Der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands:
"Spiegels größtes Anliegen war die Aufklärung der Nichtjuden
über das Judentum in Deutschland"
"Die
deutsche Sozialdemokratie trauert um den Präsidenten des Zentralrates der
Juden in Deutschland, Paul Spiegel", so der designierte Vorsitzende der
Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, Ministerpräsident Kurt Beck zum
Tode des Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul
Spiegel. "Paul Spiegel hat sich seit 1999 in
unserem Land große moralische Autorität erworben. Sein Amt hat er mit großer
Integrität und persönlicher Bescheidenheit ausgeübt. Sein größtes Anliegen
war immer die Aufklärung der Nichtjuden über das Judentum in Deutschland. Im
Kampf gegen Antisemitismus und Rechtsextremismus hat Paul Spiegel niemals
resigniert und trotz deprimierender Rückschläge lebte er gern in
Deutschland.
Paul Spiegel war ein sehr überzeugender Präsident des Zentralrates der
Juden: Wir trauern mit seiner Familie um einen liebenswürdigen Menschen und
engagierten Staatsbürger", so Beck. Die ehemaligen
Bürgermeister von Bremen, Hans Koschnick (SPD) und Henning Scherf (SPD),
bezeichneten Spiegel als einen zukunftsorientierten Sprecher der Juden.
Koschnick sagte, Spiegel habe einer "jungen Generation gezeigt, wie man die
Zukunft in den Blick nehmen kann, ohne bei der Vergangenheit wegzuschauen".
Scherf nannte Spiegel "eine integrierende und liebenswürdige Stimme" der
wieder wachsenden jüdischen Gemeinden.
Von einem "großen Demokraten und einem überzeugten Mitstreiter für
Menschlichkeit, Achtung und Toleranz" sprach Gerhard Schröder: "Paul Spiegel
war ein Mann des Dialogs zwischen den Religionen und ein Brückenbauer zur
jüdischen Welt und zum Staat Israel."
"Wir verlieren einen Freund, dessen Rat und Klugheit uns fehlen werden,
dessen Tatkraft und Menschenfreundlichkeit wir vermissen", sagte
Außenminister Frank-Walter Steinmeier. In einer
Mitteilung der Grünen-Fraktionsvorsitzenden Renate Künast und Fritz Kuhn
heißt es, Spiegel habe insbesondere für die institutionelle Anerkennung der
jüdischen Gemeinde Großes geleistet.
Spiegel sei "ein sehr standhafter Mensch ohne zu viel Diplomatie" gewesen,
meinte Linkspartei-Chef Lothar Bisky.
"Sein Eintreten für den sozialen und inneren Frieden, sein
unerschrockenes Engagement gegen Fremdenfeindlichkeit, gegen Gewalt und Hass
hat uns immer ermutigt uns wachsam gehalten", erklärte der
AWO-Bundesvorsitzende Wilhelm Schmidt.
2001 verlieh die Arbeiterwohlfahrt dem Präsidenten des
Zentralrates der Juden in Deutschland den Heinrich-Albertz-Friedenspreis.
Mit Paul Spiegel verliert die AWO einen treuen, aufrichtigen, engen Freund
und Partner. Der 1937 in Westfalen geborene Paul Spiegel musste im
Kindesalter mit seiner Familie emigrieren, um dem Holocaust zu entkommen.
Dass er nach Ende der Nazi-Schreckensherrschaft den Mut aufbrachte, ins Land
der Verfolger zurück zu kehren, in Deutschland zu bleiben und beim Aufbau
einer demokratischen Ordnung und Gesellschaft Verantwortung zu übernehmen,
verdient unsere Achtung, Bewunderung und unseren Dank, so Schmidt.
Die Standhaftigkeit, seine Überzeugungen haben ihm die Kraft
und das Recht gegeben, deutlich, eindringlich und kantig gegen
Rechtsradikalismus, Antisemitismus, Fremdenfeindlicheit und deren
Verharmlosung die Stimme zu erheben.
Anläßlich der Verleihung des Heinrich-Albertz-Friedenspreis würdigte ihn der
kürzlich verstorbene Bundespräsident Johannes Rau in seiner Laudatio als
einen deutschen Bürger jüdischen Glaubens, den Toleranz, Achtung und
Mitmenschlichkeit auszeichneten und "der alltägliche Arbeit tut, großartige
Arbeit, Versöhnungsarbeit; eine Arbeit, die die Gleichwertigkeit des
Menschen, nicht die Vorrangigkeit einer Gruppe, in den Mittelpunkt des
Redens, Denkens und Handelns stellt".
Paul Spiegel ermahnte uns alle, nicht wegzuschauen, er verlangte
Wachsamkeit, wo Menschenwürde angetastet und verletzt wurde. Er leistete
damit seinen Beitrag zur demokratischen Kultur und zum inneren Frieden in
Deutschland.
Einer Dokumentation der AWO über präventive Projekte und Initiativen gegen
den Rechtsradikalismus stellte die AWO ein Zitat von Paul Spiegel voran:
"Wir lassen es uns nicht gefallen, dass hierzulande Menschen wieder Angst
haben müssen" - eine aufrüttelnde Passage aus seiner berühmten Rede vom
9.November 2000.
Paul Spiegel hat immer unerschrocken Gesicht gezeigt. "Wir müssen unseren
Kindern immer wieder erklären", hat er vor jungen Menschen in der
Arbeiterwohlfahrt gesagt, "dass die Demokratie ein heiliges Gut ist und dass
es zu einer Demokratie keine Alternative gibt".
Als Vorsitzender der Zentralen Wohlfahrtsstelle der Juden und als späterer
Präsident des Zentralrates war er der AWO auf das Engste verbunden und ein
stets willkommener Freund. Als einen aufrechten und aufrichtigen Mann, der
sich um die zivile Gesellschaft verdient gemacht hat, würdigte der
AWO-Bundesvorsitzende Wilhelm Schmidt den Verstorbenen. "Wir werden ihn
vermissen". Kompliziert und schwer belastet:
Das
deutsch-jüdisch-israelische Beziehungsgeflecht
Die Rede des Präsidenten des Zentralrats der Juden in
Deutschland Dr. h.c. Paul Spiegel beim Zusammentreffen von Staatspräsident
Moshe Katzav mit Vertretern der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland...
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