Israelischer Traum:
"Wäre Angelika Merkel doch nur meine Regierungschefin"
In haArez erlaubt es sich Benni Ziffer ein wenig
zu träumen - von Angela Merkel
Wie
hypnotisiert betrachtete ich die deutsche Kanzlerin Angela Merkel
während ihres Besuchs in "Yad Vashem" und tief in meinem Innern
dachte ich ganz verträumt: "Wäre sie doch nur meine
Regierungschefin".
Letztendlich wurde sie mit einer Partei nominiert, die das
deutsche Gegenstück zum Likud ist. Hiermit erkläre ich feierlich,
wenn eine Frau wie sie an der Spitze des Likud stehen würde, würde
ich bei den Wahlen mit geschlossenen Augen für sie stimmen.
Doch warum haben wir in diesem Land keine Menschen wie Angela
Merkel? Was ist denn so schwer daran, wie Angela Merkel zu sein. Sie
ist einfach gekleidet, hat eine einfache Frisur. Wenn sie steht,
dann nimmt sie nicht die Haltung eines aufgeblasenen Hahns ein, wie
es der Durchschnittspolitiker in Israel tut, sondern sie steht da,
wie eine aufmerksame Schülerin, die demjenigen, der zu ihr spricht,
zuhört und nicht nur sich selbst hört.
Wenn
sie spricht, dann verlassen die Worte ihren Mund nicht mit erhobener
Stimme, nicht mit Gebrüll, wie es bei dem Durchschnittspolitiker in
Israel der Fall ist. Als sie "Yad Vashem" besuchte, sah man, dass
sie sich wirklich für das interessierte, was sie sah, und das im
Gegensatz zu unseren politischen Führern, die, wenn sie zu einer
Kulturveranstaltung eingeladen werden, höchstens bis zur Pause
bleiben, wenn sie sich überhaupt bemühen hinzugehen. Sie hat auf
authentische Weise ernst ausgesehen, und als sie sagte, dass sie und
das Volk, das sie vertritt, sich für das, was ihre Vorfahren im
Holocaust getan haben, ewig schämen würden, hat sie sich authentisch
angehört, im Gegensatz zu jedem nur erdenklichen Politiker in
Israel, für den Authentizität erst nach ihm beginnt und alles, was
er sagt, eine Zusammenfassung von dem ist, was heraus kommt, wenn
man tausendmal zur Seite geschielt hat.
Ja, dazu gehört auch Ehud Barak, der sich seinerzeit im Namen seiner
Partei für das Leid, das sie den orientalischen Juden angetan hat,
entschuldigte, und es hörte sich wie ein schlechter Witz an. Und
denken Sie an all die falschen Umarmungen und Küsse, die bei uns
zwischen Personen üblich sind, die in der Öffentlichkeit stehen
(nicht nur Amir Peretz umarmt jeden, sondern auch Ehud Olmert hat
diese Angewohnheit, jeden in die Arme zu schließen, der ihm in die
Quere kommt). So etwas ist der deutschen Kultur fremd. Dort
schüttelt man sich die Hand, steht in angebrachtem Abstand
voneinander und bläst die Enge nicht noch auf, die zu einem
Erkennungszeichen des Israelischseins geworden ist.
Das ist das Schönste, was ich an Angela Merkel entdeckt habe:
Korrektheit ohne Ende in diesen kleinen Gesten des rechtzeitigen
Hinsetzens und des rechtzeitigen Aufstehens und des Händeschüttelns.
Sie werden sagen, dass sie ein wenig trocken ist. Doch wer gibt uns
ein Land, dessen Ministerpräsident endlich etwas trocken ist und
nicht eine Art Messias des freien Marktes, der in zerreißendem
Geschrei Erlösung und Trost verspricht.
Wenn man darüber nachdenkt, war das eigentlich der Traum Herzls,
dass wir ein Staat mit deutschen Manieren würden. Doch diese Sache
ist ihm schon zu Lebzeiten missglückt, als er einsah, dass der
Zionismus anstelle der Art einer Angela Merkel die aufgeblasene Art
der Prediger aus Osteuropa und die Sitten des Gedrängels und sich
aneinander Reibens annimmt. Wenn ich mein Gehirn anstrenge und
überlege, wer hier trotzdem an das Niveau der merkelschen
Korrektheit heranreicht, kommt mir Yossi Beilin in den Sinn, der
vielleicht der europäischste unter unseren Politikern ist. Doch auch
er sagt unentwegt "Ich habe doch gesagt", strengt sich so sehr an
und schwitzt, um davon zu überzeugen, dass er Recht hat, sodass mir
scheint, dass es unmöglich ist, große Hoffnungen an ihn zu hängen.
Die Größe von Merkel ist ihre große Gelassenheit. Auch wenn sie
kundgibt, dass sie sich für die Taten des deutschen Volkes im
Holocaust schämt, sagt sie dies mit einem von Gelassenheit
strahlenden Gesicht, eine solch mozartsche Gelassenheit, die größere
Intensität ausstrahlt als all das Geschrei auf der ganzen Welt. Das
ist die Gelassenheit der wirklich Starken, der innerlich Starken,
wir werden niemals wie sie sein, da wir als Volk das genaue
Gegenteil sind: stark von außen und völlig schwach von innen, jeden
Moment in Angst davor lebend, dass jeder schreiende Bärtige sofort
aufsteht, um uns zu vernichten.
Ich gebe zu, ich gehöre zu dem Volk der innerlich Schwachen, deren
Gesichter niemals eine solch große Ausgeglichenheit ausstrahlen
werden. Das ist genau das, was mich an Angela Merkel hypnotisiert
und ich bete, dass der Tag kommt und, - wenn wir bloß wollten, es
wäre kein Traum, - der zweite Traum Herzls vielleicht wahr würde.
Und wenn wir nur ein ganz klein bisschen den deutschen Stil
annähmen, Hände zu schütteln ohne zu küssen und ruhig da zustehen
und den Erklärungen zuzuhören und ja, Schuld anzuerkennen und
authentische Scham auszudrücken über verbrecherische Taten, die wir
getan haben.
Paul Spiegel zieht positive Zwischenbilanz:
Bundeskanzlerin Angela Merkel
Die Bundeskanzlerin hat wichtige Akzente im Bereich
der Außen- und Sicherheitspolitik gesetzt, die die Fortsetzung des
konsequenten Reformkurses für die Zukunft erkennen lassen... |