren etwas ganz Neues. In jeder Stadt, in der ein Spiel
stattfand, wurde ein großer Platz bereitgestellt, auf dem die Fans der
Mannschaften und die Bürger der Stadt feiern konnten. Die Deutschen kamen in
Scharen, um ihre Zeit mit den Gästen zu verbringen. Beckenbauer, der
übrigens einer der großen Gegner Klinsmanns war, hat sein Ziel erreicht. Es
gab keine WM, bei der ein solches Gefühl der Eintracht, Gemeinsamkeit, ein
Gefühl des globalen Dorfes herrschte. Und natürlich blieb auch kein einziges
Ticket in der Kasse.
Nein zum Kaiser!
Im Sportteil von Jedioth achronoth empfiehlt Arie Maliniak Veränderungen
im Fußball - und sagt "Nein!" zum Kaiser, denn der Fußball wird von einem
versteinerten Dinosaurier namens FIFA kontrolliert, der über das Monopol
verfügt, den Sport Nummer 1 in der Welt einzufrieren. Es gibt zwar ein
Gesetz, das besagt: Was nicht kaputt ist, sollte nicht repariert werden,
aber man kann sich des Gefühls nicht erwehren, dass sich im Fußball etwas
ändern muss. Nichts repräsentiert den programmierten Fußball, der im
vergangenen Monat in Deutschland zu sehen war, besser als Franz Beckenbauer.
Der Mann, der darum betete, dass diese WM wie ein Schweizer Uhrwerk klappt
und erfolgreich verläuft, sagte der deutschen Mannschaft gleichzeitig ein
Scheitern voraus, weil diese plötzlich beschlossen hatte, frisch und
angriffslustig zu spielen. Die Erwartung auf ein erfolgreiches Turnier und
ein Scheitern der deutschen Mannschaft erinnerte an den Inhaber eines
Restaurants, der hört, wie ein Kellner einen Stapel Teller hinunterwirft,
ihn am liebsten erwürgen würde, seinen Gästen jedoch trotz seines Ärgers
zulächeln muss.
Beckenbauer, der seinerzeit brillanten Fußball spielte, repräsentiert
heute, was Fußball nicht sein sollte: menschliches Schach, das von Robotern
gespielt wird. Der Gedanke, dass dieser deutsche Fußballingenieur die
Nachfolge von Sepp Blatter übernehmen wird, ist beängstigend. Wie traurig
wird Fußball mit solchen Managern werden, und wie lustig könnte er sein,
wenn es mehr Spiele wie Holland- Portugal geben würde. Es stimmt zwar, dass
nach den Zusammenstößen nur noch 19 Spieler auf dem Platz waren, aber
endlich konnten wir sehen, wie herrlich Fußball sein kann, wenn Trainer die
Kontrolle verlieren.
Es sollte mehr Austauschmöglichkeiten geben, mehr Spieler sollten weniger
Minuten spielen, damit Zizou und Roberto Carlos noch ein paar Jährchen
spielen können. Die besten Spiele waren die, in denen Spieler vom Platz
gestellt wurden. Das Spielfeld ist einfach zu voll. Es muss ausgedünnt
werden, aber niemand tut es. Denn auf der Ehrentribüne ist es nie zu eng.