Antisemitische Demo in Berlin:
"Tod, Tod, Israel"
Würde der Maler und Graphiker Max Liebermann noch
leben, er starb 1935 nach längerer Krankheit in Berlin, wäre ihm am
vergangenen Freitag bestimmt sein Ausspruch über die Lippen gekommen, den er
73 Jahre zuvor, am 30. Januar 1933, anlässlich eines Nazi-Fackelmarsches
durchs Brandenburger Tor nach der "Machtergreifung" Hitlers, erdachte: "Ick
kann jar nich soviel fressen, wie ich kotzen möchte!" Doch diesmal wäre der
Anlass Parolen, wie "Tod, Tod, Israel" und "Kindermörder Israel" gewesen,
die bei einer Demonstration gegen den "israelischen Terrorfeldzug" durch
einige Straßen Berlins schallten.
An dem Aufmarsch nahmen nach unterschiedlichen Angaben
2.700 bis 6.000 Menschen teil, vorwiegend aus der palästinensischen,
arabischen und muslimischen Community. Wie schon bei vielen vorangegangenen
Berliner Al-Quds-Demonstrationen, einer 1979 von Ayatollah Khomeini
ausgerufene Traditionsveranstaltung für die "Befreiung" Jerusalems (Al-Quds)
und der Vernichtung Israels, war dieses Spektakel von den Organisatoren fast
perfekt inszeniert. Die Demospitze bildeten zahlreiche Kinder, die
schauderhafte Kriegsbilder in die Kameras die Fotoreporter hielten. Im Zug
verteilt feuerten Männer über Megaphone die Massen mit bisweilen
antisemitischen Parolen an. Das Ende des Aufmarsches war durch deutsche
antiimperialistische Gruppen geprägt, die ausschließlich Israel im Ganzen
als Aggressor verurteilen und die Bewaffnung des Irans mit Atomwaffen
forderten.
Obwohl sich die Polizei am Versammlungsplatz bemühte,
antisemitische und zur Gewalt aufrufende Plakate einzusammeln, war ihnen
doch etliche Schilder mit eindeutigem Inhalt durch die Lappen gegangen.
Inhaltlich bedienten sich diese des gesamten Spektrums antisemitischer
Stereotypen und Vorurteile. So wurde der Holocaust relativiert und Israels
vorgehen mit dem der Nationalsozialisten gleichgesetzt, die auf Kosten
Israels und der USA blutende Welt wurde bildlich dargestellt, und die
Vorstellungen, der Jude trinke rituell Menschenblut und würde Kinder
schlachten, lebte wieder auf.
Keine Wunder, dass sich bei einem Aufmarsch dieses
Kalibers der verurteilte Holocaustleugner Gerd Walther unter die
Teilnehmenden mischte. Da der Tatort Auschwitz weggefallen sei, drohte
Walther in sogenannten Offenen Briefen denen mit einem "Strafverfahren wegen
Landesverrats" "vor dem Reichsgericht", die "unsere Jugend mit der
Auschwitz-Lüge seelisch" vergiften. "Die von der judeo-amerikanischen
Besatzungsmacht verbreiteten Lügen sind so gewaltig, daß jegliche
Beteiligung [...] schwerste Bestrafung nach den Gesetzten des Deutschen
Reiches nach sich ziehen muß."
Eine unzweideutige Verurteilung des monatelangen
Beschusses israelischen Gebiets mit Raketen durch palästinensische
Terrorgruppen, die militärische Aufrüstung rechter libanesischer
Paramilitärs, die Ermordung und Entführung von Soldaten auf israelischem
Territorium und die Tötung ausschließlich von Zivilisten in israelischen
Städten durch die Hisbollah war auf dieser Veranstaltung weder zu vernehmen
noch zu erwarten. Ferner werden wohl die Organisatoren dieser Demonstration
nach wie vor schweigen, wenn es darum geht, den Mord im Irak an fast 6000
Zivilisten bei Anschlägen oder Verbrechen im Mai und Juni diesen Jahres, zu
ächten.
"Israel trinkt das Blut unserer Kinder aus den Gläsern der Vereinten
Nationen !!!"
"Ritualmordlegende"; in "Der Stürmer" (1937)
Ein gewaltverherrlichendes Plakat wird beschlagnahmt
"Stop Holocaust in Palestina und Libanon"
"Israel besitzt Atombombe + andere verbotene Waffen und Gas !!!"
"Iran braucht Atomwaffen zur Verteidigung
gegen die Imperialisten! (Spartakist)"
Bildliche Darstellung der blutenden Welt auf
Kosten Israels und der USA
"Jüdische Weltherrschaft"; von Josef Plank,
in "Der Stürmer" (1938)
Demozug
"Kindermörder Israel"
"Kindsmordlegende"; in "Schedelsche Weltchronik" (Nürnberg, 1493)
"Die Ausweitung der Aggression bedroht den Frieden und die Stabilität in
der Welt"
"Israel, Gott und die Gerechtigkeit werden deine unangem. Schlachterei
vergelten"
"Juden-Emancipation in Bayern"; in "Reichsbremse"
(Leipzig, 1848)
"Deutschland, leugnet den 'Holocaust' - Nicht (es war grausem) aber
!!! beim zur Zeit stattfindenden 'Holocaust' schaut die ganze Welt zu
oder weg !!!"
Holocaustleugner Gerd Walther (Bildmitte, schwarzes T-Shirt, beige Hose)
Verurteilter Holocaustleugner Gerd Walther (Bildmitte)
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