Untersuchung:
Tod von palästinensischen Zivilisten
Peretz: Explosion am Strand von
Gaza möglicherweise Folge "interner palästinensischer Ursachen"
Auszüge aus einem Nachrichtenartikel, Ha'aretz,
11.06.2006
Übersetzung Daniela Marcus
Der israelische Verteidigungsminister Amir
Peretz sagte am Sonntag, der Tod von sieben palästinensischen
Zivilisten vergangenen Freitag am Strand von Gaza könnte eher auf
"interne palästinensische Ursachen" zurückzuführen sein als auf das
Artilleriefeuer der israelischen Verteidigungsarmee (IDF).
Es wurde ein von einem IDF-General angeführtes
Untersuchungsteam ernannt, um die Umstände des Vorfalls zu
ermitteln. Das Team untersucht sowohl die Möglichkeit "interner
palästinensischer Ursachen" wie die Frage, ob Artilleriefeuer der
israelischen Armee verantwortlich war. Dies sagte Peretz dem
israelischen Kabinett am Sonntag während eines Briefings über die
ersten Untersuchungsergebnisse.
Die bisherigen Ergebnisse, die das Untersuchungsteam dem
Verteidigungsminister am Samstagabend mitteilte, weisen auf
Geschützfeuer der IDF als Ursache für die Explosion hin. Von sechs
Granaten, die in der Gegend abgeschossen worden waren, blieb die
Landung einer Granate bisher ungeklärt, sagte Peretz. Er fügte
hinzu, dass es jedoch eine Kluft zwischen der Zeit, in der die
Granate abgefeuert worden war, und der Explosion am Strand gebe.
Der Verteidigungsminister bat das Komitee, seine vollständigen
Untersuchungsergebnisse bis Dienstag abzugeben.
Infolge der internationalen Verurteilung des Vorfalls vom Freitag
sagte der israelische Premierminister Ehud Olmert am Sonntag vor dem
israelischen Kabinett, er "weise kategorisch alle Versuche zurück,
die Moral der israelischen Verteidigungsarmee anzufechten". (…)
Die 20jährige, von der Explosion betroffene Palästinenserin Ayham
Ghalia sagte gegenüber Ha’aretz, zunächst sei eine leere Granate
beinahe 300 Meter entfernt von ihrer Familie gelandet und habe eine
lauten Knall verursacht, der die Strandbesucher dazu veranlasst
habe, wegzulaufen. Ghalias Familie schaffte es jedoch nicht
rechtzeitig.
"Plötzlich ging eine Granate über uns nieder und traf uns direkt",
sagte Ghalia. "Ich stand auf und konnte es nicht glauben.
Körperteile flogen überall herum. Die Hand meiner Schwester war
verstümmelt. Mein Vater war bereits tot. Er lag mit dem Gesicht im
Sand."
Eine der Fernsehkameras, die am Ort des Geschehens waren, drehte
Bilder der siebenjährigen Huda Ghalia, die am Strand nach noch
lebenden Familienmitgliedern suchte. Als sie ihren toten Vater
entdeckte, schrie sie: "Mein Vater ist tot, mein Vater ist tot."
Drei der Verwundeten wurden zur medizinischen Versorgung
schnellstens in israelische Krankenhäuser gebracht.
Im IDF-Divisionshauptquartier Gaza hatte das israelische Militär am
Samstag ein ausführliches Briefing. Dessen Schlussfolgerungen wurden
Generalstabschef Generalleutnant Dan Halutz und
Verteidigungsminister Amir Peretz übergeben.
"Wir haben immer noch keine exakte Analyse dessen, was dort
geschehen ist", sagten Militärquellen am Samstag gegenüber Ha’aretz.
"Die vernünftigste Erklärung, lautet, dass eine abgefeuerte Granate
von ihrem Weg abkam. Alle Daten, die sich auf die Lokalisierung der
gelandeten Granaten beziehen, stimmen jedoch nicht mit dieser
Theorie überein." (…)
IDF-Offizielle baten die Palästinensische Autonomiebehörde (PA),
exakte Informationen über den Ort und die Zeit der Explosion zu
liefern. Die PA ist dieser Bitte bisher jedoch nicht nachgekommen.
(…)
Die USA drückten am Freitagabend ihr Bedauern über den Tod der
sieben Palästinenser (…) aus und riefen beide Seiten dazu auf,
gegenseitige Zurückhaltung zu zeigen und Aktionen zu vermeiden, die
die Spannungen infolge der Explosion verstärken könnten. Die USA
wiesen darauf hin, dass die israelische Regierung ein Statement des
Bedauerns veröffentlicht und eine Untersuchung gestartet hat.
"Wir rufen die Palästinensische Autonomiebehörde auf, alle Akte des
Terrors zu verhindern. Hierzu gehört auch das Abfeuern von Raketen
aus dem Gazastreifen", sagte der Sprecher des US-amerikanischen
Außenministeriums, Sean McCormack. (…)
Der Vorsitzende der PA, Mahmoud Abbas, rief den Leiter der
EU-Außenpolitik, Javier Solana, an, um mit ihm über die
Bombardierung zu sprechen. Danach sagte Solanas Büro gegenüber
Ha’aretz: "Die EU ist besorgt über die Entwicklungen im Gazastreifen
und ruft die IDF dazu auf, ihre Aktionen in dem Gebiet
einzuschränken."
Eine Sprecherin aus Solanas Büro fügte hinzu: "Die EU ist sich der
Sicherheitsprobleme, denen Israel in Folge der Terroraktivitäten im
Gazastreifen gegenüber steht, bewusst. Doch sie ist besorgt über die
Auswirkungen von IDF-Aktionen in dicht besiedelten Gebieten." Sie
sagte außerdem, Solana werde das Thema ziviler Opfer mit der
israelischen Außenministerin Tzipi Livni während eines Treffens
europäischer Außenminister am Montag in Luxemburg besprechen. (…)
hagalil.com 11-06-2006 |