SWR nimmt Reportage aus dem Programm:
Palästinensische Christen in Angst vor Repressalien
Von Ulrike Letzien
"Terror gegen Christen – Bethlehems bedrohte
Minderheit" heißt die Reportage, in der der Filmemacher Uri Schneider über
Gewalt und Ungleichbehandlung gegenüber Christen in den palästinensischen
Autonomiegebieten berichtet. Eigentlich sollte der Film am 12. März im SWR
(ein Sender der ARD) laufen. Doch er wurde aus dem Programm genommen.
Schneiders Interviewpartner hatten darum gebeten - sie fürchteten sich vor
neuen Angriffen.
Dass der Film nicht, oder zumindest vorläufig nicht
gesendet wird, bedeute nicht, dass es irgendwelche Zweifel an den Fakten
gebe, heißt es von Seiten des SWR. Der Film werde zurückgezogen, "um die in
der Dokumentation auftretenden Informanten nicht zu gefährden. Es wäre in
höchstem Maße fahrlässig, sie einer Gefahr auszusetzen, deren reales Ausmaß
vom sicheren Boden Europas aus nicht abzuschätzen ist."
Wenn man die Inhaltsbeschreibung des Films von Uri
Schneider liest, wundert es einen nicht mehr, dass sich Schneiders
Interviewpartner in ihrem Land nicht sicher fühlen. Denn augenscheinlich
sind sie es nicht: "Mord, Landraub, Vergewaltigung, Gewalttaten auf offener
Straße. Seit etwa zehn Jahren terrorisieren islamische Fundamentalisten die
christliche Bevölkerung Bethlehems. Eine Minderheit, die sich nicht wehren
kann. Die palästinensische Autonomieregierung und ihre Sicherheitskräfte
schauen tatenlos zu."
Der Menschenrechtler Samir Qumsieh hat inzwischen mehr als
140 Gewalttaten gegen Christen aufgelistet. Er ist einer der wichtigsten
Protagonisten in Uri Schneiders Film. Mit seinem kleinen Fernsehsender "Al
Mahat" versucht er, der christlichen Minderheit Gehör zu verschaffen. Er
lässt Opfer von Gewalt gegen Christen in seinen Sendungen sprechen. Bislang
allerdings weitgehend erfolglos.
Was in den Palästinensergebieten mit den Christen
geschieht, ist keine staatlich organisierte Christenverfolgung, so Uri
Schneider in einem Interview mit dem Radiosender Deutschlandradio Kultur.
Die Christen dürften ihre Religion offiziell frei ausüben. "Die Gewalttaten
kommen aus der Bevölkerung. Und meistens werden sie von den Behörden nicht
verfolgt, die Täter bleiben unbestraft." Mit der Hamas-Regierung könnte sich
die Situation sogar noch verschärfen.
Über die christliche Minderheit in den
Palästinensergebieten wird in deutschen Medien nur selten berichtet. Die
Palästinenser erscheinen eher als einheitlicher Block und einstimmiger
Gegner Israels. "Diese Einheit ist ein Mythos", meint Uri Schneider.
Natürlich träfen die Einschränkungen durch die israelische Politik nicht nur
die muslimischen sondern auch die christlichen Palästinenser. Die Christen
verhielten sich aber ruhig und hätten sich an keiner Intifada beteiligt. Als
nicht-muslimische Palästinenser "sitzen sie in diesem Konflikt zwischen den
Stühlen", so Schneider.
Auch wenn Uri Schneiders Film nicht vorerst laufen kann:
ARD und SWR lassen das Thema nicht fallen. Für April und Mai sind
Diskussionen und Reportagen dazu geplant. Dabei werden auch einige
Ausschnitte aus Schneiders Film gezeigt. "Die brisantesten Stellen können
wir leider nicht zeigen", bedauert der Filmemacher.
hagalil.com 19-04-2006 |