8 israelische Soldaten tot:
Schwere Kämpfe im Südlibanon
Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem "Innerhalb von
vierzehn Tagen schafft es die stärkste Armee des Nahen Ostens nicht, den
Widerstand einer Terrororganisation in zwei kleinen libanesischen Dörfern zu
brechen", sagt Arabienexperte Ehud Jaari über verlustreiche Kämpfe im Maroun
el Ras und Bint Dschbail im Libanon. "Israels Abschreckungskraft wird von
200 Kämpfern der Hisbollah ins Lächerliche gezogen", fügt er mit Sorge
hinzu. Nachdem unter schwerem Beschuss 17 Verwundete Soldaten aus dem
Libanon herausgeholt und nach Haifa ins Hospital gebracht worden sind,
kündigt die Armee die Ankunft eines Transporthubschraubers mit weiteren
Verletzten an. Acht tote Soldaten werden der israelischen Bevölkerung nur
durch die Blume mitgeteilt, indem die Militärreporter von "tragischen
Ereignissen" und "schrecklichen Kämpfen" berichten.
Die Zahl der Toten wird erst bekannt gegeben, nachdem die
Familien informiert wurden. Die Reporter sind normalerweise "eingebettet"
und fahren in Panzern bis an die Front. Bei diesem Krieg stehen auf
israelischem Territorium zwischen Kettenfahrzeugen vor oder nach dem
Einsatz. Niemand weiß wirklich, was sich da im Libanon abspielt. Allein der
israelische Militärsprecher liefert die einzigen Filmaufnahmen und stark
zensierte spärlichen Informationen. Niemand versteht, warum die Armee nicht
die angeblich gefangenen Hisbollah-Kämpfer vorführt und die Leichen
wenigstens einiger der "hunderten" getöteten Feinde. Die Geheimnistuerei
lässt den Verdacht aufkommen, dass die Israelis nur Propaganda betreiben.
Und Israels Bevölkerung wundert sich, dass nur die israelische Armee Opfer
verzeichnet, nicht aber die Hisbollah. "Die kämpfen im Libanon nicht um
Land. Der Hisbollah geht es allein darum, der israelischen Armee so viele
Verluste wie möglich beizufügen", analysiert Jaari.
Der moralischen Niederlage bei den Kämpfen gegen die Hisbollah fügte sich
jetzt auch noch die peinlichste Panne seit Ausbruch dieses Krieges vor zwei
Wochen hinzu. Ausgerechnet wenige Stunden vor der Nahostkonferenz in Rom mit
18 Außenministern und einberufen von UNO-Generalsekretär Kofi Annan, starben
vier Blauhelme der UNIFIL-Truppe in ihrer Stellung bei El-Khiam. Eine
Militärreporterin, die meistens Stellungnahmen des Militärsprechers wörtlich
verliest, redete kleinlaut von einer "möglichen Panne". Mit festerer Stimme
erzählte sie dann: "Es ist ja bekannt, dass die Hisbollah ihre eigenen
Stellungen neben UNO-Stellungen errichtet und unter dem Schutzschirm der UNO
Israel angreift." Das bestätigten in der Tat diesem Korrespondenten
UNO-Offiziere 1996 bei einer Tour zum UNO-Hauptquartier im Dorf Kana im
Südlibanon, wo über hundert libanesische Flüchtlinge israelischem
Artilleriebeschuss zum Opfer fielen. Das israelische Feuer hatte eigentlich
der Hisbollah-Stellung neben dem Hauptquartier gegolten.
Doch der Beschuss der Stellung bei El Khiam dürfte diesmal kein Irrtum
gewesen sein. UNO-Offiziere vor Ort erzählten: "Die Attacke begann früh am
Morgen. Wir telefonierten mindestens 6 Mal mit den Israelis. Sie schossen
weiter mit Artillerie und am Ende schickten sie dann auch noch ein
Kampfflug, das eine Bombe aus der Luft auf die Stellung warf. In dem
Augenblick, gegen 7:30 Uhr brach der Kontakt ab. Ein Chinese, ein Finne, ein
Kanadier und ein Österreicher waren tot." Annan beschrieb in Rom den Vorgang
fast wortgleich. Gleichwohl wurde seine Verurteilung Israels falsch
verstanden: "Ich hatte vorsichtig formuliert, dass es sich "angeblich" um
einen vorsätzlichen Angriff handelte." Libanesen sagten, dass Israel wohl
"keine Zeugen vor ihrem geplanten Angriff auf die Stellungen der Hisbollah
in El Khiam haben wollten". Auch israelische Militärexperten wollen nicht an
Zufall glauben, denn die UNIFIL- Stellung gab es schon zu Zeiten, als die
Israelis noch in El Khiam saßen. Sie ist klar und auffällig gekennzeichnet
und nachts so beleuchtet, dass Kampfpiloten schon in großer Entfernung ein
aufs Dach gemalte "UN" auf weißem Hintergrund ausmachen können. Diese
Reporter mit guten Kontakten zu den Militärs haben keine plausible Erklärung
für die "peinliche Panne" erhalten.
Die Friedenskonferenz in Rom, ohne konkreten Friedensplan beendet, war in
Israel nur beiläufig ein Gesprächsthema. Vizepremier Schimon Peres äußerte
sich verärgert, dass Israel nicht einmal eingeladen war, "obgleich Israel
gewiss doch auch einen Beitrag für die Zukunft des Libanon leisten könnte."
Die Pressekonferenz in Rom wurde live auf allen israelischen Kanälen
übertragen. Doch der erste Kanal schaltete plötzlich nach Kirjat Schmone im
Norden Israels. Dort war 20 Meter von der Sendeposition des Korrespondenten
entfernt eine Rakete in die Straße eingeschlagen. Es gab Sachschaden und
vier Verletzte.
In Israel verbreitet sich zunehmend die Erkenntnis, dass das Schlimmste erst
noch bevorsteht. Die Verantwortlichen glauben Hisbollahchef Hassan Nasrallah
aufs Wort, etwa wenn er Angriffe "jenseits von Haifa" androht. Am Morgen
wurden erstmals Anweisung an die Bewohner von Tel Aviv ausgegeben, wie sie
sich im Falle von Raketenangriffen zu verhalten hätten. |