Zündschnüre aus Teheran:
Die Rolle des Iran
Von Udo Wolter
Jungle World 29 v.
19.07.2006
Die Drahtzieher der Raketenangriffe und Entführungen
israelischer Soldaten durch die Hamas und die Hizbollah sitzen nicht nur in
Syrien, sondern vor allem im Iran. Die Hizbollah ist vom Iran materiell und
politisch so sehr abhängig, dass sie ohne Absprache mit dem dortigen Regime
kaum einen Finger rührt, geschweige denn eine Entscheidung mit derart
weitreichenden Konsequenzen trifft.
Nach israelischen Angaben sollen iranische Militärberater am Abschuss einer
Rakete auf ein israelisches Kriegsschiff durch die Hizbollah beteiligt
gewesen und rund 100 iranische Soldaten im Südlibanon stationiert sein. Die
Rakete stammte ebenfalls aus dem Iran. Es bleibt eine Spekulation, ob
direkte Anweisungen zur Ausführung der Angriffe von der iranischen Regierung
kamen, in jedem Fall aber lässt sich die politische Verantwortung des Irans
klar belegen.
Es greift zu kurz, wenn eine bewusste Eskalation des Nahostkonfliktes als
iranisches Entlastungsmanöver in Sachen Atomkonflikt gesehen wird. Das
eigentliche Ziel ist Israel. Es sind eben nicht nur populistische Tiraden,
wenn der iranische Präsident Mahmoud Ahmadinejad die Vernichtung Israels
androht. Diese ist seit der islamischen Revolution iranische Staatsdoktrin,
und der Präsident hat sie seit seinem Amtsantritt systematisch erneuert.
Auch die Unterstützung der schiitischen Hizbollah für die aus den
sunnitischen Muslimbrüdern hervorgegangene Hamas entspricht dem bereits von
Ayatollah Khomeini geäußerten Wunsch, der Vernichtungskampf gegen Israel
möge die islamischen Schismen unter iranischer Hegemonie überwinden helfen.
Die Hizbollah wurde zu diesem Zweck vom Iran mit syrischer Unterstützung
aufgebaut. Bei ihrer Gründung im Jahr 1982 spielte der damalige iranische
Botschafter in Syrien, Ali Akbar Mohtashemipour, eine zentrale Rolle, er
wird auch "Hebamme der Hizbollah" genannt. Später war er Sprecher des
ehemaligen Präsidenten Mohammed Khatami und gibt sich seither als
"Reformer". Zugleich organisiert er im Auftrag des geistlichen Führers
Khamenei seit Jahren eine Konferenzreihe zur Unterstützung des
Palästinensischen "Widerstands", die das iranische Regime gegen den
"zionistischen Feind" veranstaltet. Unter den Gästen sind regelmäßig die
Führer von Hamas und Hizbollah und anderer terroristischer Gruppen wie dem
Islamischen Jihad.
Die letzte dieser Konferenzen im März 2006 diente der Unterstützung der
palästinensischen Hamas-Regierung. Khamenei pries dort "die Kultur von Jihad
und Märtyrertum", und Ahmadinejad erklärte, das "zionistische Regime" sein
ein "verfallender und brüchiger Baum, der in einem Sturm fallen wird".
Aufschlussreich für die gegenwärtige Eskalation waren auch die Ausführungen
des iranischen Außenministers Manoucheh Mottaki, der den israelischen
Rückzug aus dem Südlibanon und dem Gaza-Streifen als "Resultat des tapferen
Widerstandes" bezeichnete und die Hoffnung auf "größere Siege in der Zukunft
durch Fortsetzung des Widerstandes" aussprach. Die ganze Agenda liest sich
wie ein Drehbuch zum gegenwärtigen Szenario, und dabei war diese Konferenz
nur eine in einer ganzen Reihe ähnlicher Propagandaveranstaltungen des
iranischen Regimes.
Mitte Juni haben außerdem die Verteidigungsminister des Iran und Syriens ein
Abkommen über eine militärische Zusammenarbeit geschlossen. Ziel ist es,
"eine gemeinsame Front gegen Israel zu etablieren". Wie immer man den
Einfluss des iranischen Regimes auf die Hizbollah und die Hamas beurteilen
mag, es hat über Monate systematisch auf die derzeitige Eskalation
hingearbeitet und den Zangenangriff der Stellvertreter auf Israel
ermöglicht.
hagalil.com 20-07-2006 |