antisemitismus.net / klick-nach-rechts.de / nahost-politik.de / zionismus.info

haGalil onLine - http://www.hagalil.com
     

  

Spenden Sie mit PayPal - schnell, kostenlos und sicher!

hagalil.com

Search haGalil

Veranstaltungskalender

Newsletter abonnieren
e-Postkarten
Bücher / Morascha
Musik

Koscher leben...
Tourismus

Aktiv gegen Nazi-Propaganda!
Jüdische Weisheit
 

 

Endgültig "amtsunfähig":
Das Ende der Ära Scharon

Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem

Während einer "sehr traurigen" Sondersitzung des Kabinetts haben am Dienstag in Jerusalem alle Minister die Hand erhoben, um abzustimmen, dass Ariel Scharon endgültig "amtsunfähig" sei. Das tritt hundert Tage nach seinem Schlaganfall ein, am Freitag Abend ein. Wegen des jüdischen Passah-Festes haben die Minister jetzt schon den Beschluss gefasst. Es ist eine Formalität, die Ehud Olmert "für einige Tage", bis zur Einrichtung einer neuen Regierung, vom "Ersatz-Premier" in den "amtierenden Regierungschef" umwandelt.

Schon dem Staatsgründer David Ben Gurion fiel der junge tapfere Kämpfer Ariel Scharon auf. Aber er traute ihm nicht. Glaubwürdigkeit war Scharons größtes Problem, als Kommandeur bei der Armee und dann 33 Jahre lang als Politiker. Als Soldat ignorierte er Befehle seiner Vorgesetzten und schaffte es deshalb nicht zum Oberbefehlshaber. Als Politiker verfolgte er eine pragmatische Linie, was weder seine blinden Gefolgsleute noch seine hasserfüllten Feinde wahrhaben wollten. Scharon war kein neurotischer Araberhasser oder verblendeter Siedlungsideologe. Im Laufe seiner langen Karriere war immer wieder für Überraschungen gut.

Kein anderer Israeli war bei den Arabern so verhasst und zugleich respektiert. Bei den Israelis galt er als gefährlicher Rechtsaußen, bis ihn sogar die Linken zum Retter der Nation kürten. Scharon war viel länger Politiker, als etwa die Generale Jitzhak Rabin und Ehud Barak. Keinem anderen israelischen Politiker wurden so viele böswillige Klischees angehängt wie "General" Scharon. Umstritten blieb Scharon bis zuletzt. Er blieb sich selber treu, aber die Lager seiner Widersacher wechselten. Scharon hatte immer schon ein Gespür für historische Schritte, noch ehe er Premierminister wurde.

Die "provokative" Visite Scharons auf dem Tempelberg im September 2000, die gemäß gängiger Propaganda den zweiten Aufstand der Palästinenser auslöste, zählt noch zur Ära Barak. Der muss von palästinensischen Vorbereitungen zur El-Aksa-Intifada gewusst haben. Dennoch genehmigte er mit palästinensischer Zustimmung die "Provokation" des Oppositionschefs Scharon.

Scharon hatte in seiner Karriere viele Schritte getan, die ihn bei Israelis wie Arabern zum mythologischen Feind machten. Seine militärischen Attacken als Befehlshaber der legendären 101-Einheit kosteten in den fünfziger Jahren vielen arabischen Zivilisten das Leben. Während eines Putsches des PLO-Chefs Jassir Arafat 1970 in Jordanien empfahl er, König Hussein nicht zu retten, sondern Jordanien in "Palästina" zu verwandeln. Mit dem befehlswidrigen Überschreiten des Suezkanals 1973 beendete er siegreich den Jom Kippur Krieg, brachte aber die militärische wie politische Spitze Israels gegen sich auf. 1982 zerstörte er als Verteidigungsminister unter Menachem Begin alle Siedlungen auf Sinai und vollzog die Räumung der Halbinsel. Wenig später zeichnete er verantwortlich für den Libanon-Feldzug bis Beirut. Eine Untersuchungskommission machte ihn mitverantwortlich für christliche Massaker an Palästinensern in Sabra und Chattilah bei Beirut. Niemals wieder dürfe er für Sicherheitsfragen verantwortlich sein, bestimmten die Richter.

Im März 2001 übernahm er nach dem größten Wahlsieg der Geschichte Israels die Amtgeschäfte als Premierminister. In einem Interview mit Haaretz erklärte er, biblische Siedlungen wie Eli, Schilo und Tekoa auf Dauer nicht halten zu können. Da schon deutete der "Vater der Siedlungspolitik" das Ende der Siedlungen an.

Scharons Vorgänger Ehud Barak hatte den Palästinensern die weitreichendsten Zugeständnisse jemals gemacht und dennoch die Intifada geerntet. Scharon versprach nach hunderten palästinensischen und dutzenden israelischen Toten, den Aufstand zu beenden. Sein erster Amtsakt im März 2001 war die Verkündung eines einseitigen Waffenstillstandes. Die Zahl der palästinensischen Toten sank drastisch, aber Selbstmordattentate der Hamas und anderer Organisationen forderten immer mehr israelische Tote. Unter Scharon gingen die Friedensbemühungen zunächst weiter. Joschka Fischer, George Tenet, der Mitchel-Report, Außenminister Schimon Peres und der amerikanische Vermittler Anthony Zinni verliehen diesen Bemühungen ihre Namen.

Der Mord an Tourismusminister Rehabeam Zeevi und Aufnahme von dessen Mördern in Arafats Mukata (Hauptquartier) führten im November 2001 zur Wende. Arafat wurde unter Hausarrest gesetzt. Ein mörderischer Selbstmordanschlag am Abend des Passahfestes 2002 führte zum Einmarsch in die Autonomiegebiete im Westjordanland. Gleichzeitig begann Scharon, einen Sperrwall zu errichten, zunächst wegen Drucks der Bevölkerung, um das Eindringen von Terroristen zu verhindern und dann, um "einseitig" Israels künftige Grenzen gemäß israelischen Interessen festzulegen. Unerbittlich bekämpfte Scharon palästinensische Attacken mit "gezielten Tötungen" von "tickenden Bomben" und Anführern der Hamas wie des Dschihad. Scheich Jassin und Salah Schehade waren die berühmtesten Opfer der umstrittenen "außergerichtlichen Hinrichtungen".

Scharon war der erste israelische Premierminister, der von "eroberten Gebieten" sprach und einen "palästinensischen Staat" in den Mund nahm. Im Dezember 2003 verkündete er seinen Plan der "Abkopplung" von den Palästinensern. Im August 2005 vollzog er den Rückzug aus Gaza und setzte mit dem Abzug aus dem Norden des Westjordanlandes der ideologischen Siedlungspolitik ein symbolisches Ende. Er widersetzte sich der konservativen Linie des Likudblocks und gründete kurz vor seinem Hirnschlag die Kadima-Partei. Ehud Olmert gewann an der Spitze von Kadima die Wahlen und will Scharons Politik fortsetzen: Keine Verhandlungen mit den Palästinensern, eine einseitige Festlegung der Grenzen gemäß Israels Interessen und eine Übergabe der Palästinenser in arabische Verantwortung, Gaza an Ägypten und das Westjordanland an Jordanien. Die Entstehung eines von Israel befürworteten palästinensischen Staates stünde dann im Ermessen arabischer Staaten.

© Ulrich W. Sahm / haGalil.com

hagalil.com 11-04-2006

Werben in haGalil?
Ihre Anzeige hier!

Advertize in haGalil?
Your Ad here!

 

haGalil.com ist kostenlos! Trotzdem: haGalil kostet Geld!

Die bei haGalil onLine und den angeschlossenen Domains veröffentlichten Texte spiegeln Meinungen und Kenntnisstand der jeweiligen Autoren.
Sie geben nicht unbedingt die Meinung der Herausgeber bzw. der Gesamtredaktion wieder.
haGalil onLine

[Impressum]
Kontakt: hagalil@hagalil.com
haGalil - Postfach 900504 - D-81505 München

1995-2006 © haGalil onLine® bzw. den angeg. Rechteinhabern
Munich - Tel Aviv - All Rights Reserved