Interna einer
"antizionistischen" Wiener Gruppe:
"Michael Pröbsting wird vollständig von der Partei
finanziert"
Von Karl Pfeifer
Seit der Ermordung von Leo Trotzki 1940 durch einen von
Stalin gedungenen Mörder hat sich die trotzkistische Bewegung weltweit
vielfach gespalten. In Österreich gibt es eine handvoll Gruppen und
Grüppchen, die sich zum Trotzkismus bekennen und darüber streiten, wer die
"wahre Lehre" vertritt. Einig sind sich diese in ihrem "Antiimperialismus"
und ihrem "Antizionismus". Das sich zur "5. Internationale" bekennende
Grüppchen "ArbeiterInnenstandpunkt" (ASt), ist durch besondere Militanz und
abstruse Stellungnahmen aufgefallen. Angeführt wird sie von Mag. Michael
Pröbsting. Vor nicht allzu langer Zeit habe ich von der – nicht
rechtskräftigen – Verurteilung dieses Herren berichtet. (1)
Jetzt
– nachdem fünf Mitglieder dieses Grüppchen verlassen und ihre Gründe dafür
in allen Einzelheiten geschildert haben (2), kann ASt getrost als Sekte
qualifiziert werden.
"Diktatur des Michael Pröbsting"
Die aus der Sekte
Austretenden beteuern, dass sie die wahre Lehre vertreten und beschuldigen
den ASt-Anführer Michael Pröbsting nicht mehr an den Traditionen
festzuhalten. "Tradition ist für uns die Weitergabe des Feuers und nicht die
Anbetung der Asche, wie sie es sich in der 20jährigen Geschichte des
ArbeiterInnenstandpunkts die Führung immer mehr angeeignet hat."
Aber da gibt es
einen handfesten Grund für den Austritt der fünf ASt Mitglieder: "Dadurch,
daß Genossin Elisabeth aus dem ASt "ausgetreten" wurde, besaß Michaels
Gruppe eine minimale Mehrheit von einer Person im ASt." Sie nennen einige
Namen, "die alle das Beste für den Aufbau der" ASt "gegeben haben, dies aber
nur so lange tun durften, bis sie nicht die Diktatur des Michael Pröbsting
antasten versuchten." Die Fünf werfen Pröbsting vor "seine Funktion nie
objektiv ausgeübt" und "Kritik am Aufbau der Organisation und der Handhabung
des demokratischen Zentralismus als "persönliche (!) Konfliktfälle
dargestellt" zu haben. Ja schlimmer noch: "GenossInnen wurden gemobbt oder
übergangen, so konnte sich ein Schatten-PB [Politbüro] aus Pröbsting-treuen
GenossInnen etablieren, dass von nun an die Entscheidungen fällen sollte."
Doch damit nicht
genug, das eigentliche Geschäft läuft auch nicht gut: "Die derzeitige
Anti-Bush-Kampagen verläuft nicht mit dem Erfolg, den sich der ASt
vorgenommen hatte. Letzter Höhepunkt war, dass zur Demonstration am 2. Juni
2006 und anschließender Aktionskonferenz nur rund 20 Leute kamen!"
"Politische
Degenerierung"
Wer sich
prinzipientreu verhält, so der Anführer der Austretenden Dieter Reinisch,
der hat "damit bereits langfristig seinen Austritt unterschrieben" , oder
man steht "100% loyal hinter der Leitung" und muss "wie ein
Lemming jede Entscheidung mittragen... Egal, wie die Entscheidung gefallen
ist! Und "wie" im Sinne PB, OG oder Gen. Pröbsting alleine! Durch diese
Vorgehensweise ist über die Jahre nur Genosse Pröbsting einzig dauerhaft
beim ASt geblieben." Reinisch stellt fest: "Es kann nicht als Zufall
gewertet werden, daß der ASt mit dieser Diskussionsunkultur im Inneren, die
sich natürlich auch nach außen zeigte, wenig neue Kontakte gewinnen und bei
diesem vergifteten Klima noch viel schwerer integrieren und halten konnte."
Über die
Finanzsituation schreibt Reinisch: "Aufgrund der oben zitierten Aussage
müssen wir also nun zum Schluss kommen, dass das Verhalten von Gen. Michael
[Pröbsting] nicht nur grob fahrlässig, sondern sogar bewusst schadhaft ist.
Gedeckt wird es durch das Verhalten der anderen Mitglieder des ASt, allen
voran Gen. Roman, der seiner Pflicht als PB-Mitglied, nämlich der
ordentlichen Führung des ASt, nicht nachkommt. Wir fordern daher weiterhin,
...die sofortige Einstellung aller Zahlungen an ASt-Mitglieder, ohne
Rücksprache mit dem PB – zum Wohle des ASt."
Politisch macht der
ASt auch grobe Fehler: "Die politische Degenerierung begann spätestens mit
der Abwendung von der ArbeiterInnenklasse, und die ausschließliche
Konzentration auf SchülerInnen, die soziologisch nicht Teil der
ArbeiterInnenklasse sind." Weiter: "...auch der ASt, trägt eine völlig
falsche und damit fatale politische Analyse der Weltlage. Interne Analysen
sind voll von überzogenem Optimismus für die Weltrevolution. Daraus wird der
Schluss gezogen, dass der quantitative Aufbau der Partei das ein und alles
ist und nachdem wir uns kurz vor einer revolutionären Periode (auch in
Mitteleuropa!) befinden würden die neuen GenossInnen in ein paar Monaten
oder Jahren sowieso im Kampf geschult werden. Das wäre ja angeblich viel
wichtiger, als irgendwelche Bücher zu lesen, weil so kann man ja keine neuen
Leute gewinnen."
War
die Machtergreifung der Bolschewiki unter Lenin und Trotzki im Spätherbst
1917 ein Putsch oder eine Revolution? Darüber debattiert man bis heute. Die
Tatsache, dass die revolutionären Bewegungen in Mitteleuropa nach dem Ersten
Weltkrieg gescheitert sind, was für die Teilnehmer eine Tragödie war, steht
außer Diskussion. Wenn also jetzt diese Sekte glaubt, in Mitteleuropa
bestehe eine revolutionäre Situation, dann ist das lediglich eine Farce. Die
letzte halbwegs erfolgreiche Revolution in Wien fand 1848 statt und ihre
Träger waren hauptsächlich Kleinbürger.
"Die Philosophie
der führenden Theoretiker der L5I, zu denen auch Gen. Michael Pröbsting
gehört, verlangt um jeden Preis die bevorstehende weltweite Krise. Dabei
genügt den GenossInnen die Aufzählung genügend vieler Beispiele, anstelle
einer Untersuchung der weltwirtschaftlichen Situation." Dass die Realität
nicht ihrer Philosophie entspricht, stört sie nicht, denn sie glauben, und
der Glauben versetzt, wie man aus der Bibel weiß Berge.
"30-50 Mitglieder
bringen so und so viele Delegierte auf der World Revo-Konferenz. Wie viele
Mitglieder hat den Revo-Österreich? Schwer zu sagen, schließlich gibt es gar
keine Mitgliedschaft! Zu den Demos zu kommen, damit wieder große Blöcke
fotografiert werden können, die dann um die Welt geschickt werden genügt, um
zu diesen 30-50 zu zählen!"
Und weiter: "Der
ganze Erfolgslauf von ASt und REVOLUTION-Österreich ist eine Fassade um
Pröbstings Position in der L5I gegenüber der Opposition und der deutschen
Sektion zu stärken. Wir haben lange dieses Spiel mitgespielt, damit ist nun
Schluss. Dafür werden wir nun gemobbt und Kontaktaufnahme mit anderen
Mitgliedern des ASt wird zu verhindern versucht."
"Tatsache ist, dass
sollte eine Mitgliedschaft eingeführt werden, wie es Gen. Michael
[Pröbsting] plant, nämlich als Anforderung der Zahlung von € 1,-/Monat
(siehe dazu den Plan für die Anti-Bush-Kampagne) könnte man natürlich auf
über 20 Mitglieder kommen, bei jeder, wenn auch nur geringfügig höhere
Anforderung aber nicht auf 15 Mitglieder."
"Jo,
Bildungsabbau is oasch"
Ganz so schlimm ist
die Lage des ASt nicht, denn "... zum Glück konnte etwa auf der HAK
Pernerstorfergasse in Wien 10 noch rechtzeitig vor der Aktionskonferenz mit
dem Funke letzten Herbst ein dritter Schüler gefunden werden der meinte:
"Jo, Bildungsabbau is oasch", und so konnte doch ... auch als Vertreter
eines Aktionskomitees in den SprecherInnenrat gewählt werden." Owe, und die
Zeitung der ASt ist auch kein Erfolg: "die letzte Zeitung war 50 Stück, und
die war nicht ausverkauft!"
Interessant ist auch: "Michael Pröbsting wird nämlich vollständig von der
Partei finanziert, obwohl die Partei finanziell dadurch bankrott ist"
In
der vom österreichischen Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie
1999 herausgegebenen Broschüre "SEKTEN / Wissen schützt" findet man folgende
Merkmale, die vor allem relevant sind, wenn mehrere von ihnen
zusammentreffen:
- die
Geschlossenheit der Gemeinschaft, die klaren Grenzen zwischen Anhängern
und Außenstehenden, die normierte Lebenspraxis im Inneren;
- die abseitigen
Ideen, die als nicht vermittelbare Glaubenswelten und
Lebensorientierungen fanatisch vertreten werden;
- die Konflikte mit
der Umwelt, vor allem persönliche Konflikte mit Angehörigen von
Mitgliedern und fallweise juristische Konflikte mit Behörden;
- die Abhängigkeit
der Mitglieder von einer charismatischen Führungsfigur bzw. von einer
Hierarchie, die Lehre und Praxis autoritär bestimmen.
Nun ist es ganz
klar, das von Michael Pröbsting angeführte Grüppchen weist alle Merkmale
einer Sekte auf.
Anmerkungen:
(1)
http://www.adf-berlin.de/wbb2/print.php?threadid=1025&page
=1&sid=9eb4f3823d50a42740b0d44d634553ac
(2)
http://www.labournetaustria.at/lili12.htm
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