Spendenskandal:
Maryja braucht Gebete
Erst fiel das polnische
Kirchen-Radio Maryja wegen Antisemitismus auf. Nun droht ihm ein
Finanzskandal
Von Gabriele Lesser
Polens "moralische Revolution", die die
Regierungspartei PiS zu ihrem Amtsantritt ausrief, droht zu einem
Desaster zu werden. Ausgerechnet das katholisch-antisemitische Radio
Maryja hatte sich die neue Regierung zu ihrem Quasi-Haussender
erkoren. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Radiopriester
Tadeusz Rydzyk wegen der Veruntreuung von Millionen Zloty.
Eigentlich sollte mit den Spenden der Radio-Maryja-Hörer die
Danziger Werft vor dem Ruin gerettet werden, doch der Finanzexperte
des Radios, Rydzyk, legte das Geld an der Warschauer Börse an und
verspekulierte sich gewaltig. Weder die Spender noch die
Werftarbeiter erfuhren aber je etwas vom mysteriösen Verschwinden
der Spenden. Und das ist nicht der erste Skandal bei der
"katholische Stimme in deinem Haus". Nach den Parlamentswahlen im
September musste jeder, der auf dem Laufenden bleiben wollte, Radio
Maryja einschalten. Zwischen Rosenkranz-Gebeten und
Lobe-den-Herren-Gesängen erklärten polnische Minister ihre künftige
Politik. Und Premier Marcinkiewicz verkündete hier Teile seiner
Regierungserklärung noch vor dem eigentlichen Termin im Parlament.
Was da seit Monaten so salbungsvoll in Millionen polnische
Wohnzimmer schwappte, gefiel dem Vatikan aber überhaupt nicht. Als
nun auch noch Stanislaw Michalkiewicz, ein bekannter Antisemit, die
jüdischen Gemeinden beleidigte, die seit einiger Zeit einst
verstaatlichte Synagogen, Friedhöfe und ehemalige jüdische Schulen
zurückerhalten, war das Maß voll.
Von jüdischer Erpressung war in dem Kommentar die Rede, vom
Jüdischen Weltkongress als einem Konzern der "Holocaust-Industrie",
der nun wieder eine neue Lösegeldforderung gestellt habe. Sollte
Polens Regierung die vom Weltkongress geforderten 60 Milliarden
Dollar nicht zahlen, sollte der Ruf Polens weltweit ruiniert werden,
so Michalkiewicz in Radio Maryja. Da die Deutschen als die
eigentlichen Täter des Holocaust den Großteil des Lösegeldes schon
gezahlt hätten und weiter zahlten, würden sie in Ruhe gelassen.
Selbst als Michalkiewicz Präsident Lech Kaczynski und Premier
Kazimierz Marcinkiewicz über den Sender dazu aufrief, das "nationale
Interesse" des Landes zu verteidigen und niemanden mit polnischen
Steuergeldern zu "schmieren", sah der Chefredakteur keinen Anlass,
Michalkiewicz den Ton abzudrehen.
Nun forderte der apostolische Nuntius die polnischen Bischöfe in
einem scharfen Brief auf, endlich Maßnahmen gegen Radio Maryja zu
ergreifen. Papst Benedikt XVI. will wohl nicht von einem
antisemitischen Sender vereinnahmt werden, wenn er Ende Mai Polen
besucht. Die Bischöfe, die zum Teil die politische Linie von Radio
Maryja unterstützen, haben nun angekündigt, sich dem Willen des
Vatikans zu beugen und Anfang Mai über das Radio zu entscheiden.
Nicht geäußert hat sich bislang der Landesrundfunkrat, der vor
kurzem den Privatsender PolSAT mit einer hohen Geldstrafe belegte,
weil dieser mit einer Satire auf Radio Maryja angeblich die
journalistische Ethik verletzt hatte. Möglicherweise haben die
national-konservativen Mitglieder dieses Rates den Aufruf in der
Tageszeitung Nasz Dziennik gelesen: "Lasst uns für Radio Maryja
beten!" Abdruck mit
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Radio Maryja unter Beschuss:
Streit um antisemitische Aussagen des polnischen
Radiosenders
Der Ethikrat der polnischen Medien kritisierte in der letzten Woche
in aller Schärfe Radio Maryja. In einer Verlautbarung vom ersten
April griff der Rat die Benutzung "primitiver antisemitischer
Aussagen" an und bezichtigte den Sender einer "Sprache des
Hasses"...
haGalil onLine
12-04-2006 |