Gewinn für alle (WIN-WIN):
Kann das umgesetzt werden?
Ammar W. Mango
[HEBREW]
[ENGLISH]
[ARABIC]
Amman – Konflikte sind im Geschäftsleben alltäglich. Wenn
man an einem Konflikt beteiligt, hat man normalerweise eine herkömmliche
Haltung, wie man sich zu verhalten hat und wie zu verhandeln ist.
Gewohnheitsgemäß konzentrieren sich Menschen darauf, wie ein größtmöglicher
Gewinn aus der Verhandlung mit einem Partner zu ziehen ist. Das ist eine
Verhandlungsmethode, bei der eine der beiden Parteien gewinnt und die andere
verliert (win-lose).
Ein einfaches Beispiel dafür ist die Verhandlung mit einem
Lieferanten über den Preis einer Ware. Auch wenn der Preis fair ist,
versucht man diesen zu drücken und einen größeren Preisnachlass zu erzielen.
Solch eine Haltung, bei der eine Partei gewinnt und die andere verliert,
führt auf lange Sicht zu Misstrauen und zu einer ungesunden Beziehung. Hier
versucht jede Partei die andere dahin zu bekommen, mehr zu geben, auch wenn
das bedeutet, unfair miteinander umzugehen. Diese herkömmliche Methode wird
immer mehr zu Gunsten einer anderen Verhaltensmethode ersetzt, eine Methode,
durch die alle Parteien gewinnen, es gehen nur Gewinner aus einer
Verhandlung hervor (win-win).
Bei der win-win-Methode ist es wichtig, dass beide Parteien
ihre Wünsche und Bedürfnisse klar definieren, um eine für alle Beteiligten
zufrieden stellende Lösung ausarbeiten zu können. Wenn eine Partei mit
Nachdruck versucht, auf Kosten der anderen zu gewinnen, ignoriert sie eine
einfache Tatsache: Der leichteste Weg das zu bekommen, was wir gerne haben
möchte, ist der anderen Seite das zu geben, was sie gerne haben möchte.
Allgemein nimmt man an, es sei unmöglich für zwei
Verhandlungsparteien gleichzeitig zu gewinnen, Studien aus dem wirklichen
Leben beweisen jedoch das Gegenteil. Manchmal hindern Emotionen beteiligte
Parteien daran, überhaupt zu merken, dass sie der anderen Seite einen Gewinn
("win") geben können und zur gleichen Zeit ihren eigenen Gewinn ("win")
bekommen können.
Damit die win-win-Methode funktioniert, gibt es
Grundprinzipien, die von beiden Parteien eingehalten werden müssen,
angefangen mit einem fairen und ehrlichen Verhalten. Als Vorbereitung für
eine win-win-Verhandlung ist es wichtig, sich zu Beginn darauf zu einigen,
was "fair" ist. Ein weiteres Prinzip der win-win-Methode ist der "Schutz der
Beziehung", und das bedeutet eine langfristige gegenseitige Verpflichtung.
Damit wird den Parteien auferlegt, ihr eigenes gegenwärtiges Verhalten bei
einer Verhandlung in Bezug auf mögliche Konsequenzen auf die künftige
Zusammenarbeit hin zu überprüfen. Wenn beispielsweise ein Käufer versucht,
den Verkäufer zu einem unzumutbaren Preisnachlass zu zwingen, wird solch
eine Vorgehensweise diesen aus Selbstschutz dazu führen, seine Preise
übertrieben zu erhöhen. Das gleiche gilt für unethisches oder
unprofessionelles Verhandeln mit der anderen Seite. Die Folge sind
Misstrauen und bittere Gefühle, die Beziehung und Chancen künftiger
Geschäfte werden geschädigt. Stattdessen sollen die Verhandelnden darauf
bedacht sein, sich um die Beziehung zu kümmern und sie zu schützen.
Das dritte Grundprinzip der win-win-Methode ist den Fall aus
der Sicht der anderen Partei zu betrachten. Kenntnis der Bedürfnisse,
Wünsche, Erwartungen und der Verhältnisse der anderen Seite werden dabei
vorausgesetzt. Das hilft beim Aufbau von win-win-Szenarios die Interessen
der anderen Partei zu berücksichtigen. Ein besseres Kennen der anderen Seite
erleichtert auch, deren Haltung, Verhalten sowie deren Erklärungen und Ziele
zu verstehen.
Ein letzter Punkt noch, der zu berücksichtigen ist: Bei der
win-win-Methode darf nichts persönlich genommen werden. Eine Verhandlung ist
eine bestimmte Situation, in der zwei Parteien miteinander nicht einig
gehen. Es kann durchaus andere Situationen geben, in der diese zwei Parteien
auf derselben Seite stehen. Keine der beiden Parteien soll darauf aus, die
andere zu verletzen, die Situation ist die, dass nicht miteinander
übereinstimmende Bedürfnisse und Wünsche beide Parteien trennen.
Rechtsanwälte setzen dieses Prinzip um, sie können erbittert einen
Rechtstreit gegeneinander ausfechten und ein paar Minuten später zusammen
Mittag essen. Sie wissen, dass es nicht persönlich ist, sie führen nur ihre
Arbeit aus.
Während es destruktiv ist, Dinge persönlich zu nehmen, ist es
empfehlenswert, Humor einzusetzen und einen persönlicher Ton zu wählen,
damit die win-win-Methode gelingt. Das ist anders als die Dinge persönlich
zu nehmen, es ist ein Versuch, die menschliche Seite im Anderen zu sehen.
Humor hilft beiden Seiten, Dinge so zu sehen, wie sie sind und während der
Verhandlung nicht zu streng miteinander umzugehen. Ein gemeinsames Lachen
gibt Gegnern das Gefühl, dass es sehr wohl möglich ist, eine gemeinsame
Basis finden zu können.
Neben diesen Grundprinzipien gibt es andere Taktiken, die man
verfolgen kann. Dazu gehört Geduld, die es den Verhandelnden möglich macht,
einen Punkt zur Seite zu stellen, auch wenn dazu zu diesem Zeitpunkt keine
Lösung gefunden werden konnte. Es gibt auch die Taktik, Fragen zu stellen,
das ist hilfreich, um die Ansicht der gegnerischen Partei zu verstehen.
Zusammenfassen ist eine Taktik, die es erleichtert, Themen zu
klassifizieren, die behandelt werden müssen, um eine win-win-Lösung zu
finden.
Zu den allgemeinen Techniken gehören das brain storming und
das trial ballooning. Beim brain storming werden viele Ideen gesammelt, die
für das Finden einer Lösung nützlich sind, während des gemeinsamen
Sammelvorgangs werden die vorgebrachten Ideen nicht beurteilt. Ein trial
balloon ist eine unverbindliche Was-ist-wenn-Äußerung, um sich von der
Flexibilität des Verhandlungspartners ein Bild machen zu können.
Die win-win-Methode ist die Umwandlung einer Situation von
einem Interessenkonflikt zwischen Gegnern in eine Zusammenarbeit zwischen
Partnern. Sie ist eine kraftvoller Haltungsumschwung, eine Herausforderung
an die herkömmliche Verhandlungsmethode, umsetzbar bei den meisten
Geschäftsverhandlungen mit Angestellten, Kunden, Lieferanten und mit er
Öffentlichkeit.
Ammar W. Mango schreibt für die Jordan-Times.
Quelle: Jordan Times, 9.-10. Dezember 2005
Übersetzung: K. Badr |