SPD empört:
Studienzentrum Weikersheim ehrt rechten Sektierer
MdL Stephan Braun:
"Ministerpräsident und CDU-Landeschef Oettinger muss endlich dafür sorgen,
dass diese Bildungsstätte nicht länger Bühne auch für Rechtsextremisten ist"
Das Studienzentrum Weikersheim (SZW) ist nach Ansicht
der SPD-Landtagsfraktion weder willens noch fähig, sich klar gegen
Rechtsextremisten und rechte Sektierer abzugrenzen. Der Abgeordnete Stephan
Braun, in der SPD-Fraktion für Fragen des Extremismus zuständig, forderte
Ministerpräsident Oettinger auch in seiner Eigenschaft als
CDU-Landesvorsitzender auf, "endlich dafür zu sorgen, dass diese so genannte
Bildungsstätte nicht länger Bühne auch für Rechtsextremisten ist".
Aktueller Anlass für die neuerliche Kritik Brauns an der
Arbeit des SZW ist die vom 19. bis 21. Mai geplante Jahrestagung, auf der
laut Einladung Ehrenpräsident Hans Filbinger zusammen mit Präsidiumsmitglied
Lienhardt Schmidt eine "Gedenkstunde zu Ehren von Prof. Dr. Lothar Bossle"
halten werden.
Der inzwischen verstorbene Bossle gehörte nach Angaben
Brauns zum Unterstützerkreis und festen Referentenstamm der rechten
Psychosekte VPM (Verein zur Förderung der Psychologischen Menschenkenntnis).
Den bayerischen Landtag beschäftigten auch seine vier Besuche in der
chilenischen Folterkolonie "Colonia Dignidad" und eine Reise zu einem
Mun-Kongreß in Südkorea.
Als Wissenschaftlicher Leiter und Präsident des Würzburger
"Instituts für Demokratieforschung" (IfD) erlangte er in den 80er Jahren mit
seiner so genannten "Doktorfabrik" bundesweit zweifelhafte Berühmtheit, weil
man mit entsprechender Brieftasche und rechter Gesinnung dort schnell zum
Titel kommen konnte.
Bossle unterhielt ebenfalls Verbindungen zu verschiedenen
Organisationen der Mun-Sekte wie zur "Professors World Peace Academy" und
zur "Conference for the Unity of Science". Zusammen mit dem Präsidenten von
"Professors World Peace Academy" Gerhard Radnitzky gab er unter dem Titel
"Selbstgefährdung der offenen Gesellschaft" den Extrakt eines Mun-Kongresses
als Buch heraus.
Selbst der bayrischen Staatsregierung ging das Treiben
Bossles schließlich zu weit. Sie ging disziplinarrechtlich gegen Bossle vor,
weil er auch in ihren Augen den Berufsstand des Hochschullehrers
diskreditiert hatte, und trennte sich 1989 von dem rechten
Pseudowissenschaftler. "Doch was den konservativen Bayern ein Gräuel ist,
ist Filbinger und seinen Mitstreitern in Weikersheim offensichtlich aller
Ehren wert", sagte Braun.
Es ist freilich nicht nur die Ehrung für Lothar Bossle,
die dem SPD-Abgeordneten bei der Jahrestagung des SZW sauer aufstößt. "Warum
schaffen die es nicht, sich endlich von ihrem Hausphilosophen Professor Dr.
Günter Rohrmoser zu trennen?", fragt sich Braun. Rohrmoser habe regelmäßig
für die "Junge Freiheit" geschrieben, habe in diesem neu-rechten Blatt die
rechtsextremen "Republikaner" gelobt und sich zu seinem 70. Geburtstag vom
ehemaligen RAF-Terroristen und heutigen Rechtsextremisten, Antisemit und
Holocaustleugner Horst Mahler als Laudator ehren lassen. Jetzt soll
Rohrmoser bei der SZW-Jahrestagung als Gastredner auftreten, "eine Schande",
wie Braun findet.
Auch ein Blick ins Präsidium des SZW erhärtet nach Ansicht
Brauns den Vorwurf, dass diese Einrichtung ein Scharnier zwischen
Rechtskonservativismus und Rechtsextremismus bildet. So sitze in dem
Führungsgremium Stefan Winkler, Buchautor im ultrarechten
Leopold-Stocker-Verlag und Gelegenheitsautor der neurechten "Jungen
Freiheit". Auch der vormalige Präsident Klaus Hornung mische an der Spitze
des SZW immer noch mit. Der Berliner Extremismusexperte Hajo Funke sieht in
Hornung einen Mann, der "seit zwanzig Jahren eine zentrale Mittlerrolle zu
den extremen Rechten einnimmt".
hagalil.com 16-05-2006 |