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Fatah vs. Hamas:
Machtkampf oder Bürgerkrieg

Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem

Im Gleichschritt marschieren vermummte Kämpfer durch Khan Younis. Geschultert haben sie M-16 Gewehre, Panzerfäuste oder Kalaschnikow-Schnellfeuergewehre russischer Bauart. Manche tragen nur Sandalen. Die Elitetruppe der Hamas-Regierung präsentiert sich martialisch. Das unmilitärische Schuhwerk sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich hier um gut trainierte Kämpfer aus dem Untergrund handelt. Es sind jene "Terroristen", die Israel mit Kampfhubschraubern sucht und abschießt. Die Truppe wurde über Nacht aus dem sogenannten Volkswiderstand "rekrutiert". Dennoch kann von einer offiziellen Regierungsstreitmacht keine Rede sein.

Mit nacktem Oberkörper, ohne Waffe, aber mit richtigen Uniformhosen und militärischen Stiefeln rannten gleichzeitig in Gaza hunderte Männer durch die Straßen. Die sind Mitglieder der Polizei, also jener 70.000 Mann starken Sicherheitskräfte, die Präsident Mahmoud Abbas unterstehen. In Sprechchören verkündeten sie ihre Loyalität zu dem im Januar gewählten Vorsitzenden der Fatah-Partei und Präsidenten. Doch in Wirklichkeit war das keine Jubelparade für Abbas, sondern Protest gegen die im Februar siegreich aus den Parlamentswahlen hervorgegangene Hamas und ihre bewaffnete Miliz.

In den Palästinensergebieten brodelt schon ein blutiger Machtkampf zwischen Islamisten und weltlichen Fatahleuten.

Solange die Fatah vierzig Jahre lang unangefochten an der Macht war, alle Regierungsämter kontrollierte und mit üppiger Finanzhilfe aus aller Welt sich die Loyalität ihrer Sicherheitskräfte erkaufen konnte, wurden Attacken der Islamisten als "Familienfehden" oder Verbrechen einer Mafia abgetan. Dabei war der Mord an Mussa Arafat, einem Neffen des verstorbenen Präsidenten Jassir Arafat, weit mehr als nur ein Meuchelmord an einem korrupten Sicherheitschef. Auch die kaum beachtete Schießerei unter Leibwächtern verfeindeter Lokalpolitiker, als Abbas im Januar in einem Zelt in Gaza Glückwünsche für seine Wahl entgegennahm und zwei Männer getötet wurden, war mehr als nur ein krimineller Akt mit tödlichem Ausgang.

Der palästinensische Menschenrechtler Bassem Id hat seit September 2000 insgesamt 365 tote Palästinenser unter der Rubrik "Brüder gegen Brüder" registriert. Hinzu kommen noch 119 außergerichtlich auf der Straße ermordete "Kollaborateure". Zwei "Kollaborateure" wurden zum Tode verurteilt und mit Arafats Segen hingerichtet. 6 Palästinenser wurden im Gefängnis zu Tode gefoltert. Allein seit Jahresbeginn wurden mindestens 40 Palästinenser durch ihre Landsleute getötet. 2005 waren es 113. Auf die Frage, ob jemals einer der Mörder vor Gericht gestellt worden sei, schoss es auch Bassem Id heraus: "Niemals, kein einziger."

Nicht nur "Streitkräfte" von Hamas und Fatah im Gazastreifen stehen sich gegenüber. Auch im Westjordanland gab es schon Anzeichen eines bewaffneten Machtkampfes. Mehrmals wurde das Parlamentsgebäude gestürmt, mal von der Fatah und mal von der Hamas. Die Straße zum Büro von Präsident Abbas wurde mit Betonblöcken gesperrt, aus Furcht vor einer Autobombe. Einmal verschob Abbas einen Besuch in Gaza, weil Israel ihn über einen Mordkomplott informiert hatte. Der Tod von Abbas könnte einige "Probleme" lösen, denn sein automatischer Nachfolger wäre der Parlamentspräsident: ein Hamas-Mann.

Beide Seiten, Fatah wie Hamas, haben gute Gründe, gegen die "Anderen" vorzugehen und darob zeitweilig den gemeinsamen Kampf gegen Israel zu vernachlässigen, wie Hamas-Auslandschef Chaled Maschal bemängelte. Gleichwohl häufen sich die Versuche, Selbstmordattentäter nach Israel zu schicken oder Kassamraketen abzuschießen.

Die Fatah ist nach vierzig Jahren Alleinherrschaft frustriert über ihre Wahlniederlage. Geradezu entehrend ist die Aussicht, von Hamas-Islamisten Befehle erteilt zu bekommen. Während der Proteste gegen die Mohammad-Karikaturen, ließen Polizisten der weltlichen Fatah, nicht Islamisten, ihrem Frust Freilauf an der Außenstelle der deutschen Vertretung und am ARD-Büro.

Die Kassen der Regierung sind leer. Seit März bekommen auch die bewaffneten Polizisten kein Gehalt. Da Hamas die Regierung stellt, trägt sie am Ende die Verantwortung für die ausbleibenden Bezüge. Für jeden einzelnen Polizisten spielt es nur eine untergeordnete Rolle, dass die EU und die USA ihre Finanzhilfe eingestellt haben und Israel Steuergelder und Zölle zurückbehält.

Hamas hat zwar die Wahlen gewonnen und stellt die Regierung, wird aber ihrer Macht nicht froh. Schlag um Schlag beschneidet Präsident Abbas die Kompetenzen der Regierung. Erst richtete er ein Verfassungsgericht ein, um von der Hamas verabschiedete Gesetze zu kappen. Er legte ein Veto gegen die Ernennung des von Israel steckbrieflich gesuchten Top-Terroristen Jamal Samahanda zum Sicherheitschef ein. Die dreitausend-Mann starke Miliz in Gaza, eine offene Herausforderung gegen Abbas, wurde vom Präsidenten für "illegal" erklärt. Die offiziellen Streitkräfte unterstanden bisher dem Innenminister und handverlesenen "Sicherheitschefs" wie Dschibril Radschoub oder Muhammad Dahlan. Das will Abbas nicht zulassen, solange Hamas regiert.

Ob dieser Streit um Macht und Kompetenzen in einen "Bürgerkrieg" mündet, ist eine Definitionsfrage. Selbst nach zehntausenden Toten wird im Irak nicht von einem Bürgerkrieg gesprochen. Dass andererseits in den Palästinensergebieten ein politischer Machtkampf zwischen zwei mächtigen Partei blutig und nicht mit demokratischen Mitteln ausgetragen wird, liegt auf der Hand. Wo das hinführt, ist Spekulation. Israel hält sich heraus, ist dennoch ein Akteur, wenn es im Rahmen seines Kampfes gegen den Terror mal Fatah-Aktivisten und mal militante Hamasleute verhaftet, aus der Luft liquidiert oder bei Feuergefechten tötet. Die einzigen Vermittler, vor Allem im Gazastreifen, sind die Ägypter. Unfreiwillig tragen sie die Verantwortung, nachdem Israel sich zurückgezogen hat und seine Grenzen geschlossen hat. So haben die Palästinenser nur über Ägypten Kontakt zur Außenwelt. Die Ägypter haben ein Eigeninteresse daran, dass ihnen der Gazastreifen nicht in den Händen explodiert.

© Ulrich W. Sahm / haGalil.com

hagalil.com 18-05-2006

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