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MEMRI Special Dispatch – 23. Dezember 2005

Arabische Risikobereitschaft:
Über Spielbergs neuen Film 'München'

In ihrer wöchentlichen Kolumne für die in London erscheinende Tageszeitung al-Sharq al-Awsat kommentiert Mona Eltahawy den Kinostart des Filmes "München" von Steven Spielberg. Ausgangspunkt des Filmes ist die Geiselnahme und Ermordung israelischer Sportler während der Olympischen Spiele 1972 in München durch das palästinensische Kommando "Schwarzer September".

Dieser Film findet auch in arabischen Medien Beachtung. Die Darstellung des Nahen Ostens und der arabisch-islamischen Welt in westlichen Kinofilmen war in der jüngeren Vergangenheit wiederholt Anlass für scharfe Vorwürfe, die in der arabischen Öffentlichkeit formuliert wurden. Dabei wurde auf rassistische Stereotypen hingewiesen, die sich unter anderen in der Darstellung von Muslimen und Arabern als fanatisch und gewalttätig äußerten.

In ihrem Kommentar "Sind wir der Herausforderung Spielbergs gewachsen?" wendet sich Eltahawy gegen eine Beschränkung der Diskussion um den Film "München" auf eine solche Betrachtungsweise. Sie argumentiert, die Stärke des Filmes liege insbesondere darin, dass gängige Sichtweisen auf die Ereignisse in der Vergangenheit einer Revision unterzogen würden. Eine solche Revision der ‚Mythen’, wie sie von Spielberg versucht werde, sei auch in der arabischen Öffentlichkeit notwendig.

Der Kommentar erschien am 20. Dezember 2005 [1]:

"Am 23. Dezember wird der amerikanische Regisseur Spielberg erleben, wie gefährlich die Zerstörung gängiger Mythen sein kann. An diesem Tag wird sein neuer Film ‚München’ in einigen Kinos in den USA anlaufen. Die Geschichte des Filmes ist inspiriert von den Ereignissen, die sich vor und nach der Tötung von elf israelischen Athleten durch palästinensische Terroristen während der Olympischen Spiele 1972 zutrugen. Im Anschluss an diese Ereignisse hatte die israelische Regierung ein geheimes Hinrichtungskommando gebildet, welches damit beauftragt war, die Täter zu verfolgen und zu töten.

Ich spreche hier bewusst von ‚Terroristen’ - um ihre Aufmerksamkeit zu bekommen, aber auch, weil ich die Tötung von Athleten für eine terroristische Tat halte. Meine Sorge ist - [und deswegen nehme ich dies hier schon vorweg] - dass die arabischen Diskussionen um den Film ‚München’ an diesem Begriff hängen bleiben, und damit die eigentliche Botschaft des Filmes verpassen werden. Ich fürchte, dass der Film ‚München’ in der arabischen Welt schlicht verboten wird, weil man ihn für einen weiteren Ausdruck der westlichen Vorstellung des Arabers als Terroristen hält.

Sollte ‚München’ tatsächlich verboten werden, wäre dies allerdings das aktuellste Beispiel dafür, dass die arabische Welt zu einer Teilnahme am gegenwärtig stattfindenden intellektuellen Dialog nicht bereit ist. Der Film steht nicht nur im Kontext des Kampfes gegen den Terror, er ist zudem eine offene Herausforderung der arabischen Welt, sich selbst diesem Thema mit künstlerischen Mitteln anzunähern und damit genau jene schmerzhaften Fragen zu stellen, die auch der Film ‚München’ aufwirft.

Ist die arabische Welt in der Lage, diese Herausforderung anzunehmen?

Diejenigen, die schon Teile des Spielberg-Filmes [in der Vorpremiere] gesehen haben, sagen, der Film würde sich nur wenige Minuten mit der Geiselnahme, der gescheiterten Befreiungsaktion und der Ermordung der israelischen Athleten beschäftigen. Ihm geht es viel eher um die Bekämpfung des Terrors und den [fraglichen] Nutzen der dabei angewendeten Methoden.

Die Fragen, die Spielberg dabei aufwirft, beziehen sich – egal, ob es von Spielberg so intendiert war oder nicht – auf alle Vergeltungsaktionen, ob sie nun von Golda Meir, der damaligen israelischen Premierministerin beschlossen, oder von US-Präsident George Bush als ‚War on Terror’ nach den Terror-Anschlägen vom 11. September in New York und Washington in die Wege geleitet wurden.

David Korn schrieb in der [amerikanischen] Zeitschrift The Nation: ‚Nachdem der Agent mit seinem Kommando erfolgreich war und die palästinensischen Anführer [der Geiselnahme] getötet hatten, stellten sie fest, dass diese Verantwortlichen durch andere ersetzt wurden, die noch brutalere Operationen gegen Israel und Juden befürworteten. Und die Organisation Schwarzer September verschärfte seine Kampagne des Terrors weiter. Sind es die Hinrichtungen [durch das israelische Kommando], die diese schrecklichen Reaktionen mit Hunderten Toten in anderen Ländern ausgelöst hatten?’

Das Kommando tötete nicht immer die richtigen Leute. Im Film wird dies nicht erwähnt, aber der Mossad beging einen Fehler und tötete einen marokkanischen Kellner, den der Mossad für einen führenden ins norwegische Lillehammer geflohen palästinensischen Verantwortlichen hielt.

Obgleich sich Angehörige der israelischen Opfer wohlwollend über den Film geäußert haben, sah Spielberg sich scharfen Vorwürfen von Seiten derjenigen ausgesetzt, die beklagten, er würde den palästinensischen Terrorismus in moralischer Hinsicht mit den Maßnahmen gegen den Terror seitens Israels gleichstellen. Andere haben ihn angegriffen, weil er eine Szene erfand, in der ein Palästinenser gegenüber einem Mossad-Agenten das Recht der Palästinenser auf einen palästinensischen Staat verteidigt.

Auch wenn dieser Streit in der arabischen Welt keine Rolle spielt, man muss sich vorstellen, welches Risiko Spielberg mit der Produktion des Filmes ‚München’ eingegangen ist! Obwohl er erklärt hat, dass er die Reaktion Israels [auf die Geiselnahme] zu jener Zeit unterstützt, sagte er gegenüber der Los Angeles Times auch, eine Aggression könne nicht mit einer Aggression beantwortet werden. Dies würde einen Teufelskreis der Gewalt auslösen, dessen Ende nicht absehbar sei. Der israelische Konsul in Los Angeles bezeichnete Spielberg daraufhin als naiv.

Bei all seinem Erfolg und seinem Ruhm: Was Spielberg zu diesem Film motivierte war etwas, was uns in der arabischen Welt oft fehlt, die Bereitschaft zum Risiko.

Gegenüber der Los Angeles Times erklärte er: ‚Ich kann nicht schweigen, nur um meiner Popularität nicht zu schaden. Ich bin jetzt in einem Alter, in dem ich, wenn ich kein Risiko mehr eingehe, den Respekt vor mir selbst verliere. Und dieser Film war aus meiner Sicht ein großes Risiko.’

Eines der größten Risiken ging Spielberg damit ein, den preisgekrönten Drehbuch-Autoren Tony Kushner als Co-Autoren anzuwerben. Kushner, der selbst Jude ist, ist wegen seiner linken politischen Positionen und wegen seiner Verurteilung der israelischen Besetzung der Westbank und Gazas in pro-zionistischen jüdischen Kreisen sehr umstritten. Er ist Mitherausgeber des Buches ‚Wrestling with Zion: Progressive Jewish-American Responses to the Israeli-Palestinian Conflict’. In seinem Beitrag zu dem Buch schreibt er, er lehne es ab, sich so zu verhalten, wie es von einem amerikanischen Juden in Fragen bezüglich Israels erwartet wird.

Ich habe etwas zu enthüllen: Ich selbst habe in Israel gelebt und gearbeitet, und ich glaube an das Existenzrecht Israels, genauso wie ich an das Recht der Palästinenser glaube, einen eigenen Nationalstaat zu gründen. Meine Haltung entspricht der Haltung Kushners: Ich lehne es ab so zu handeln, wie es von mir als Araberin und Muslimin hinsichtlich Palästinas erwartet wird.

Aus diesem Grunde fragte ich noch einmal: Ist die arabische Welt in der Lage, die Herausforderung Spielbergs und Kushners anzunehmen? Wo ist das Buch ‚Wrestling with Palestine’, in denen arabische Autoren die gängigen Weisheiten in Frage stellen? Wo bleibt der Film ‚Unser München’, in denen den Ursachen des palästinensischen Terrorismus nachgegangen wird und der aufzeigt, wie der Terror der palästinensischen Sache geschadet hat?

Der Film ‚Paradies Now’ des palästinensischen Regisseurs Hany Abu-Assad, der zwei Freunde darstellt, die für einen Selbstmordanschlag rekrutiert werden, ist ein guter Anfang. Abu-Assad geht das von Spielberg erwähnte Risiko ein, indem er Stimmen, die gegen die Selbstmordanschläge sprechen, [in den Film] einbaut.

Wir müssen aber die Mythen unserer Vergangenheit in Angriff nehmen, wenn wir in den Debatten anderer nicht mehr nur negatives Gesprächsthema sein wollen. Angesichts der arabischen Unfähigkeit, selbst den Mythen der Gegenwart in die Augen zu blicken, ist dies leichter gesagt als getan.

Als eine Rakete der Hamas während einer Demonstration nach dem israelischen Abzug aus Gaza explodierte, entschieden sich viele arabische Journalisten, die am Ort der Explosion waren, dazu, ihre eigenen Augen zu belügen – sie glaubten der Hamas, die behauptete, es sei eine israelische Rakete gewesen, die am Ort des Geschehen für den Tod von 19 Palästinensern verantwortlich gewesen sei." [2]

Anmerkungen:
[1] Dies ist eine Übersetzung aus dem arabischen.
[2] Eltahawy bezieht sich hier auf die Explosion, bei der am 23. September 2005 während einer Kundgebung der Hamas in Jabaliya wahrscheinlich 19 Personen getötet wurden. Die Hamas erklärte umgehend, Ursache der Explosion sei ein Beschuss durch einen israelischen Hubschrauber gewesen. Die palästinensischen Behörden bestätigten dagegen israelische Berichte, wonach es sich nicht um einen israelischen Raketenangriff, sondern um einen Unfall handelte, bei dem ein mit Waffen beladener Jeep explodiert sei. Bei dem Marsch anlässlich des israelischen Abzuges aus Gaza präsentierte sich die Hamas mit einem umfangeichen Arsenal an Waffen.

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hagalil.com 03-01-2006

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