antisemitismus.net / klick-nach-rechts.de / nahost-politik.de / zionismus.info

haGalil onLine - http://www.hagalil.com
     

  

Spenden Sie mit PayPal - schnell, kostenlos und sicher!

hagalil.com

Search haGalil

Veranstaltungskalender

Newsletter abonnieren
e-Postkarten
Bücher / Morascha
Musik

Koscher leben...
Tourismus

Aktiv gegen Nazi-Propaganda!
Jüdische Weisheit
 

 

Absurde Argumentation:
Der Haken am Hakenkreuz

Immer öfter ermitteln Staatsanwälte gegen Antifas, weil diese das Symbol des durchgestrichenen Hakenkreuzes verwenden.

Von Sarah Kleinmann
Jungle World 16 v. 19.04.2006

Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft hat sich dem rigorosen Kampf gegen das Hakenkreuz verschrieben. Ungemütliche Zeiten für Neonazis, möchte man meinen. Doch die Staatsanwaltschaft verfolgt zurzeit hauptsächlich Antifas, weil sie eines der bekanntesten linken Symbole verwenden: das durchgestrichene, zerstörte oder karikierte Hakenkreuz.

Die Ablehnung des Nationalsozialismus wird seit Jahrzehnten auf Flugblättern, T-Shirts oder Aufnähern auf diese Weise bildhaft zum Ausdruck gebracht. Doch neuerdings löst das Ermittlungen wegen Verstößen gegen den Paragrafen 86a des Strafgesetzbuchs aus. Dieser stellt die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen unter Strafe. Und obwohl die Anwendung des Paragrafen auf Hakenkreuze, die in antifaschistischem Zusammenhang verwendet werden, bei Behörden und Polizeistellen in Baden-Württemberg umstritten ist, scheint sich die Stuttgarter Staatsanwaltschaft ihrer Mission sicher.

In den vergangenen Monaten kam es in der Region um die baden-württembergische Landeshauptstadt zu zahlreichen Beschlagnahmungen, etlichen Strafanzeigen und einer Anklageerhebung vor dem Landgericht. Bereits im März 2005 wurde Tobias B. in Stuttgart verurteilt, weil er Flugblätter gegen einen Aufmarsch von Neonazis verteilt hatte. Das Amtsgericht wertete den Inhalt als Aufruf zu Straftaten, weil die Verhinderung des Aufmarsches "mit allen Mitteln" gefordert wurde. Die Staatsanwaltschaft versuchte darüber hinaus, Tobias B. auch wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zu belangen, da auf dem Flugblatt zerstörte Hakenkreuze zu sehen waren. Es solle "jeglicher Anschein vermieden werden, in Deutschland würden nationalsozialistische Strömungen geduldet", hieß es in der Begründung der Anklage. Touristen könnten, fiele ihnen zufällig das Flugblatt in die Hände, die Symbole als Unterstützung des Nationalsozialismus missverstehen, sagte die Staatsanwältin Alexandra Neidhard in der Verhandlung

Das Gericht folgte dieser Argumentation nicht und sprach den Angeklagten in diesem Punkt frei. Tobias B. hofft, "dass sich Antifas in Zukunft vom Vorgehen der Staatsanwaltschaft nicht einschüchtern lassen, sondern stattdessen an Rechtshilfeorganisationen wenden, die davor Schutz bieten können".

Im August 2005 ließ die Stuttgarter Staatsanwaltschaft das Lager des Punk-Labels "Nix-Gut-Records" in Winnenden durchsuchen. Beschlagnahmt wurden alle Artikel, auf denen Hakenkreuze zu sehen waren. Auch Daten aus den Geschäftscomputern wurden mitgenommen. Die Hausdurchsuchung und die monatelange Verwahrung des beschlagnahmten Materials trieb den Versand an den Rand des Ruins.

Das Vorgehen der Staatsanwaltschaft sorgte für Aufsehen und Kritik. Auch Sebastian Edathy, Bundestagsabgeordneter der SPD und Vorsitzender des Innenausschusses des Bundestags, und Claudia Roth von den Grünen sagten dem Versand ihre Unterstützung zu. Roth griff sogar zum ungewöhnlichen Mittel der Selbstanzeige. Sie gab an, einen Button mit durchgestrichenem Hakenkreuz getragen zu haben. Derzeit wird geprüft, ob gegen die Politikerin ein Verfahren eingeleitet wird.

Anfang dieses Jahres ging die Stuttgarter Staatsanwaltschaft auch noch gegen Beteiligte der "Antifaschistischen Kehrwochen" vor. Die Kampagne, deren Infotische am 21. Januar auf den Marktplätzen von Backnang und Schorndorf aufgebaut waren, um über Rassismus und rechte Gewalt zu informieren, wurde Ziel eines Großeinsatzes der Polizei. "Zahlreiche junge Leute wurden von Greiftrupps regelrecht verfolgt, gestellt, verhaftet und in Handschellen abgeführt, allein deshalb, weil sie Abzeichen mit Anti-Nazi-Symbolen trugen oder entsprechende Flugblätter verteilen wollten", heißt es in einer Presseerklärung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten (VVN-BdA).

Auch Flugblätter, Broschüren und Buttons wurden wegen durchgestrichenen oder zerstörten Hakenkreuzen beschlagnahmt. Die VVN-BdA legte dagegen erfolgreich Beschwerde ein. Im Beschluss der 5. Großen Strafkammer des Landgerichts Stuttgart vom 22. März heißt es, die Darstellungen des Hakenkreuzes seien "weder geeignet, einer Wiederbelebung des Nationalsozialismus, seines Gedankengutes oder gar ehemaliger nationalsozialistischer Organisationen zu dienen, noch entfalten sie eine Werbewirkung für diese Ziele". Außerdem sei es "auf den ersten Blick jedem unvoreingenommenen Betrachter klar, dass die Bezugnahme auf das nationalsozialistische Kennzeichen in jeweils nachdrücklich ablehnendem Sinne geschieht".

Trotz dieses Urteils reichte die Stuttgarter Staatsanwaltschaft am 28. März Klage gegen Jürgen Kamm ein, den Geschäftsführer des "Nix-Gut-Versandes". Auch ihm wird die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen vorgeworfen. Mit der Anklageerhebung vor dem Landgericht Stuttgart strebt die Staatsanwaltschaft eine grundsätzliche Klärung der Rechtslage an.

Die VVN-BdA wertete dieses beharrliche Vorgehen als "Vorwand, Zivilcourage gegen Nazis zu kriminalisieren". Tomke Beddies, die Pressesprecherin der Stuttgarter Staatsanwaltschaft, widersprach dem im Gespräch mit der Jungle World: "Wir haben Anklage erhoben, weil wir das Verhalten des Geschäftsführers des Versandhandels schlichtweg für strafbar erachten, vor allem da es sich um eine massenhafte Verwendung des Symbols handelt." Das Hakenkreuz solle grundsätzlich aus dem öffentlichen Erscheinungsbild verbannt werden. Ob die Staatsanwaltschaft dann demnächst auch gegen Darstellungen in Geschichtsbüchern vorgeht?

Wie absurd die Argumentation der Staatsanwälte ist, führen drei Mitarbeiter des Tübinger Club Voltaire vor Augen. Sie erstatteten im November Anzeige gegen die Kampagne "Du bist Deutschland", weil in deren Fernsehspot durchgestrichene Hakenkreuze zu sehen sind. Wegen der "europaweiten Ausstrahlung" sowie der Möglichkeit, "dass z.B. japanische Touristen in Deutschland den Spot sehen könnten", müsse damit gerechnet werden, dass nicht allen Zuschauern die "möglicherweise nicht pro-nationalsozialistische Zielsetzung der Urheber" erkennbar sei. Das Verfahren wurde eingestellt.

[FORUM]

hagalil.com 30-04-2006

Werben in haGalil?
Ihre Anzeige hier!

Advertize in haGalil?
Your Ad here!

 

haGalil.com ist kostenlos! Trotzdem: haGalil kostet Geld!

Die bei haGalil onLine und den angeschlossenen Domains veröffentlichten Texte spiegeln Meinungen und Kenntnisstand der jeweiligen Autoren.
Sie geben nicht unbedingt die Meinung der Herausgeber bzw. der Gesamtredaktion wieder.
haGalil onLine

[Impressum]
Kontakt: hagalil@hagalil.com
haGalil - Postfach 900504 - D-81505 München

1995-2006 © haGalil onLine® bzw. den angeg. Rechteinhabern
Munich - Tel Aviv - All Rights Reserved