Fester Bestandteil:
Internationale Truppen in Nahost
Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem
Eine Präsenz der UNO ist seit der Gründung Israels 1948 ein fester
Bestandteil des Nahostkonflikts. Die UNO betreut die palästinensischen
Flüchtlinge mit einer separaten Organisation, UNWRA. Das Budget für die
UNWRA und die Zahl der UNO-Bediensteten in dieser Organisation entsprechen
dem Haushalt und den Angestellten des Flüchtlingswerks UNHCR, das für alle
übrigen Flüchtlinge in der Welt, in Jugoslawien, Afrika, Asien und
Südamerika zuständig ist.
Die UNO stellt unterschiedliche Kontingente an den Grenzen Israels. So hatte
sie die Aufgabe, die Grenze zwischen Ägypten und Israel zu überwachen. Vor
dem Sechs-Tage-Krieg 1967 war die Aufforderung des ägyptischen Präsidenten
an die UNO, ihre Beobachter von der Grenze abzuziehen eine Kriegserklärung
Ägyptens an Israel. Diese Erfahrung wird bei den Gesprächen über eine
internationale Stabilisierungstruppe mit einfließen. Denn die UNO oder
andere Friedenstruppen werden immer Gäste in einem Land sein, das ihrer
Präsenz zustimmen muss, in diesem Fall der Libanon.
Nach dem Friedensvertrag zwischen Israel und Ägypten sollte eine
internationale Beobachtertruppe und Ägypten eine Entmilitarisierung der
Sinaihalbinsel überwachen. Doch die UNO weigerte sich, den Friedensvertrag
anzuerkennen. So musste eine multinationale Truppe (MFO) geschaffen werden,
von Ägypten, Israel und den Amerikanern finanziert. Soldaten aus elf
Nationen dienen in der MFO.
Auf den Golanhöhen zwischen Syrien und Israel sitzen seit dem
Entflechtungsabkommen von 1973 UNO-Beobachter in einem breiten Niemandsland.
Sie sollen versehentliche Grenzverletzungen etwa durch Hirten melden. Sie
kontrollieren einen von beiden Seiten zugänglicher Grenzübergang der
gelegentlich geöffnet wird, für Bräute, Familienbesuche, Drusen auf dem Weg
zu ihren Heiligen Stätten im Libanon und neuerdings auch für Äpfel der auf
den Golanhöhen lebenden Drusen. Sie dürfen ihre Früchte nach Damaskus
exportieren. Weil Israel und Syrien den Willen haben, keine direkte
Konfrontation zu provozieren, ist diese Grenze auf den Golanhöhen die
ruhigste von Allen.
Entlang Israels längster Grenze, zu Jordanien, gibt es keinerlei fremde
Einmischung oder Beobachtung. Das Vertrauen beider Länder zueinander und
eine enge Kooperation der Militärs macht das überflüssig, obgleich immer
wieder bewaffnete Palästinenser von Jordanien die Grenze überwinden oder
Israel beschießen.
Im Libanon existiert seit 1978 die UNIFIL, eine zeitweilige UNO Truppe.
Israel wirft der UNIFIL vor, ihr Mandat nicht erfüllt zu haben, etwa
bewaffnete Männer von der Grenze fernzuhalten. Israel warf der UNIFIL sogar
vor, mit der Hisbollah kooperiert zu haben, als drei israelische Soldaten im
Jahr 2000 von der Hisbollah verschleppt wurden. Erst Monate später stellte
sich heraus, dass die UNO in New York sogar die blutbeschmierte
Splitterjacke von einem der entführten und ermordeten Soldaten aufbewahrte,
ohne Israel darüber informiert zu haben. Ohnehin hat die UNIFIL keinen
Auftrag als kämpferische Truppe, sodass sie im Ernstfall nicht viel
ausrichten kann.
Die geplante internationale Stabilisierungstruppe im Libanon muss zwar ein
Mandat von der UNO erhalten, wird aber wohl von der Nato oder der EU
bestückt werden. Was Außenminister Steinmeier als "robustes Mandat"
bezeichnet, muss noch mit Inhalten gefüllt werden. Wird Sie einen echten
Kampfauftrag erhalten und im schlimmsten Fall Kriegspartei werden, falls
jemand nach einem Waffenstillstand erneut angreift? Mit welchen Waffen wird
sie ausgerüstet? Wer wird ihre Einsätze befehligen? Und wird sie tatsächlich
stark genug sein, um Israel zu überzeugen auf Selbstverteidigung zu
verzichten oder die Hisbollah-Miliz von ihrem Guerillakrieg abzuhalten? Die
israelische Zustimmung ist wichtig, doch letztlich muss Libanon diese Truppe
akzeptieren. Die Voraussetzung dafür ist freilich, dass Libanon in diesem
Gebiet ein Mitspracherecht wiedererlangt. Denn solange die Hisbollah die
alleinige Kontrolle im Südlibanon hält und die libanesische Armee unsichtbar
ist, kann die internationale Truppe nicht die Stellungen beziehen. Undenkbar
wäre, dass die Truppe in den Libanon einmarschiert und die israelische Armee
bei blutigen Kämpfen gegen die Hisbollah ablöst, zumal Israel trotz Einsatz
von Panzern, Luftwaffe und Spezialeinheiten ganze vier Tage benötigte, nur
das gut befestigte Dorf Maroun al Ras zu erobern.
Schon kommen Zweifel auf, wie "robust" die internationale Truppe sein
könnte. Entsprechend kommen Vorschläge auf, die syrische Armee wieder in den
Libanon einziehen zu lassen. Die Syrer könnten ohne weiteres die Hisbollah
unter Kontrolle bringen, aber es fragt sich, ob dem Israel zustimmen würde. |