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Haus der Wannsee-Konferenz:
Neue Ausstellung - Überwältigungsverbot

Von Martin Jander

64 Jahre nach der Wannsee-Konferenz wurde am 19. Januar im Haus der Konferenz eine überarbeitete Dauerausstellung eröffnet. Zur Eröffnung würden sich, so formulierte es Yehuda Bauer, die Teilnehmer der Wannsee-Konferenz von 1942 sicher nicht so gerne eingefunden haben. Wahrscheinlich sogar zögen sie es vor lieber weiter in der Hölle zu schmoren, als in dem ehemaligen Gästehaus der SS, dem Vortrag eines Juden aus einem freien jüdischen Staat zuzuhören. Dass er, Yehuda Bauer, am historischen Ort zur Eröffnung einer neuen Ausstellung sprechen könne, zeige, welche großen Fortschritte in Deutschland die Aufarbeitung des Nationalsozialismus gemacht habe.


Villa Minoux 1922, heute Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz (GHWK)

Dieser Fortschritt in der NS-Aufarbeitung war es letztlich auch, der die Bildungs- und Gedenkstätte Haus der Wannseekonferenz veranlasst hat die 1992 eröffnete Dauerausstellung komplett zu überarbeiten. Der Leiter des Hauses, Dr. Norbert Kampe, nannte gleich mehrere Gründe, den Fortschritt der Forschung mit der Öffnung der Archive Osteuropas, die Erfahrungen mit Besuchergruppen in den letzten 14 Jahren und neue technische Standards im Ausstellungsbau.

Dr. Wolf Kaiser, in der Gedenkstätte für das pädagogische Angebot verantwortlich, konkretisierte, vor allem würde man der Darstellung der Geschichte der Konferenz selbst und der beteiligten Personen wie Institutionen nun mehr Raum geben. Darüber hinaus werde auch ihre Vorgeschichte, die Judenfeindschaft in Deutschland und ihr Umschlag in Ausgrenzung, Enteignung und später Vernichtung breiter dargestellt.

Die Darstellung der Geschichte der Shoa folge sowohl der "intentionalistischen" als auch der "funktionalistischen" Schule, erläutert auf Nachfrage der Historiker Peter Klein, der maßgeblich an der neuen Ausstellung mitgewirkt hat. Wer dem Rundgang folge stelle fest, dass man Argumente beider großen Interpretationsrichtungen aufgegriffen habe, die sich gewissermaßen gegenseitig in Schach hielten.

Die Ausstellungsmacher eröffnen den Besuchern außerdem einen neuen biografischen Zugang. Im ersten Raum der Ausstellung werden vier Schicksale jüdischer Familien aus Osteuropa vorgestellt, ihre Tragödien begleiten den Besucher auf seinem Rundgang. Man habe, sagt der Leiter des Hauses, den Opfern damit auch "ein Gesicht geben wollen." Ins Auge springt jedoch zu allererst, dass viele der schockierenden Fotos, die in der alten Ausstellung bislang gezeigt wurden, verschwunden sind. Man folge damit, erläutert Norbert Kampe in einem Interview mit dem Deutschland-Funk, dem pädagogischen Grundsatz des "Überwältigungsverbots".

Vor Konkurrenz anderer Gedenkorte und Museen in Berlin müsste man sich nicht fürchten, entgegnen die Ausstellungsmacher auf häufige Fragen. Seit ihrer Eröffnung 1992 hätten etwa 800.000 Menschen die Ausstellung besucht, nur die Hälfte von ihnen waren Deutsche. 77.000 Besucher sind es pro Jahr und die Eröffnung der Ausstellung unter dem Holocaust-Mahnmahl  im Mai 2005 hat den Besucherstrom in der Wannsee-Villa eher noch vergrößert, nicht zurückgehen lassen.


Neue ständige Ausstellung in der Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz (Foto: Rainer Lendler, fripp)

Der Katalog zur neuen Ausstellung, in dem alle in der Ausstellung selbst gezeigten Dokumente und Bilder wiedergegeben werden, so dass er auch zum Selbststudium und im Unterricht verwendet werden kann, liegt zwar bereits in deutscher und englischer Sprache vor, konnte jedoch noch nicht gedruckt werden. Um ihn drucken zu lassen fehlen dem Haus noch 2 Mal 30.000 Euro.

Das politische Berlin, zur Eröffnung sprachen der Regierende Bürgermeister der Stadt Berlin Klaus Wowereit (SPD) und die Bundestagsvizepräsidentin Gerda Hasselfeld (CSU), betonte die Notwendigkeit der Ausstellung. Beate Klarsfeld, Repräsentantin der Gruppe "Filles des Juifs Déportés de France" und Esther Reiss, Überlebende der Shoa, bedankten sich bei den Ausstellungsmachern.

Nebem dem Lob für die Ausstellungsmacher formulierte Yehuda Bauer jedoch heftige Kritik an den Anstrengungen der wissenschaftlichen Forschung in Deutschland und ihrer Perspektive. Er lobte ausdrücklich die Arbeiten von Götz Aly und Michael Wildt, wies jedoch darauf hin, dass der Kern des Nationalsozialismus, er sei wie Ian Kershaw gezeigt habe, ein "ideologisches Regime" gewesen, nicht überall richtig verstanden werde: "Man hat die Juden nicht ermordet, um sie berauben zu können. Im Gegenteil. Man hat sie ermordet, um sie los zu werden."

Insgesamt konstatierte er eine Täterfixierung der deutschen Forschung. Die Juden seien kein stummes Objekt gewesen. Wolle man wissen, wie Völkermorden widerstanden werden könne, müsse man sich mit der Shoa mehr aus der Perspektive der Opfer beschäftigen. Die Täter und ihre Helfer hätten sich dehumanisiert, dass sei deutlich. Die Opfer jedoch hätten dem "moralischen Zusammenbruch" an vielen Orten widerstehen können. Darüber zu informieren sei in einer Welt, in der es immer noch Völkermorde gäbe entscheidend. Zwar könne man die Shoa nicht mit anderen Völkermorden gleichsetzen, in vielen Dingen aber seien die heutigen Völkermorde der Shoa ähnlich.

Die Ausstellung ist an allen Tagen der Woche von 10 – 18 Uhr geöffnet. Unter 0049-30-8050010 kann man sich zu einer Führung anmelden. Im Internet findet man das Haus der Wannseekonferenz unter http://www.ghwk.de.

Dr. Martin Jander arbeitet als Historiker und Journalist in Berlin. Informationen zu seinen Veröffentlichungen, Seminaren und Stadtrundgängen unter:
www.unwrapping-history.de


Ankunft und Selektion in Auschwitz. Ankunft von Juden aus dem in der Karpatho-Ukraine liegenden Ghetto Berehovo am 26. Mai 1944.
Dieses Foto stammt aus dem sog. Auschwitz-Album. Diese Fotos von der Ankunft in Auschwitz vom Mai 1944 wurden als Dokumentation von den SS-Männern Bernhard Walter und Ernst Hoffmann angefertigt. Sie befinden sich in einem Fotoalbum, das von Lilli Jacob in Mittelbau-Dora unmittelbar nach ihrer Befreiung gefunden wurde. Die 18jährige Lilli kam aus Bilke, einem Ort im ungarisch-ukrainischen Grenzgebiet. Alle Bilker Juden wurden ins Ghetto und dann nach Auschwitz deportiert. Lilli war die einzige Überlebende ihrer großen Familie, die alle im Mai 1944 mit den fotografierten Zügen in Auschwitz ankamen. Sie war schockiert, als sie auf den Fotos nicht nur sich selbst, sondern auch ihre Brüder und andere Menschen aus Bilke erkannte. (Yad Vashem, Jerusalem)


Öffentliche Demütigung von Juden in der Stadt Tomaszow Mazowiecki (bei Lodz), vermutlich September/Oktober 1939 (USHMM Washington D. C.)
 
Die Ausstellung kann auch im Internet besichtigt werden:

http://www.ghwk.de/2006-neu/anfang.htm

Katalog zur Ausstellung:

Format: 33 cm x 23,5 cm, 204 Seiten, 503 zumeist farbige Fotos und Dokumente, 18 Karten,
Personen-, Orts- und Sachregister.
Preis: 12,00 EURO + Porto/Verpackung (bei Versand).
Berlin 2006, ISBN 3-9808517-4-5 (Druckhaus Jütte-Messedruck Leipzig).

Der Katalog kann

- per eMail: secretariat@ghwk.de
- per Post (Haus der Wannsee-Konferenz, Am Großen Wannsee 56-58, 14109 Berlin) oder
- per Fax: 030 - 80 50 01 27 bestellt werden,
- oder direkt in der Gedenkstätte erworben werden.

hagalil.com 20-01-2006

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