Jericho:
Nicht erfüllte Abkommen, verlassene Posten
Auszüge aus einem Kommentar von Ze'ev Schiff,
Ha'aretz, 15.03.2006
Übersetzung Daniela Marcus
Die Vorfälle in Jericho rund um das Gefängnis,
in dem unter anderem die Mörder von Minister Rehaveam Ze'evi
einsitzen, sind mit der palästinensischen Entscheidung verbunden,
ein weiteres Abkommen mit Israel zu brechen.
Die britischen Wachen, die als Teil eines
Abkommens ihren Dienst taten, hätten ihre Posten nicht verlassen,
wenn sie nicht verstanden hätten, dass die palästinensische
Autonomiebehörde (PA) und die Hamas-Regierung, die voraussichtlich
in der PA ihre Geschäfte aufnehmen wird, planten, die Gefangenen zu
befreien. Die Briten verstanden, dass ihr Leben unter diesen
Bedingungen in Gefahr war, und deshalb verließen sie ihre Posten.
Das Resultat der Aktion der israelischen Armee
(IDF) in Jericho ist die Tatsache, dass alle sechs gesuchten Männer,
von denen drei direkt in den Mord an Ze'evi verwickelt waren, in
Israel vor Gericht gestellt werden. (…)
Briten und Amerikaner verstanden, dass die IDF
sofort das Vakuum füllen würde, das durch den Abzug ihrer Wachen
entstehen sollte. Doch mit Sicherheit sahen sie ihre Leute einer
immer größeren Gefahr ausgesetzt und entschieden sich deshalb, diese
abzuziehen.
Kürzlich eskalierten in der PA und unter
Hamas-Führern Gespräche über eine erwartete Freilassung der
Gefangenen. Am 8. März hatte der britische Außenminister Jack Straw
einen zornigen Brief an den PA-Vorsitzenden Mahmoud Abbas
geschrieben und darin vermerkt, dass die Wachen auf Grund der
Situation ihren Pflichten nicht nachkommen könnten. (…)
Das Abkommen vom Mai 2002 wurde erreicht, nachdem
der US-amerikanische Präsident George W. Bush der saudischen Führung
bei einem Besuch auf seiner Ranch in Texas versicherte, dass er
daran arbeiten würde, die israelische Belagerung der Mukata in
Ramallah zu beenden. Er versprach, dass die IDF nicht in Arafats
Komplex eindringen würde. Israel verlangte dafür, dass eine Reihe
von Personen –vor allem Ze’evis Mörder, die sich auch in der Mukata
aufhielten- zu einem Gerichtsverfahren nach Israel ausgeliefert
werden würden. Dieser Forderung wurde allerdings nicht nachgekommen.
Stattdessen erklärte sich Israel einverstanden, dass die
betreffenden Personen ins Gefängnis nach Jericho gebracht werden
würden. (…) Hier sollten sie unter britischer und amerikanischer
Bewachung einsitzen.
Sicherheitsbeamte sagten schon seit langem, dass
die Gefängnisstrafe in Jericho im Grunde ein Witz sei. Außer einem
Schild, das das Gebäude als Gefängnis ausweist, gibt es sonst keine
Anzeichen dafür. Oft waren Besucher, inklusive palästinensischer
Führer, zugegen. Es gab ein fast ungehindertes Kommen und Gehen. Der
ungeheuerlichste Moment war derjenige, als der Sekretär der
Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP), Ahmed Sa'adat, in den
Verdacht geriet, aus seiner Gefängniszelle heraus ein
Selbstmordattentat auf dem Carmel-Markt in Tel Aviv geplant zu
haben.
hagalil.com 15-03-2006 |