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Jericho:
Operation Erstlingsfrüchte

Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem

"Entweder Ihr kommt raus und ergebt Euch, oder wir bringen Euch um." Der Befehl des israelischen Offiziers an dem aus der britischen Mandatszeit stammenden Hauptquartier und Gefängnis von Jericho war unzweideutig. Ein Cobra-Hubschrauber jagte eine Rakete in das graue Gebäude. Ein D-9 Caterpillar Riesenbulldozer liftete eine Außenmauer des Gebäudes. Es wurde geschossen. Zwei Palästinenser wurden tödlich getroffen, angeblich ein Wächter und ein Gefangener.

Panzer fuhren auf, während schlanke und dickbäuchige Männer in Unterhose mit erhobenen Händen zu den Soldaten überliefen, gefolgt von palästinensischen Polizisten in Tarnuniform. Immer wieder riefen die Israelis die Gefängnisinsassen und deren Wächter auf, sich zu ergeben: "Wir werden das Gefängnis abreißen und Euch unter den Trümmern begraben", lautete der nächste unmissverständliche Befehl. PFLP-Chef Ahmad Saadat telefoniert aus dem Gefängnis heraus mit dem arabischen TV-Sender Al Dschesira: "Die Israelis werden mich nicht lebendig kriegen."

Die schon im Voraus von der israelischen Armee trainierte "Operation Erstlingsfrüchte" startete knapp dreißig Minuten, nachdem britische und amerikanische Gefängniswärter ihre Posten verlassen hatten. Vor vier Jahren waren sie als Garanten eingesetzt worden, die vier Mörder des israelischen Tourismusministers Rehabeam Zeevi, den PFLP-Chef Saadat, der den Befehl zu dem Mord erteilt hatte, sowie Fuad Schubaki im Gefängnis zu halten. Schubaki war Arafats Finanzexperte. Ihm wird vorgeworfen, einen Großeinkauf Waffen im Iran und deren Schmuggel nach Gaza mit dem Schiff Karine A organisiert zu haben. Die Karine A wurde von der israelischen Marine im Roten Meer geentert.

Unter Bergen von Spielzeug entdeckten die israelischen Soldaten Raketen, Schusswaffen und Munition. Gemäß den Osloer Verträgen waren das "illegale" Waffen. Das Schmugglerschiff wurde aufgerieben, als gerade der amerikanische General Anthony Zinni zu einer weiteren Vermittlungsmission gekommen war. So war Arafat in flagranti bei einem Vertragsbruch erwischt worden, für die Amerikaner ein ungeheuerlicher Vorgang. Als kurz darauf zwei amerikanische Diplomaten auf dem Weg zu palästinensischen Stipendiaten durch eine Straßenbombe in Gaza ermordet wurden, war Palästinenserpräsident Arafat für die Amerikaner zur persona non grata geworden.

Zuvor schon hatte Ministerpräsident Ariel Scharon den Palästinenserpräsidenten in seinem Hauptquartier, der Mukata in Ramallah, unter Hausarrest gesetzt. Arafat hatte den Mördern von Zeewi in seinem belagerten und teilweise zerstörten Quartier Asyl gewährt. Während israelische Soldaten die Taschen der Besucher Arafats im Hof der Mukata durchsuchten, schenkten drinnen die Minister-Mörder den Politikern, Journalisten und Friedensaktivisten in Arafats verdunkeltem Büro gesüßten Tee aus.

Internationaler Druck auf Israel, vor allem aus Europa, forderte ein Ende des Hausarrests für Arafat. Für Israel war es ein unerträglicher Gedanke, dass Arafat steckbrieflich gesuchten Mördern Schutz gewährte. Nach mühseligen Verhandlungen kam ein Kompromiss zustande. Israel verzichtete auf die Auslieferung der Mörder. Arafat machte ihnen einen Schauprozess und ließ sie zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilen, weil sie "gegen die palästinensischen Interessen" verstoßen hätten. Ihre Strafe sollten sie in Jericho absitzen, bewacht von amerikanischen und britischen Wächtern. Die sollten Israel garantieren, dass bei diesen Inhaftierten nicht das "Drehtürprinzip" angewandt würde.

Schon vor wenigen Tagen bahnte sich die Krise an, als Palästinenserpräsident Abbas "vorschlug", den frisch ins Parlament gewählten PFLP-Chef Ahmad Saadat freizulassen. Israelische Politiker reagierten ungehalten. Verteidigungsminister Schaul Mofas sagte: "Für die Gefangenen in Jericho gibt es nur zwei denkbare Aufenthaltsorte: im Gefängnis oder im Grab."

Am Dienstag Morgen beklagten sich die amerikanischen und britischen Wächter, ihren Dienst nicht mehr tun zu können. Die Palästinenser hatten den prominenten Gefangenen immer wieder Freigang erlaubt, ohne die Wächter zu fragen und sie mit Handys ausgestattet. Die Wächter zogen sich aus Jericho zurück. Israel und die Palästinenserbehörde wurden informiert. Der britische Außenminister Jack Straw bezichtigte die Palästinenserbehörde eines Vertragsbruchs, da die Bewachung der Gefangenen unmöglich geworden war.

Keine dreißig Minuten marschierten israelische Truppen mit Panzern, Bulldozern und Jeeps ein, um die Gefangenen "abzuholen und ins israelische Gefängnis zu stecken".

Die Reaktionen auf den ersten gewalttätigen Zusammenstoß zwischen Israel und den Palästinensern seit ihren Parlamentswahlen, bei denen die extremistische Hamasbewegung eine überwältigen Mehrheit erhielt waren vorhersehbar und heftig. Israelische Politiker, der Kadima-Partei des amtierenden Premierministers Ehud Olmert, wie oppositioneller Parteien sagten: "Das Völkerrecht steht voll auf der Seite Israels. Wir verzichteten auf die Verurteilung der Mörder des Tourismusministers. Indem die Palästinenser den internationalen Wächtern die Tür wiesen, brachen sie ein Abkommen."

Palästinenserpräsident Abbas, zur Zeit in Europa, forderte Israel auf, Jericho zu verlassen und ihm zu vertrauen, dass nun Palästinenser über die Gefangenen wachen würden. Minister Nabil Schaath verurteilte Israels Überreaktion, "auf unbewaffnete Gefangene unter internationalem Schutz zu schießen" als "lächerlich".

Derweil brach in Gaza das Chaos vollends aus, als bewaffnete junge Männer europäische Einrichtungen, darunter das britische Kulturzentrum und eine amerikanische Schule stürmten und in Brand setzen. Feuerwehrwagen wurden mit vorgehaltenen Gewehren weggeschickt. Mindestens neun Ausländer, darunter der Schweizer Chef des Internationalen Roten Kreuzes, Journalisten, Friedensaktivisten und Lehrer wurden entführt. Andere Ausländer flüchteten in das Hauptquartier der Polizei in Gaza.

Gegen Abend wurden die Israelis in Jericho nervös. Sie schossen Panzergranaten in das Gefängnis, um die Insassen herauszulocken. Sie wollten ihre Truppen nach einbrechender Dunkelheit nicht weiter gefährden. Hunderte Palästinenser aus einem naheliegenden Flüchtlingslager näherten sich dem Gefängnis, um mit Steinen gegen die Militäraktion zu protestieren. Mit Tränengas hielten sie die Soldaten auf Distanz.

© Ulrich W. Sahm / haGalil.com

hagalil.com 14-03-2006

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