antisemitismus.net / klick-nach-rechts.de / nahost-politik.de / zionismus.info

haGalil onLine - http://www.hagalil.com
     

  

Spenden Sie mit PayPal - schnell, kostenlos und sicher!

hagalil.com

Search haGalil

Veranstaltungskalender

Newsletter abonnieren
e-Postkarten
Bücher / Morascha
Musik

Koscher leben...
Tourismus

Aktiv gegen Nazi-Propaganda!
Jüdische Weisheit
 

 

Lechts und Rinks:
Flatterhafte Falkentauben

Nicht die Arbeitspartei, sondern der Likud repräsentiert die Armen. Auch in der Politik gegenüber den Palästinensern und den Nachbarstaaten ist die Formel "Links gut, Rechts schlecht" nicht zutreffend.

Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem
Jungle World 30 v. 26.07.2006

Schon in den ersten Jahren des Staates Israel vertrug sich der Sozialismus der etablierten israelischen Linken, der Arbeitspartei, nicht mit der Diskriminierung und Verachtung der orientalischen Einwanderer. Diese war der maß­gebliche Grund für die wohl bedeutendste Zäsur in der Geschichte Israels: die Wahlniederlage der Arbeitspartei im Jahr 1977. Der von Menachem Begin geführte rechtskonservative Likud avancierte zum Vertreter der Ärmeren und Armen, während die Sozialisten zu einer arroganten Elite gebildeter Europäer geworden waren. Heute fühlt sich von der Arbeitspartei, die einst aus einer stalinistischen Organisation hervorgegangen war, das Großkapital repräsentiert, der konservative Likud hingegen findet seine Anhängerschaft in der proletarischen Bevölkerung, zu der viele orientalische Israelis gehören.

Seit jenem Tag im Mai 1977 kämpft die Linke mit sich selbst und versucht, die alte Vorherrschaft der Gründerzeit zurückzugewinnen. Bis heute gilt auch dem Ausland die Arbeitspartei als authentischer politischer Repräsentant Israels. Man merkt es an der Art und Weise, wie die Medien die Kandidaten der Arbeitspartei im Wahlkampf begleiten und zitieren. Hier sind die Unterschiede zu dem Misstrauen zu erkennen, das dem Likud entgegengebracht wird. Im letzten Wahlkampf, im Januar 2003, galt der Bewerber der Arbeitspartei, General Amram Mitzna, deutschen Medien als "Hoffnungsträger". Sein Konkurrent war Ariel Sharon, für den die Welt, um es vorsichtig zu formulieren, fast bis zuletzt nur geringe Sympathien empfand. Das gleiche Phänomen war auch schon in den Wahlkämpfen Menachem Begins oder Yitzhak Schamirs zu beobachten.

Dieses Phänomen entspricht einer Verkennung der wahren Verhältnisse und Stimmungen im Land. Da werden eigene Wunschvorstellungen auf Israel projiziert, wobei man blindlings der Kategorisierung folgt: "Links ist gut, weil friedlich; Rechts ist schlecht, weil kriegerisch". Diese simplizistische Wahrnehmung findet sich auch unter israelischen Linken selbst und trug zu verhängnisvollen politischen Schritten bei. Dabei lässt sich natürlich erst im Nachhinein erkennen, wie fatal manche Beschlüsse der Linken waren. Das gilt für Siedlungspolitik, das Verhältnis zu den Palästinensern und für die Politik gegenüber den arabischen Nachbarn, insbesondere dem Libanon.

So wird gerne vergessen, dass die meisten Siedlungen lange vor dem Wahlsieg des Likud im Jahr 1977 von der Arbeitspartei gegründet wurden. Es war keine nationalreligiöse Träumerei der Rechten, die damit begann, israelische Bürger in den besetzten Gebieten anzusiedeln und diese Siedlungen mehr und mehr auszuweiten. Vielmehr entsprach dies einem säkularen Sicherheitsdenken linker Ministerpräsidenten wie Golda Meir und Yitzhak Rabin.

Zu den Widersprüchen in der Art und Weise, wie Israel wahrgenommen wird, zählt ebenso die Tatsache, dass es bislang allein rechte Regierungen waren, die Siedlungen aufgegeben haben. Das war im Jahr 1982 im Sinai der Fall, als der damalige Ministerpräsident Begin und sein Verteidigungsminister Sharon das Gebiet an Ägypten zurückgaben und alle nach 1967 entstandenen Siedlungen räumten. Im Sommer 2005 war es abermals Sharon, diesmal als Ministerpräsident, der die Siedlungen im Gaza-Streifen und im Norden der Westbank aufgab und, auf ausdrücklichen Wunsch der Palästinenser, dem Erdboden gleichmachte.

Zugleich verliebte sich die israelische Linke, zunächst jene außerhalb, später auch Kräfte in der Arbeitspartei, in die Idee eines "Selbstbestimmungsrechts des palästinensischen Volkes". Verständlicherweise entsprach der Sprachgebrauch der "Befreiungsbewegungen", zu denen sich auch die PLO zählte, eher dem Vokabular der Linken als dem der Konservativen.

Diese Rhetorik machte Israels Linke fast blind für die andere Bedeutung dieses "Selbstbestimmungsrechts", nämlich für einen Nationalismus mit allen chauvinistischen Erscheinungsformen. Es geht hier nicht darum, den Palästinensern ein Recht auf Staat, Selbstbestimmung und Natio­nalismus abzusprechen, sondern um die Sichtweise.

Eine ähnliche Verwirrung herrscht bei Begriffen wie "Terror" und "Befreiungskampf". Das Problem der linken israelischen Friedensbewegung lag darin, dass sie es nicht vermochte, zwischen Terror und Befreiungskampf zu unterschieden. Daher unterließ sie es, gegen gewisse Entwicklungen in der palästinensischen Gesellschaft vorzugehen, die zu einem Chaos von bewaffneten Clans und Banden ohne jede politischen Ziele geführt haben, zu Selbstmord­attentaten mitten in Israel, die nicht als "Befreiungskampf" bewertet werden können, wenn gezielt Kindergärten, Schulbusse oder Restaurants angegriffen werden.

Linke Politiker wie Yossi Beilin, in den neunziger Jahren mehrmals Minister der Arbeitspartei und später Mitinitiator der Genfer Friedensinitiative von Israelis und Palästinensern, hatten wiederholt den einseitigen Rückzug aus dem Libanon gefordert, was schließ­lich von Ehud Barak noch in der Nacht seines Wahlsiegs angekündigt und ein Jahr darauf, im Mai 2000, vollzogen wurde. Niemand zweifelt daran, dass der Rückzug hinter die internationale Grenze eigentlich überfällig war. Aber gerade wegen des aus ideologischen Gründen unternommenen Rückzugs übersah es Barak, welche realen Folgen diese Maßnahme und ihre Umstände haben würden.

Er ignorierte es, dass die Hizbollah den einseitigen und bedingungslosen Rückzug als Sieg interpretieren würde und sich die Palästinenser dazu animiert fühlen würden, es der Hizbollah gleichzutun. Inzwischen ist es nachgewiesen, dass nicht die "Provokation" Sharons auf dem Tempelberg zur zweiten Intifada führte, sondern ausgerechnet der Rückzug aus dem Libanon und der Glaube, ein paar Tote würden Israel in die Flucht schlagen. Die Fehler bei und nach dem Rückzug sind heute, nachdem die Hizbollah mit ihrem Überfall und ihren Raketenangriffen einen Krieg angezettelt hat, für jedermann offensichtlich.

Indem Israel es damals zuließ, dass nicht die libanesische Armee, sondern die Hizbollah die Kontrolle des Grenzgebietes übernahm, wurde genau die Konstellation geschaffen, die nun zum Krieg geführt hat. Während der konservative Ministerpräsident Ehud Olmert offenbar die Ausweitung des Krieges auf Syrien unbedingt vermeiden will, ist es ausgerechnet der Vorsitzende der linken Sammlungspartei Meretz-Yachad, Yossi Beilin, der dafür plädiert, gegen die syrischen Verantwortlichen des Terrors vorzugehen. Doch dass sich die berühmteste "Taube" unter den israelischen Politikern derzeit als kriegstreibender "Falke" hervortut, dürfte das Ansehen der Linken als Kraft des Friedens langfristig nicht trüben.

hagalil.com 27-07-2006

Werben in haGalil?
Ihre Anzeige hier!

Advertize in haGalil?
Your Ad here!

 

haGalil.com ist kostenlos! Trotzdem: haGalil kostet Geld!

Die bei haGalil onLine und den angeschlossenen Domains veröffentlichten Texte spiegeln Meinungen und Kenntnisstand der jeweiligen Autoren.
Sie geben nicht unbedingt die Meinung der Herausgeber bzw. der Gesamtredaktion wieder.
haGalil onLine

[Impressum]
Kontakt: hagalil@hagalil.com
haGalil - Postfach 900504 - D-81505 München

1995-2006 © haGalil onLine® bzw. den angeg. Rechteinhabern
Munich - Tel Aviv - All Rights Reserved