In bewährter
Manier:
Jürgen Elsässer propagiert "Tal der Wölfe"
Von Karl Pfeifer
Knapp nach der Wende rief mich aus Deutschland ein junger
Journalist an. Ich war Redakteur des offiziellen Organs der Israelitischen
Kultusgemeinde Wien und hatte schon vor der Wende über Antisemitismus in
einigen osteuropäischen Staaten publiziert. Der junge Journalist wollte nach
Ungarn fahren, um über den Antisemitismus zu schreiben und bat mich um
Kontakte, die ich ihm verschaffte.
Jürgen Elssässer, der seine journalistische Karriere bei der Jungen Welt
begonnen hatte, um dann über Jungle World zum Hamburger Monatsmagazin
konkret zu gelangen, war ein Jahrzehnt einer der führenden
Publizisten der "Antideutschen".
1992
veröffentlichte er sein Buch "Das neue Gesicht des Antisemitismus", in dem
er auf propalästinensische Projektionen linker Deutscher hinwies, sowie auf
die Gefahren einer gemeinsamen Stellungnahme mit rechten Antisemiten.
Jürgen Elsässer lernte ich persönlich erst im Frühjahr 1999 kennen als ich
zu einer Podiumsdiskussion über den Jugoslawienkrieg nach Potsdam eingeladen
wurde. Er machte mir den Eindruck, einer dieser oberflächlichen Journalisten
zu sein, die sehr häufig ihre Position wechseln. Elsässer war ganz kritiklos
auf der Seite der Serben im Jugoslawienkonflikt und identifizierte sich mit
ihrer Sache. Er träumte damals von einem Bündnis der US-Republikaner,
französischen Gaullisten und russischen Nationalkommunisten gegen
Deutschland.
Nach
dem 11. September 2001 ließ er im konkret Ex-Minister Andreas von
Bülow (SPD) zu Wort kommen, der behauptete, die Attentate des 11. September
wurden nicht von Islamisten, sondern von CIA-Agenten begangen und der dann
in einer Reihe von Medien, darunter auch die rechtsextreme Junge Freiheit,
seine Verschwörungstheorie verbreiten konnte. So fand Elsässer wieder den
Weg zurück zur antiimperialistischen Jungen Welt.
Am
20. Februar 2006 propagierte der ehemalige Antideutsche den
antiamerikanischen, antikurdischen und antisemitischen türkischen Film
"Das Tal der Wölfe" (1). "Die deutsche Presse" - so Elssässer -
überbiete sich in Schmähungen: »übles Machwerk« (taz), »alle Klischees des
Kampfs der Kulturen« (Tagesspiegel), »offenkundige antiwestliche und
antisemitische Hetze« (FAZ), »rassistische Einstellungen«
(Grünen-Abgeordneter Cem Özdemir)". Dagegen meint Elsässer, liefert
dieser Film
"der Friedensbewegung gute Munition".
Der
Film beruht auf eine wahre Begebenheit. Im Juli 2003 haben amerikanische
Soldaten elf türkische Offizieren festgenommen und diesen Säcke über die
Köpfe gestülpt. Die türkischen Nationalisten, die den türkischen Völkermord
an Armeniern beharrlich leugnen und sich dabei auf die heilige Ehre der
Nation berufen, waren beleidigt. Der Film schildert, wie sich ein Agent des
türkischen Geheimdienstes auf den Weg macht, um diesen Frevel zu rächen. Der
Grüne Politiker Cem Özdemir erklärte dazu:
"Es
ist sicher nicht neu, dass das Kino böse Figuren eng an einen
ethno-religiösen oder nationalen Hintergrund anlehnt, damit Klischees und
rassistische Ressentiments bedient, ob dafür nun Russen, Asiaten, Araber,
Mexikaner, Juden oder auch Türken und Deutsche herhalten müssen. Ich nehme
dies zur Kenntnis - "Tal der Wölfe" wird mir dadurch aber nicht
erträglicher."
In
diesem Film sind nordirakische Kurden Vasallen der Amerikaner, ein Haufen
schmutziger, feiger Soldaten - außer dem eigenen Kurden, der sich natürlich
zum Türkentum bekennt; die Amerikaner lassen sich in ihrer Grausamkeit kaum
überbieten, Bestien, die eine Hochzeit überfallen, den Bräutigam ebenso
töten wie ein Kind vor den Augen seiner Mutter und noch dazu Überlebende mit
Genuss foltern; der Arzt, der Gefangenen die Organe entnimmt, ist ein Jude,
der in Nazi-Manier Gefangene selektiert, deren Organe ihm für einen Export
in die USA und nach Israel tauglich erscheinen. Und ein anderer,
traditionell gekleidet und mit Schläfenlocken (im Nordirak!), verlässt
"feige" den Schauplatz, sobald es gefährlich wird.(2)
Die
Liste ließe sich verlängern und es ist kaum zu glauben, dass der Film in der
Türkei ohne Altersbeschränkung läuft (während diese in Deutschland bei 18
Jahren liegt). All dies zusammengenommen lässt Christen und Juden als
widerliche und paktierende Gestalten erscheinen, die mit dem blutgetränkten
Schwert in der Hand das Reich ihres Gottes ausdehnen bzw. zurückerobern
wollen. Daraus folgt natürlich, dass der Islam das Gegenteil dessen ist,
eine Religion des Friedens und der Barmherzigkeit."
Hingegen postuliert Elsässer: "Auch der Vorwurf des Antisemitismus ist
unzutreffend: Es gibt im Film zwar einen jüdischen Arzt, der Gefangenen
Organe entnimmt und weiterverkauft. Doch er versucht, die Killer an einigen
Stellen zu bremsen. Im Vergleich zu ihnen ist er eine eher harmlose Figur –
nicht, wie im Klischee, der Drahtzieher, sondern eher der kleine Profiteur
der US-Aggression. Wer wollte bestreiten, daß das eine recht zutreffende
Allegorie des Verhältnisses zwischen den Regierungen in Jerusalem und in
Washington ist?"
Wenn
ein jüdischer Arzt gezeigt wird, der in Nazi-Manier den Gefangenen ihre
Organe entnimmt, um sie an reiche Kunden in New York, London und Tel Aviv zu
verkaufen, dann ist das für Elsässer lediglich eine "Allegorie" und in
bewährter Manier stellt er den rechten, nationalistischen Machern dieses
Filmes einen Persilschein aus.
Die
Perfidie dieses Filmes besteht darin, dass er als Unterhaltungsfilm
funktioniert und damit diese antisemitischen und antiwestlichen
Ressentiments einem breiten Publikum zuführt. Und dieser Film läuft auch in
Istanbul, wo vor nicht allzu langer Zeit Anschläge gegen Synagogen und
britische Einrichtungen durchgeführt wurden die Dutzende Menschenleben
forderten. Das alles "vergisst" Elsässer, wenn er der Friedensbewegung und
den Linken vorschlägt einen Film zu propagieren, der von Fanatismus,
Fremdenhass, Abschottung und Antisemitismus gekennzeichnet ist.
So
hat Jürgen Elsässer wieder seinen Platz in der Volksgemeinschaft gefunden,
in der Rechte und Linke sich gegen den gemeinsamen Feind mit Islamisten und
türkischen Chauvinisten verbünden wollen.(3)
1)
http://www.jungewelt.de/2006/02-20/051.php
2) Spiegel online
14.02.2006
http://www.spiegel.de/kultur/kino/0,1518,400677,00.html
3) Neonazi loben Elsässer:
http://de.altermedia.info/general/antiim...50206_4670.html
hagalil.com 13-03-2006 |