Peinliche Situation:
Abbas' Gesicht wahren
Auszüge aus einer Analyse von Danny Rubinstein,
Ha'aretz, 14.03.2006
Übersetzung Daniela Marcus
Nachdem Ahmed Sa'adat vor sechs Wochen in das
palästinensische Parlament gewählt worden war, begann für den
Vorsitzenden der palästinensischen Autonomiebehörde (PA), Mahmoud
Abbas, eine ausweglose Situation.
Wie könne er es wagen, ein gewähltes Mitglied des
Parlaments im Gefängnis zu halten, fragten Sa'adats Wähler und mit
ihnen Hunderte von Aktivisten der Volksfront für die Befreiung
Palästinas (PFLP), der Sa'adat angehört. Sie forderten Sa'adats
Freilassung. Manche Palästinenser sagten sogar, Abbas sei schlimmer
als die Israelis. Die Besatzer hielten diejenigen gefangen, die sie
als ihre Feinde betrachten, doch Abbas halte einen gewählten Führer
seines Volkes in einem palästinensischen Gefängnis fest.
Je näher die Formung der neuen Regierung rückte,
desto peinlicher wurde die Situation für Abbas. Er hörte Hamas
sagen, dass sie Sa'adat frei lassen würde, sobald die neue Regierung
stehe. Und er merkte, dass er Hamas nicht daran würde hindern
können. Die neue palästinensische Regierung wird mit aller
Wahrscheinlichkeit einen Innenminister von der Hamas haben. Dieser
wird für die innere Sicherheit und die Polizei verantwortlich sein.
(…) Das bedeutet, dass er sofort der palästinensische Polizei
befehlen wird, die Türen des Gefängnisses, in dem Sa'adat und seine
Männer sitzen, zu öffnen. (…)
Die britischen und amerikanischen Wachen, die u.
a. für Sa'adat verantwortlich waren, verstanden auch sehr gut, dass
ihre Zeit ablief. Sie äußerten Klagen über die Haftbedingungen ihrer
berüchtigten Schützlinge. Doch diese Klagen waren nichts Neues.
Beinahe von Beginn der Haft an waren sie zu hören. Denn Sa'adat und
seine Freunde führten ihr Leben beinahe so, als wären sie in
Freiheit. Sa'adat konnte alle Besucher empfangen, die er sehen
wollte, er hielt Treffen mit den Medien ab und leitete die
Wahlkampagne der PFLP.
Abbas, der am Sonntag zu einer Reise nach
Jordanien und Europa aufgebrochen war, verkürzte seinen Besuch in
Österreich. Seine Vertrauten sagten, er konnte den Zeitpunkt der
Abreise britischer und amerikanischer Wachen nicht gewusst haben,
obwohl er über die Möglichkeit der Abreise eine Woche zuvor
informiert worden war. Vermutlich haben britische und amerikanische
Geheimdienste beschlossen, die Wachen aus Jericho abzuziehen,
solange Abbas im Ausland war, um es für ihn einfacher zu machen. (…)
hagalil.com 15-03-2006 |