Ausstellung ehrt türkischen Diplomaten:
Visum fürs Leben
Im Rahmen der akademischen, geschlossenen Podiumsdiskussion
"Antisemitismus, Islamophobie und Fremdenfeindlichkeit" am 23. Mai im
Türkischen Haus Berlin zeigen die Türkisch Islamischen Union der Anstalt für
Religion e.V. (DITIB) und der Zentralrat der Juden in Deutschland K.d.ö.R.
die Ausstellung "Visum
fürs Leben" des Außenministeriums des Staates Israel und der
Gedenkstätte Yad Vashem.
Mit dieser Ausstellung werden Diplomaten geehrt, die tausende
von Menschen - hauptsächlich Juden - während der Nazi-Zeit retten konnten,
darunter der damalige türkische Generalkonsul auf der griechischen Insel
Rhodos,
Selahattin Ülkümen (1914-2003).
Für
die Öffentlichkeit ist die Ausstellung anschließend vom 27. Mai bis Ende
Juni in der Vater-Unser-Kirche, Detmolder Straße 17, Berlin-Wilmersdorf,
zugänglich.
Nur wenige wissen heute, wie Selahattin Ülkümen (1914-2003, im Bild rechts
auf einer israelischen Briefmarke) sich vor über 60 Jahren einen Ehrenplatz
in der Geschichte des 20. Jahrhundert erworben hat. 1944 war er
Generalkonsul der Türkischen Republik in Rhodos. Die Insel gehörte seit dem
16. Jahrhundert zum Osmanischen Reich und wurde 1912 von Italien besetzt.
Nach dem Sturz Mussolinis 1943 marschierten deutsche Truppen ein. Seit
Jahrhunderten hatten in Rhodos Juden gelebt, Nachkommen der 1492 aus Spanien
vertriebenen Juden. 1934 zählte die Gemeinde 3.700 Mitglieder. 1944 war die
Zahl bis auf etwa die Hälfte dezimiert. Im Sommer entsandte die deutsche
Besatzungsmacht zur Vorbereitung der Deportation der Juden einen Mitarbeiter
Eichmanns nach Rhodos.
Ülkümen stellte den Juden in Rhodos, die einst osmanische Staatsbürger
waren, unter großzügiger Auslegung seiner Dienstvorschriften türkische Pässe
aus. Auch ihre Ehepartner und Kinder erhielten diese Dokumente. Selbst
einigen Menschen, die keinerlei Verbindung zur Türkei hatten, stellte er in
Zuwiderhandlung gegen geltendes türkisches Recht Papiere aus.
Mindestens 42 Menschen bewahrte er vor dem Weg in die Gaskammern. Etwa 1.700
Juden aus Rhodos wurden am 23. Juli 1944 nach Auschwitz-Birkenau deportiert.
Später bombardierte die Besatzungsmacht Ülkümens Haus in Rhodos, seine
schwangere Frau starb an den Folgen ihrer Verletzungen.
Später sagte Ülkümen, er habe keine der Juden in Rhodos gekannt, habe nichts
weiter mit ihnen zu tun gehabt. "Alles, was ich getan habe, war, meinen
Pflichten als menschliches Wesen nachzukommen." Im Gegensatz zu
diplomatischen Vertretern anderer Länder, die sich über ihre Dienstpflichten
hinaus für Juden eingesetzt hatten, wurden Ülkümen vom türkischen Staat
nicht diszipliniert oder bestraft.
1990 wurde Selahattin Ülkümen durch den Staat Israel mit dem Titel
"Gerechter unter den Völkern" ausgezeichnet. Im Ehrenhain von Yad Vashem
erinnert ein Baum an den Judenretter. Am 7. Juni 2003 verstarb Ülkümen in
Istanbul im Alter von 89 Jahren. (Nach einem
Artikel von Dr.
Hans-Peter Laqueur, Bremen) |