Die Schnittmenge linker Politik und islamischer Religion:
Die verblüffenden Entdeckungen des Oskar Lafontaine
Nachdem Oskar Lafontaine schon vor einiger Zeit die
geneigte Leserschaft mit der erstaunlichen Erleuchtung über eine anatomische
Selbstverständlichkeit, nämlich dass das Herz links schlage, in baffes
Staunen versetzte und im vergangenen Jahr es als angeblich "linke Position"
zu verkaufen versuchte, dass man "deutsche Arbeitnehmer" vor
sogenannten "Fremdarbeitern" schützen müsse, wartet der Vorsitzende der
Linksfraktion im Bundestag mit einem neuen Geistesblitz auf: Er entdeckt
Gemeinsamkeiten mit dem Islam.
Jörg Fischer
Am 13.2.2006 lässt er die Leserinnen und Leser des "Neuen
Deutschland" in einem Interview an seinen Entdeckungen teilhaben:
"Es gibt Schnittmengen zwischen
linker Politik und islamischer Religion: Der Islam setzt auf die
Gemeinschaft, damit steht er im Widerspruch zum übersteigerten
Individualismus, dessen Konzeption im Westen zu scheitern droht. Der zweite
Berührungspunkt ist, daß der gläubige Muslim verpflichtet ist zu teilen. Die
Linke will ebenso, daß der Stärkere dem Schwächeren hilft. Zum Dritten: Im
Islam spielt das Zinsverbot noch eine Rolle, wie früher auch im
Christentum."
Jetzt ist es mit so
wohlklingenden Worthülsen wie "Gemeinschaft" natürlich immer so eine Sache.
Welche Definition liegt dem "Gemeinschafts"-Begriff zugrunde und welche
Rechte räumt diese Gemeinschaft dem Einzelnen zur freien Entfaltung ein? Wie
sieht das etwa in islamischen Ländern mit den individuellen Freiheitsrechten
aus? Wie mit den Rechten der Frauen, den Rechten von Minderheiten wie etwa
Homosexuellen oder Andersdenkenden und Andersgläubigen? Frauen werden in
islamischen Staaten in der Regel unter den Schleier und in die Küche
gezwungen – ausgenommen, sie sollen medienwirksam in großer Anzahl durch die
Straßen ziehen und Fahnen anderer Länder verbrennen und somit ihren Beitrag
zum "spontanen Volkszorn" der in ihren Gefühlen scheinbar Verletzten
demonstrieren. Jugendliche schwule Männer laufen akute Gefahr, wie vor
kurzem im Iran,
öffentlich gehängt zu werden. Andersdenkende und Andersgläubige werden
bedroht, mißhandelt, getötet oder ins Exil getrieben.
Auch die zweite, vermeintliche
Gemeinsamkeit, wirft Fragen auf. Lafontaine bemüht eine Banalität, die
nahezu in jeder Religion zu finden ist. Gerade die christliche und
insbesondere die jüdische Religion weisen hohe soziale Ansprüche und
Verpflichtungen ihrer Gläubigen auf, ohne dass Lafontaine dies zu bemerken
scheint. Und gerade beim dritten "Beispiel" bleibt in der Tat mehr als nur
ein bitterer Nachgeschmack.
Kann man, wenn man es
wohlwollend sehen mag, noch über einen Teil der Auslassungen Lafontaines
milde lächeln, so vergeht einem dieses, wenn man sich betrachtet, mit wem er
so alles gerade kuschelt und sich herzt. Hierzu gehört unter anderem eine
Organisation namens "Linksruck", deren Mitglieder schon mal die
"bedingungslose Solidarität" mit der islamistischen Terroristenorganisation
"Hamas" beschwören.
Bei "Linksruck" handelt es
sich um eine Gruppe, die nicht nur bei Demonstrationen
pappschilderschwingend, mal nervend, mal penetrant auftritt, sondern es
erfolgreich geschafft hat, gleich eine ganze Reihe ihrer Kader als
Mitarbeiter bei Abgeordneten der Linkspartei im Bundestag zu plazieren. Am
2. März trat Oskar Lafontaine zusammen mit gleich zwei Kadern der Gruppe bei
einer Pressekonferenz auf. Von daher lohnt sich tatsächlich ein etwas
genauerer Blick auf diese Gruppe und ihre Positionen. Denn hier scheinen
einige noch viel mehr Gemeinsamkeiten mit Islamisten zu pflegen. Liest man
sich, sowohl ältere als auch aktuelle Ausgaben der Gruppenzeitung gleichen
Namens durch, so stellt man eines sehr schnell fest: Hier geht es nicht um
Kritik an Israel und an politischen Entscheidungen der israelischen
Regierung. Nein, hier geht es um den blanken Hass auf den jüdischen Staat,
um das ventilieren altbekannter Vorurteile und Ressentiments.
In der Ausgabe vom 18.04.2002 schreibt die Zeitung "Linksruck" ganz
ungeniert worum es ihr geht: "Aber Israel ist ein Unterdrückerstaat.
Deshalb bedeutet Anerkennung Israels zugleich Aufrechterhaltung der
permanenten Kriegssituation …".
Während man Israel das Existenzrecht abspricht, bringt man gleichzeitig
großes Verständnis für menschenverachtende, verbrecherische
Selbstmordattentäter auf. In der Ausgabe vom 25.6.2002 heißt es wörtlich:
"Dass junge Palästinenser bereit sind, sich für ihre politischen Ziele in
die Luft zu sprengen, liegt an den Lebensbedingungen der Menschen.
Palästinenser werden zu Selbstmordattentätern, weil sie ihr ganzes Leben
gedemütigt und beraubt werden. Sie kämpfen gegen die Besetzung ihres Landes
und ihr Widerstand ist berechtigt. Sie haben keine Waffen, um gegen die
Bomber und Panzer der israelischen Armee vorzugehen. Viele Palästinenser
würden es vorziehen, mit Panzergranaten und Boden-Luft-Raketen die
israelischen Mordinstrumente zu zerstören. Solange das nicht möglich ist,
werden sie sich nur mit Terroranschlägen wehren." So kann man sich die
Welt zurechtlügen. Kein Wort darüber, das sich die terroristischen
Selbstmordattentate nicht gegen "Mordinstrumente" sondern
hauptsächlich gegen Zivilisten richten, kein Wort über die Opfer, über
jugendliche Israelis die in Cafes zerfetzt werden, über Passanten, die bei
der Fahrt im Bus in die Luft gesprengt werden. Und natürlich kein Wort
darüber, das die Selbstmordattentäter durch Hasspropaganda und religiösen
Fanatismus von ihren "geistigen Führern" mit Versprechungen auf Belohnungen
im "jenseitigen Leben" zur Tat getrieben werden.
Aber Fakten interessieren die Agitatoren nicht – weder aktuelle, noch
historische. So haben sie dann auch kein Problem damit, Stereotypen zu
bedienen: "Aber es gibt weder geschichtlich noch aktuell einen
rassistisch begründeten Antisemitismus im arabischen Raum – auch wenn manche
muslimische Kritiker Israels eine Symbolik verwenden, die an den weißen
Antisemitismus erinnert. … Dieser Missbrauch des Holocaust für
Propagandazwecke im Interesse des Staates Israel und der USA behindert
zunehmend den nötigen Kampf gegen allen Formen des Rassismus."
("Linksruck", 28.04.2004).
Da passt es dann auch, wenn die Zeitung in einer Filmbesprechung am
16.02.2005 warme Worte für den höchst umstrittenen Film "Paradise Now"
findet, in dem Selbstmordattentäter unkritisch verklärt und faktisch als
"Märtyrer" dargestellt werden. Immerhin kommt selbst der Autor der
"Filmbesprechung" nicht umhin, zu erwähnen, das der Film selbst in Israel
einen Verleih gefunden hat – und das obwohl Israel in der gleichen Zeitung
laufend wahlweise als "Unterdrückerstatt", "Terrorstaat" und
"Apartheidstaat" beschimpft wird.
Michael Prütz; Mitglied des Berliner Landesvorstandes der "Wahlalternative
Arbeit und soziale Gerechtigkeit" (WASG), in der "Linksruck"-Mitglieder
versuchen zu agieren, ist schockiert über das Treiben dieser Gruppe und dass
Lafontaine sie durch die erwähnte Pressekonferenz aufwertet. In einer
Presseerklärung schreibt Prütz: "So werden laut
Ankündigung neben Lafontaine und anderen auch Lucia Schnell und Christine
Buchholz an der morgigen Pressekonferenz teilnehmen und "für Fragen zur
Verfügung stehen”. Schnell und Buchholz sind … eher bekannt als standfeste
Funktionäre der Organisation "Linksruck”. Diese vertritt beispielsweise die
"Auffassung, dass das zionistische Ziel, mit einem jüdischen Staat den Juden
der Welt eine Heimstatt zu geben,... gescheitert ist” und beurteilt die
Selbstmordattentate und Terroranschläge junger Palästinenser als
"berechtigten Widerstand”, denn "Israel ist ein Unterdrückerstaat”. Dass
Oskar Lafontaine sich einer solch menschenverachtenden Haltung zur Seite
stellt, ist nur durch Unkenntnis zu erklären - und sehr bedauerlich."
In ihren zitierten Tiraden vom 28. April
2004 offenbart sich eine wohl bewusste Geschichtsvergessenheit der
Polittruppe, die ganz offensichtlich nichts wissen will von der Begeisterung
beispielsweise des damaligen Großmuftis von Jerusalem für das NS-Reich. Und,
quasi als "krönendes Häubchen, kommt die antisemitische Stereotype, Israel
würde "den Holocaust instrumentalisieren".
Betrachtet man sich diese Aussagen und die ständigen Behauptungen in
aktuellen Verlautbarungen, nicht das iranische Regime und die Hamas, sondern
Israel sei eine Bedrohung für den Frieden, so erübrigt sich fast schon eine
Bewertung und Beurteilung der Organisation – sie erledigt dies ausweislich
ihrer eigenen Agitation selbst. |