Die Neuentdeckung einer alten Socke:
Das "Heidelberger Manifest" von 1981
von Ramona Ambs
Offenbar hat Andreas Thierry nicht viel zu tun. Gut, er
plant die Sommersonnwendtfeier für ein paar esoterische Nazis in Heilbronn,
aber das ist kein tagfüllendes Geschäft. Und das „Amt für weltanschauliche
Schulungen“ das ihm im Mai 1999 von der NPD übertragen wurde, scheint ihn
auch nicht mehr ganz auszufüllen. Wohl nur so lässt es sich erklären, dass
er das 25 Jahre alte sogenannte „Heidelberger Manifest“ aus der Mottenkiste
geholt und mit dramatischen Anmerkungen auf seine Internetseite
(„Hohenberger Herold“) gestellt hat.
Wie üblich mangelt es bei der Darstellung an so manchem,
um genauer zu sein: entweder an Redlichkeit oder aber an Wissen. Vermutlich
mangelt es an beidem.
Das Heidelberger Manifest existiert in zwei Fassungen. Die
erste (das ist die, welche man bei Thierry findet) entstand am 17. Juni 1981
und ist ein völkisch-rassistisches Pamphlet, das vor Überfremdung, ja vor
dem Untergang des deutschen Volkes warnt. Peinlich für die altehrwürdige
Universitätsstadt am Neckar, die jetzt so sehr nach universitärer Exzellenz
(also Internationalität!) strebt. Das Manifest wurde seinerzeit von fünfzehn
Hochschulprofessoren unterzeichnet. Zehn der Professoren distanzierten sich
jedoch nach großem öffentlichem Druck am 31. Januar 1982 mit einer
abgeschwächten Version des Heidelberger Manifestes von der ursprünglichen
Fassung. Nicht dass die zweite Fassung in irgendeiner Weise akzeptabler
wäre, aber sie stellt doch immerhin klar, dass es keine Wertehierarchie
unter den verschiedenen Völkern gibt.
Das unterschlägt Andreas Thierry aber vollständig. Das ist
umso verwunderlicher, da selbst der „Schutzbund für das deutsche Volk“
(SDV), der unmittelbar nach und aufgrund des Heidelberger Manifests
gegründet wurde, beide Fassungen zitiert, mit den jeweils Unterzeichnenden
(wobei auch hier vergessen (?) wurde zu erwähnen, dass sich zehn der
fünfzehn Unterzeichnenden komplett von der ersten Fassung distanziert
haben).
Thierry hat das wohl noch nicht mitbekommen. Aber
vielleicht erklärt ihm ja bei der Sommersonnwendfeier der eine oder andere
Kamerad, wie das damals mit dem Heidelberger Manifest so war. Dann wird er
die Darstellung sicher korrigieren. Das gebietet doch die deutsche Tugend
der Moral und Redlichkeit.
Zur Info die beiden Texte im direkten Vergleich:
http://www.dir-info.de/dokumente/ngo_heidelbergermanifest.shtml |