antisemitismus.net / klick-nach-rechts.de / nahost-politik.de / zionismus.info

haGalil onLine - http://www.hagalil.com
     

  

Spenden Sie mit PayPal - schnell, kostenlos und sicher!

hagalil.com

Search haGalil

Veranstaltungskalender

Newsletter abonnieren
e-Postkarten
Bücher / Morascha
Musik

Koscher leben...
Tourismus

Aktiv gegen Nazi-Propaganda!
Jüdische Weisheit
 

 

Vor 64 Jahren, am 10. Juni 1942:
Zur Erinnerung an die größte Deportation Wiesbadener Juden

Aktives Museum Spiegelgasse

Unter dem Motto "Kein Tag wie jeder andere" hatten sich am 30. August 1992 zum 50. Jahrestag einer Deportation Wiesbadener Juden mehrere tausend Menschen am Schlossplatz zum Gedächtnis versammelt; sie folgten dem Mahngang (1) durch die Bahnhofstraße zur Abschlusszeremonie am Schlachthofgelände. So kam für viele Bürgerinnen und Bürgern ein dunkles Kapitel Wiesbadener Stadtgeschichte wieder ans Licht.

Kurz danach, im Oktober 1992, übergab das Aktive Museum Spiegelgasse dem Stadtverordnetenvorsteher Günter Retzlaff die 1.200 Namensblätter mit der dringenden Bitte, das NAMENTLICHE ERINNERN an die in der Shoah ermordeten Wiesbadener zu verwirklichen. Seit Jahren hatte die Jüdische Gemeinde dies schon angemahnt. Seitdem setzt sich das Aktive Museum Spiegelgasse mit unterschiedlichen Initiativen und Projekten für dieses Anliegen ein.

Bereits ab 1933, verstärkt ab 1938 wurden jüdische Bürger aus ihrer Heimat vertrieben. Zahlreiche Wiesbadener Juden konnten noch rechtzeitig ins Ausland fliehen und zumeist so ihr Leben retten. Die anderen, etwa eintausendzweihundert wurden in der Shoah ermordet, weil sie jüdisch waren. Noch ist die Kenntnis der Namen unvollständig und bedarf weiterer Forschung. Sie wird erschwert durch das Fehlen geeigneter Daten. Man ist auf Quellen angewiesen, die im Zusammenhang mit der rassistischen Verfolgung während der NS-Herrschaft entstanden, sie sind deshalb mit Vorsicht zu verwenden.

Für die Deportationen im gesamten Regierungsbezirk Wiesbaden (2) war Frankfurt der Ausgangspunkt; sie wurden von der Frankfurter Gestapo organisiert. In Wiesbaden war der "Judenreferent" Bodewig in der Gestapo-Außenstelle zuständig, unterstützt von anderen Polizeidienststellen und städtischen Ämtern wie Wohnungsamt, Einwohnermeldeamt, Finanzamt. Die Reichsbahn stellte die Züge bereit; die Transporte sollten jeweils ca. 1.000 Personen umfassen.

Weil zum 24. Mai 1942 in Frankfurt die Zahlen nicht erfüllt werden konnten, forderte die Gestapo aus dem Umland zusätzliche Personen an. Darunter waren auch 27 aus Wiesbaden, so der letzte in Wiesbaden tätige Rabbiner Hansjörg Hanff. Auch Betty Baum (3) und ihre drei Kinder mussten ihre Heimatstadt mit diesem Transport verlassen. Der Zug, bezeichnet (4) Da 60, fuhr aus Frankfurt mit 957 jüdischen Menschen in die Nähe von Lublin (im von der Deutschen Wehrmacht besetzten Polen). Dort wurden die Männer zwischen 15 und 50 Jahren "selektiert", als kurzzeitige Arbeitskräfte in das Konzentrations- und Vernichtungslager Majdanek eingeliefert. Alle älteren Männer, Frauen und Kinder brachte der Zug in das Ghetto Izbica. Nach vermutlich kurzem Aufenthalt dort wurden sie im Vernichtungslager Sobibor ermordet.

Die nächste Deportation fand schon 2 Wochen später statt. Diesmal wurden die meisten Jüngeren der noch verbliebenen jüdischen Bevölkerung in Wiesbaden einbezogen. Die älteren Menschen, Männer, die im ersten Weltkrieg als Soldaten ihr Leben riskiert hatten, "unklare Fälle" oder Personen, die für die Beraubung noch nutzbar gemacht werden konnten, wurden bis Ende August verschont. Am 1. September 1942 fuhr der Zug mit 356 Mensch aus Wiesbaden über Frankfurt in das Ghetto-Lager Theresienstadt im besetzten Tschechien. Am 10. Juni 1942 verschleppten die örtlichen Instanzen 371 Personen aus Wiesbaden und den Vororten. Vor allem Familien mit Kindern waren betroffen, die eine Flucht nicht mehr hatten bewerkstelligen können, so die Familie James und Johanna Stock (5) mit den Kindern Rosel (5 J.) und Josef (7 J.), Leo und Fanny Guthwirth mit Bernhard und dem kleinen Jakob, 1937 in Wiesbaden geboren, das Ehepaar Steinberg mit der 6jährigen Miriam.

Vorbereitungen und Deportationen fanden am helllichten Tage statt. Sie vollzogen sich unter den Augen der übrigen Bevölkerung. Ein Augenzeuge berichtete, dass er am 10. Juni 1942 die versammelte Menschenmenge zu Fuß gehend vom Luisenplatz bis zum Bahnhof begleitete. In der Nähe des Güterbahnhofs wurde er von Uniformierten zurückgewiesen; Auskunft über den Zielort wurde ihm verweigert.

Sicher ist: am 11. Juni fuhr auch dieser Zug - Da18 - mit 1253 Personen von Frankfurt in die Nähe von Lublin im besetzten Ostpolen. Im KZ Majdanek wurden die jüngeren Männer, etwa 250, als "arbeitsfähig" ausgesondert, darunter James Stock aus Wiesbaden. Er überlebte das nur um wenige Wochen. Alle anderen wurde vermutlich unmittelbar in das Vernichtungslager Sobibor gebracht und dort mit Motorenabgasen ermordet. Keiner überlebte!

Ihre Namen sollen in das Gedächtnis der Stadt eingeschrieben sein. Es ist zu hoffen, dass im 20. Jahr nach dem entsprechenden Beschluss (6) im Stadtparlament und nach vielen weiteren Etappen der Wettbewerb für die Umgestaltung am Michelsberg zu einem positiven Abschluss kommt und das NAMENTLICHE GEDENKEN dort zügig realisiert werden kann.

www.am-spiegelgasse.de

Anmerkungen:
(1) Der Mahngang ist dokumentiert in dem Film "30. August 1942 - Kein Tag wie jeder andere. Die Verfolgung und Deportation der Wiesbadener Juden. Zeitzeugen erzählen aus den Jahren 1933 – 1945, Wiesbadener Medienzentrum und (Förderkreis)"
Aktives Museum Deutsch-Jüdischer Geschichte in Wiesbaden, 1993.
(2) Dazu Kingreen, Monica: Die gewaltsame Verschleppung der Juden aus den Dörfern und Kleinstädten des Regierungsbezirks Wiesbaden (1942-1945). In: Nassauische Annalen 114 (2003).
(3) Ihnen ist das erste Erinnerungsblatt gewidmet, das im Mai 2003 am Michelsberg vorgestellt wurde, eine Reihe weitere Blätter wurden seitdem präsentiert und sind auf der Webseite www.am-spiegelgasse.de abrufbar.
(4) Alfred Gottwald, Diana Schulle: "Die Judendeportationen aus dem Deutschen Reich von 1941-1945. Eine kommentierte Chronologie", marixverlag, Wiesbaden 2005.
(5) Nach ihnen ist seit 1995 der Geschwister-Stock-Platz benannt.
(6) vom 20. Juni 1986: …eine Tafel …, die derjenigen Bürgerinnen und Bürger gedenkt, die ihr Leben…als Folge von Verfolgungsmaßnahmen verloren haben.

hagalil.com 10-06-2006

Werben in haGalil?
Ihre Anzeige hier!

Advertize in haGalil?
Your Ad here!

 

haGalil.com ist kostenlos! Trotzdem: haGalil kostet Geld!

Die bei haGalil onLine und den angeschlossenen Domains veröffentlichten Texte spiegeln Meinungen und Kenntnisstand der jeweiligen Autoren.
Sie geben nicht unbedingt die Meinung der Herausgeber bzw. der Gesamtredaktion wieder.
haGalil onLine

[Impressum]
Kontakt: hagalil@hagalil.com
haGalil - Postfach 900504 - D-81505 München

1995-2006 © haGalil onLine® bzw. den angeg. Rechteinhabern
Munich - Tel Aviv - All Rights Reserved