Die Knesset hat abgestimmt:
Es gibt in Israel eine neue Regierung
Die neue Regierung hat sich auf den Weg gemacht: Mit
einer Mehrheit von 65 Knessetabgeordneten gegenüber 49 Gegenstimmen und 4
Abwesenden rief die Knesset gestern Abend (Donnerstag) die 31. Regierung des
Staates Israel mit 25 Ministern aus. Die Knessetabgeordnete Marina Solodkin,
Nummer 6 bei Kadima, hat aus Protest dagegen, dass sie in der neuen
Regierung kein Amt erhalten hat, nicht an der Abstimmung teilgenommen. Der
Knessetabgeordnete Majali Wahaba von Kadima, der ebenfalls nicht für die
Regierung gestimmt hatte, gab nach und stimmte letztendlich für die
Regierung.
Sofort nach der Abstimmung der Vollversammlung wurden die neuen Minister
vereidigt. Der erste war Ehud Olmert, der versuchte eine Vertrauenserklärung
zu unterzeichnen, doch drei Stifte versagten. Beim vierten Versuch klappte
es. Am Ende der Abstimmung und nach der Vereidigung begaben sich Olmert und
die Minister zur Residenz des Staatspräsidenten, um sich gemeinsam auf einem
traditionellen Photo verewigen zu lassen und auf die neue Regierung
anzustoßen.
Zu Beginn der Gespräche hielt Olmert eine Rede und bat die Vollversammlung
der Knesset offiziell darum, die Ernennung der Minister zu genehmigen. Er
sagte, dass seine Regierung in den vergangenen zehn Jahren am sparsamsten
war und rief zu politischen Diskussionen ohne Hetze auf: "Es gibt niemanden
in der Politik, der den Prozess zur Regierungsbildung mag", so Olmert. "Ich
war an der Bildung von zahlreichen Regierungen in mehr als 30 Jahren
beteiligt. Ich kann mich an kein einziges Mal erinnern, bei dem es keine
Kritik und scharfe Äußerungen über Verschwendung und die Stellvertreter der
Minister gegeben hat. Da gibt es nichts Neues."
"Es scheint mir, dass dies eine Regierung ist, in der es weniger
Amtsvertreter gibt, als in jeder anderen Regierung in den letzten 10 Jahren.
Es gibt nur 25 Amtsträger und nicht 25 und 10 oder 15 weitere
Stellvertretende Minister. Dies sind die verhaltensten Koalitionsabkommen in
den letzten 10 Jahren. All die Wirtschaftskommentatoren, die die Abkommen
studiert haben, sind sich einig darüber, dass dies die verhaltensten
Abkommen sind, die seit langen Jahren in Israel unterzeichnet wurden", so
Olmert.
"Es hat einen Versuch gegeben, der vielleicht beispiellos war", so der neue
Ministerpräsident, "wir haben nicht versucht, die zentrale Tagesordnung der
Regierung der Nation zu verheimlichen. Noch am Vorabend der Wahlen und
direkt in deren Anschluss haben wir auf die öffentliche Tagesordnung
scharfe, klare, politische Prozesse gesetzt, bei denen man sich nicht irren
kann und von denen man sich nicht drücken kann. Die gesamte Regierung wird
gemäß der Verpflichtung agieren, die ich mitgeteilt habe. Auch in Bezug auf
die gesellschaftlichen Themen ist dies eine Regierung, die dazu verpflichtet
ist, sich diesen Problemen zustellen, was zuvor nicht geschehen ist. Man
kann davor nicht die Augen verschließen, dass in dieser erfolgreichen
Regierung, deren Wirtschaft blüht, es einen sehr großen Bevölkerungsanteil
gibt, der in großer Bedrängnis lebt. Wir werden uns um diese Probleme
kümmern, dabei keine dramatischen Veränderungen einführen, jedoch den
Versuch machen, einen humanen Rahmen zu bilden, in dem es Mitleid und
gesellschaftliche Verantwortung gibt."
Aufbau der neuen Regierung:
Ehud Olmert – Ministerpräsident
Tzipi Livni – Außenministerin und Stellvertretende
Ministerpräsidentin
Avraham Hirshson – Finanzen
Amir Peretz – Sicherheit und Vizeministerpräsident
Juli Tamir – Erziehung
Eli Ishai – Industrie und Handel und Vizeministerpräsident
Benyamin Ben Eliezer – Infrastruktur
Yitzhak Herzog – Tourismus
Ofir Pines – Kultur und Sport
Shalom Shimhon – Landwirtschaft
Eitan Kabel – ohne Geschäftsbereich, Rundfunkbehörden
Ariel Atias – Kommunikation
Yakov Ben Yizri – Gesundheit
Rafi Eitan – Minister für Angelegenheiten der Rentner
Roni Baron – Inneres
Avi Dichter – innere Sicherheit
Haim Ramon – Justiz
Meir Shitrit – Bau und Wohnungen und Behörde für Landverwaltung
Zeev Boim – Einwanderung und Integration
Gideon Ezra – Umweltschutz
Yakov Edri – Verbindung zwischen Regierung und Knesset
Yitzhak Cohen – ohne Geschäftsbereich
Meshulam Nahari – ohne Geschäftsbereich
Shimon Peres – Entwicklung des Negev und des Galil
Daliah Itzik – Knessetvorsitzende
"Wir müssen unsere Diskussion ohne Kompromisse führen und trotzdem mit
Geduld und Rücksichtnahme. Lasst uns gemeinsam entscheiden, dass wir
bestimmte Grenzen nicht überschreiten", so Olmert.
Olmert spielte auch auf seine Distanzierung von den Worten des Vorsitzenden
der Partei Israel Beitenu, Avigdor Liberman, an, der in seiner Rede vor der
Vollversammlung gestern Mittag die arabischen Knessetabgeordneten
angegriffen hatte und dazu aufrief, "diese wie vor dem Nürnberger Gericht
hinzurichten".
Dazu sagte Olmert: "Ich will, dass das klar ist, es gibt in dieser Knesset,
nicht einen einzigen Menschen, der meines Wissens und nach meinem
Verständnis, den wirklichen Interessen des Staates Israel nicht treu ergeben
ist. Es gibt hier niemanden, der mehr Patriot oder jemanden, der weniger
Patriot ist. Es gibt hier niemanden, der ein Monopol für Vaterlandsliebe
hat, während andere das Land hassen. Da mache ich keine Unterscheidung,
nicht innerhalb der jüdischen Bevölkerung, nicht in der jüdischen Vertretung
und nicht in der nicht-jüdischen Vertretung und es kann nicht sein, dass wir
die Diskussion über ernste Themen und Probleme ausweiten auf Gebiete von
intolerantem und ungeduldigem Extremismus."
Die neue Regierung umfasst Minister der Kadima-Partei, der Arbeitspartei,
von Shas und der Rentnerpartei. Zur Stunde befinden sich Yahadut Hatora,
Merez und Israel Beteinu auf den Bänken der Opposition. Olmert hatte gestern
seine Hoffnung ausgedrückt, dass sich Yahadut Hatora und Merez der engen
Koalition anschließen.
Zuvor hatte Olmert gestern eine Rede vor der Knesset gehalten und die Linien
des Regierungs- und des Rückzugsprogramms dargestellt: "Die Fortführung der
jüdischen Siedlung in der gesamten Westbank gefährdet uns", so Olmert. Auch
der Vorsitzende der Opposition Benyamin Netanyahu sprach zum ersten Mal vor
der 17. Knesset und - dem frischen Oppositionsführer gebührend - griff er
die Kadima-Partei wegen ihrer Koalitionsbildung mit der "großen und
verschwenderischen" Regierung.
Im Laufe der Vollversammlung vor der Regierungsvereidigung wurde die
Knessetabgeordnete Daliah Itzik zur Vorsitzenden der Knesset gewählt und
damit ist sie die erste Frau in diesem Amt. Die Knessetabgeordnete Itzik
beschrieb in ihrer Rede ihr zentrales Ziel: "Die Würde des Hauses wieder
herzustellen, die von der Bevölkerung bei den Wahlen bestraft wurde". "Dies
ist eine besondere Stunde für mich. Ich habe seit meiner Kindheit im
Jerusalemer Bezirk Romema bis zu diesem Moment einen langen Weg
zurückgelegt, in dem ich auf dem Stuhl sitze, auf dem die Vorväter der
israelischen Demokratie gesessen haben", so Itzik.
ynet, Yediot, 05.05.,
www.israel.de
hagalil.com 07-05-2006 |