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Polen:
Zwei Patrioten für ein Halleluja

Sieben Monate nach den Wahlen gehen die Rechtskonservativen in Polen eine Koalition mit den rechtsextremen Parteien ein.

Von Oliver Hinz
Jungle World 20 v. 17.05.2006

Ein demagogischer Krimineller und ein berüchtigter Nationalist vertreten von nun an Polen im Brüsseler Ministerrat. Alle Partner der Europäischen Union schweigen jedoch zur neuen Regierung in Polen. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin begründet dies im Gespräch mit der Jungle World so: "Wir kommentieren die innenpolitische Entwicklung in anderen Ländern nie." Ohnehin bleibt die Frage, was eine heftige Reaktion der EU, wie etwa einst auf die Beteiligung der FPÖ von Jörg Haider an der österreichischen Regierung, in diesem Fall bringen würde.

So kamen diesmal lediglich von der polnischen EU-Regionalkommissarin Danuta Hübner kritische Worte. "Polen ist ein so wichtiges Mitgliedsland, eine so große Gesellschaft in Europa, dass wir alle auf das blicken, was dort passiert, und jetzt sind wir alle ein wenig besorgt, was morgen und übermorgen sein wird", bekannte die parteilose Politikerin in der vorigen Woche in Warschau. Für Polen ist es der Kommissarin zufolge jetzt wichtig, den Partnern in der EU zu sagen: "Fürchte dich nicht, Europa, alles wird gut."

Doch diese Botschaft verkündet die neue rechts-nationalistische Regierung in Polen nicht. Am Freitag der vorvergangenen Woche holten die anfangs allein regierenden Rechtskonservativen der Partei Recht und Gerechtigkeit (Pis) die Extremisten ins Kabinett, um sich gut sieben Monate nach den Wahlen endlich eine Mehrheit im Parlament zu sichern. Sowohl der Anführer der rechtspopulistischen Partei Samoobrona, Andrzej Lepper, als auch der Vorsitzende der rechtsextremen Liga der Polnischen Familien (LPR), Roman Giertych, stiegen zu stellvertretenden Ministerpräsidenten auf. Beide erhielten zudem mit dem Landwirtschafts- beziehungsweise dem Bildungsministerium ihre Wunschressorts.

Damit dankte der Vorsitzende der Pis, Jaroslaw Kaczynski, beiden Parteien für die bisherige Unterstützung der Minderheitsregierung. Bereits im November hatten die Partei Samoobrona und die LPR Kazimierz Marcinkiewicz von der Pis ins Amt des Ministerpräsidenten verholfen. Mit der Aufnahme der beiden rechten Parteien in die Regierung zögerte die Pis jedoch. Schließlich verachteten sich die Anführer der drei Parteien lange Zeit. Fast zwei Drittel der Bürger lehnen Umfragen zufolge die Beteiligung von Lepper und Giertych an der Regierung ab.

So brauchte die Pis einen Vorwand. Sie beantragte Neuwahlen im Wissen, dass sie dafür nicht die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit erhalten würde. Denn die Abgeordneten wollten nicht ihren Sitz riskieren oder versprachen sich, wie die größte Oppositionspartei, die konservativ-liberale Bürgerplattform (PO), von späteren Wahlen mehr. Doch die Pis konnte anschließend die rechtsnationalistische Koalition besser als den "einzigen Weg aus der Krise" darstellen.

Gegen Lepper und Giertych in der Regierung protestierten vor allem Schüler und Studenten. Schon am Tag, als Staatspräsident Lech Kaczynski, der Zwillingsbruder des Vorsitzenden der Regierungspartei, Jaroslaw Kaczynski, die Extremisten als Minister vereidigte, steckten sich Hunderte Warschauer Stroh in die Schuhe. Angeführt von einem früheren liberalen Oberbürgermeister veräppelten sie Lepper als Provinzbauern und sangen auf der Demonstration: "So ein Prolo".

Vier Tage später zogen 2 000 junge Leute von der Warschauer Universität zum Parlament. Am vorvergangenen Wochenende gab es Demonstrationen in zehn Großstädten unter dem Motto: "Wir sind wütend". Zu ihnen rief eine spontan gebildete Gruppe von Jugendlichen auf, die keiner Partei angehören.

Auch der parteilose Außenminister Stefan Meller legte aus Protest gegen Leppers Eintritt in die Regierung sein Amt nieder. Erst nach eineinhalb Wochen ernannte Präsident Kaczynski eine Nachfolgerin: die bisherige Vizeministerin Anna Fotyga von der Pis. Viel Erfahrung bringt die neue Außenministerin, die früher Europaabgeordnete und Englisch- und Russischlehrerin war, nicht mit. Lech Kaczynski hält jedoch viel von ihr. Schon 1981 war sie seine Mitarbeiterin in der Gewerkschaft Solidarnosc. In Polen gilt sie deshalb als Unterstützerin des Präsidenten in der Regierung, der nun der wahre Außenminister sei.

Eine der Hauptaufgaben der neuen Ministerin wird es sein, im Ausland Vertrauen zu gewinnen. Zu schlecht ist der Ruf von Lepper und Giertych. Die gegen Diskriminierung kämpfende US-amerikanische Organisation Anti-Defamation League warf Lepper und Giertych "Sympathie für rassistische und antisemitische Sichtweisen" vor. Lepper arbeite mit einer antisemitischen Privathochschule in der ukrainischen Hauptstadt Kiew zusammen, die ihm vor zwei Jahren die Ehrendoktorwürde verlieh. Lepper selbst erklärt hingegen, er dulde bei Samoobrona keinen Antisemitismus. Die von ihm autoritär geführte Organisation gehört zu den reichsten Parteien Polens. Häufig macht sie Stimmung gegen die USA. Ein Abgeordneter schimpfte kürzlich: "Die heutige amerikanische Besatzung in Polen ist schlimmer als die sowjetische." Doch ein anderer Abgeordneter geht für die Rechte von Schwulen und Lesben auf die Straße.

Just zum Antritt Leppers im Landwirtschaftsministerium verurteilte ein Berufungsgericht ihn wegen übler Nachrede zu einer 15monatigen Bewährungsstrafe. Denn er hatte im Jahr 2001 im Parlament sozialdemokratische und rechtsliberale Politiker pauschal der Korruption bezichtigt. Der Ministerpräsident Marcinkiewicz nahm das Urteil gelassen und sprach nur von einer "unangenehmen Situation".

Lepper dürfte es schwer fallen, die Bewährungsauflage des Gerichts, fünf Jahre lang niemanden zu verleumden, einzuhalten. Beim Einzug ins Kabinett ging er den parteilosen Außenminister Stefan Meller hart an und provozierte so dessen Rücktritt. "Der Minister macht aus sich keinen ernsthaften Menschen, um nicht zu sagen einen Narren", beschimpfte Lepper ihn.

Giertychs klerikalnationalistische LPR hat so viele junge Abgeordnete wie keine andere Partei. Ihr Minister für Meereswirtschaft und Fischerei, Rafal Wiechecki, ist gerade mal 27 Jahre alt. In Umfragen liegen die klerikalen Nationalisten bei nur noch fünf Prozent. Bei den Wahlen bekamen sie noch acht Prozent. Polen drohe in der EU die "deutsche Kolonisierung", der "polnische Boden" würde ausverkauft, warnte die Partei noch im vorigen Jahr.

hagalil.com 26-02-2006

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