Missverständnisse?
Beunruhigende Risse im Verhältnis zu den USA
Der Beauftragte des "Nahost-Quartetts", Wolfensohn,
hat vor dem wirtschaftlichen Zusammenbruch der palästinensischen
Autonomiebehörde gewarnt. In Rundfunkberichten hieß es, Wolfensohn
halte eine Finanzkrise angesichts der israelischen
Wirtschaftssanktionen innerhalb von zwei Wochen für möglich.
Die Regierung in Jerusalem hatte wegen der
bevorstehenden Regierungsbeteiligung der Hamas beschlossen, Zoll-
und Steuerüberweisungen an die Palästinenser vorläufig einzustellen.
Die EU-Kommission kündigte inzwischen Sofortzahlungen von insgesamt
rund 120 Millionen Euro an, um den finanziellen Zusammenbruch der
Autonomie-Behörde zu verhindern.
Die national-religiöse Tageszeitung "haZofeh" kommentiert die
Warnungen des Gesandten Wolfensohn:
"In der letzten Zeit zeigen sich starke Meinungsdifferenzen
zwischen Israel und den USA im Zusammenhang mit der Überweisung von
Geldern an die PA. Washington teilte Israel plötzliche mit, man
beabsichtige, Gelder auf einer "Hamas-Umgehungsschiene" an Abu-Masen
zu überweisen, solange noch keine Hamas-Regierung gegründet wurde.
Dies löste in Israel starke Beunruhigung aus. Außenministerin Livni
erklärte, es könne nicht zwischen Abu-Masen und der Hamas
differenziert werden. Auch Ehud Olmert vertat diese Meinung. Auf die
sorgenvolle Äußerung des amerikanischen Gesandten Wolfensohn, der
behauptete, man müsse auf die Situation der palästinensischen Bürger
Rücksicht nehmen reagierte Olmert mit der Klarstellung, dass "auch
diese Sorge keine Überweisung der Gelder rechtfertige".
Nur eine entschlossene Reaktion Israels und der internationalen
Gemeinschaft kann zu einem Ende des Terrorregimes der Hamas führen.
Diese Meinung betonten die israelischen Vertreter bei ihren
Gesprächen mit den Amerikanern immer wieder. Die USA akzeptieren die
israelischen Argumente jedoch nicht.
Sie vertreten den Standpunkt man müsse die Hilfe an Abu-Masen
fortsetzen, solange die Hamas noch keine Regierung gebildet hat.
Washington wird auf den israelischen Protest sicherlich keine
Rücksicht nehmen, und die amerikanische Hilfe wird ihr Ziel letzten
Endes erreichen. Berichten zufolge unterstützen auch die
Quartett-Staaten die Haltung der Amerikaner, und zumindest ein Teil
von ihnen schließt eine Fortsetzung der Hilfe auch nach der Gründung
der Hamas-Regierung nicht aus.
Zipi Livni wird in den nächsten Tagen Gespräche in Europa führen,
auch mit den Quartett-Staaten. Es ist nicht zu erwarten, dass es ihr
gelingen wird, deren Meinung zu ändern. Der Schlüssel liegt nach wie
vor in Washington. Die plötzliche Veränderung in der amerikanischen
Meinung kam überraschend, denn Israel hatte angenommen, dass
Jerusalem und Washington in Bezug auf die Hamas eine einheitliche
Front bilden. Und jetzt zeigt es sich plötzlich, dass sich sogar in
dieser Front beunruhigende Risse zeigen". |