"Begegnungen 2006":
Israelis aus Sderot, Türken und Deutschen
Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem
"Heute morgen wurden wir mit Alarmsirenen geweckt und
als ich meinen sechs Jahre alten Saguie zur Schule brachte, sagten sie mir:
heute lernen die Kinder nicht." Eti Schupadov aus Sderot nahe dem
Gazastreifen wird mit "schwerem Herzen" nach Deutschland fliegen zu einer
Begegnung von 150 jüdischen, muslimischen und christlichen Kindern in
Düsseldorf. Erstmals werden türkische Kinder an dem künstlerischen Seminar
teilnehmen, das vom verstorbenen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden,
Paul Spiegel im November 2005 initiiert worden ist.
"Mein kleiner Sohn leidet unter Ängsten. Hier in Sderot
ist die Hölle los. Ständig explodieren hier die Kassamraketen. Wenn es ruhig
wäre, wenn nur hier und da mal eine Rakete explodiert, hätte mein Mann nicht
Urlaub nehmen müssen, um mit unserem Sohn zusammen zu sein, während ich nach
Deutschland fliege", sagt Etti. Wenige Minuten vor dem Gespräch explodierte
neben einem Kindergarten in Sderot und vor eine Schule jeweils eine
Kassamrakete, ohne Opfer zu fordern, weil die Kinder nach Hause geschickt
worden waren. "Die Raketen auf Sderot sind vorsätzlicher versuchter Mord an
Zivilisten", sagt ein israelischer General im Radio. "Es macht keinen
Unterschied, dass die Raketen meistens nicht treffen." Am Sonntag wurde ein
Mann durch eine Rakete lebensgefährlich verletzt. Es gab auch schon Tote in
der Kleinstadt Sderot.
Zu "Begegnungen 2006" in Düsseldorf werden 15 Kinder und vier erwachsene
Begleiter aus Sderot sowie aus dem benachbarten Schaar Hanegew kommen und
vom 15. Juni bis zum 22. Juni bei Familien in Düsseldorf zu Gast sein.
"Die Jugendlichen aus Israel werden zu einem erweiterten Israelbild
beitragen und uns mit ihren tänzerischen Darbietungen begeistern", heißt es
in einer Pressemitteilung der von der Konrad Adenauer Stiftung, dem Axel
Springer Verlag und dem Auswärtigen Amt gesponserten Ereignis.
Bei einer öffentlichen Veranstaltung mit den israelischen, deutschen und
türkischen Jugendlichen in der jüdischen Gemeinde in Düsseldorf am Mittwoch,
dem 21. Juni werden Esra Cohen, Vorsitzender der jüdischen Gemeinde
Düsseldorf, der NRW-Minister Armin Laschet und Joel Lion von der
israelischen Botschaft reden. Der Zweck der Veranstaltung sei die
Verständigung zwischen Christen und Juden - in Düsseldorf erstmalig unter
Einbeziehung von Jugendlichen türkischer Abstammung - auf eine neue Ebene zu
heben.
"Wir wollen einfach auf eine moderne und positive Art und Weise rasch mehr
und ein besseres Verständnis zwischen den Kulturen erreichen. Musik, Tanz,
Lesungen und auch Mode sind die besten Mittler zur Verständigung. Musiknoten
sind international und so konnten bei unserem Konzert im Theater Brandenburg
im November letzten Jahres nach kurzem Sich-Kennenlernen unsere Gäste aus
Israel gemeinsam mit der Musikschule Brandenburg ein Konzert geben.
Voraussetzung eines Dialogs unter den Jugendlichen ist die gegenseitige
Achtung. Und Achtung ermöglicht, ja sie bedingt die Auseinandersetzung mit
dem Anderen", schreibt Michael Krebs, Projektleiter von malereimedizinmusik
in Köln. |