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Ein israelischer Journalist klagt gegen einen deutschen Israel-Freund:
Offener Brief mit Folgen

Von Henryk M. Broder

Alle waren guter Laune, obwohl der Anlaß ein ernster war. Am 2. Dezember 2004 fand in der Deutschen Oper ein Konzert zugunsten der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem statt. Es gab Klassik und Klezmer, Giora Feidman und Iris Berben. Wie bei solchen Anlässen üblich traf man sich hinterher im Foyer, trank ein wenig Sekt und plauderte miteinander. Der israelische Journalist Igal Avidan, der für deutsche Zeitungen über den Nahost-Konflikt und für israelische Medien über deutsche Affären schreibt, und der deutsche Mathematiker R. Schröder, ein bekennender Israel-Freund. Letzten Dienstag sah man sich wieder, vor der 27. Kammer des Berliner Landgerichts, Avidan als Kläger, Schröder als Beklagter.

Die 27. Kammer verhandelt gemeinhin Pressesachen: Veronika Ferres gegen RTL, Till Schweiger gegen den Bauer Verlag und dazwischen: Avidan gegen Schröder. Für die drei Richter reine Routine, für die Beteiligten weit mehr. Für Avidan steht seine Reputation als Israel-Experte auf dem Spiel, für Schröder die Frage, ob er Avidan "Stimmungsmache gegen Israel" vorwerfen kann.

Nach dem Konzert und der Unterhaltung mit Avidan setzte sich Schröder an seinen Laptop und schrieb einen "offenen Brief an einen Israeli im deutschen Exil". Er rekapitulierte ausführlich den Inhalt der Unterhaltung, zitierte Avidan mit Sätzen wie dem "das Problem wäre doch heute wirklich nicht der Antisemitismus, sondern ausschließlich die 'verbrecherische Besatzungspolitik' Israels", er warf ihm vor, er mache sich als "jüdischer Judenmordversteher" mit Befürwortern von Selbstmordattentaten gemein, wäre "eine authentische Stimme für die Feinde Israels", dazu ein "miserabler Journalist und ein miserabler Mensch", dem es vor allem darum gehe, "in Deutschland bestmöglich Stimmung gegen Israel zu machen".

Zum Schluß seines offenen Briefes wurde Schröder eine wenig persönlich. Avidans Hauptproblem sei es, "eine Frau zu finden". Der offene Brief erschien in einem Internet-Magazin, für das Schröder regelmäßig Kolumnen verfaßte. Dann dauerte es über ein halbes Jahr, bis Schröder Post von Johannes Eisenberg, dem Anwalt von Avidan, bekam. Eine Klageschrift, mit der Schröder untersagt werden sollte, wörtlich oder sinngemäß über Avidan zu verbreiten, dessen Hauptproblem sei, eine Frau zu finden, er habe gesagt, daß es ihm vor allem um Stimmungsmache gegen Israel ginge und daß er "gerne von islamistischen, antisemitischen und pro-terroristischen Websites zitiert". wird. Alle übrigen Vorwürfe Schröders gegen Avidan – er sei ein "jüdischer Judenmordversteher", eine "authentische Stimme für die Feinde Israels", ein "miserabler Journalist und ein miserabler Mensch", er mache mit "Islamisten und gewöhnlichen deutschen Antisemiten gemeinsame Sache" – blieben von Avidan unbeanstandet, der sich in diesen Punkten offenbar richtig wiedergegeben fand.

Zum ersten Punkt gab Schröder eine Unterlassungserklärung ab und verpflichtete sich, nie wieder zu behaupten, Avidans Hauptproblem sei es, eine Frau zu finden, über die beiden anderen Punkte der Klage wurde am Dienstag verhandelt. Und wie so oft in Fällen, da Journalisten vor Gericht ziehen, statt sich schreibend zur Wehr zu setzen, kam es auch im Fall Avidan gegen Schröder zu einer Posse, bei der man bald nicht wußte, wer Kläger und wer Beklagter ist. Avidan, sonst nicht mundfaul, schwieg die ganze Zeit und überließ das Wort seinem Anwalt Eisenberg, der so tat, als habe er eigentlich Besseres zu tun ("Ich will meine Zeit hier nicht vergeuden"), während Schröder und dessen Anwalt Zischka Belege – u.a. den Verfassungsschutzbericht für 2004 -dafür anboten, daß Avidan tatsächlich "gerne von islamistischen, antisemitischen und pro-terroristischen Websites zitiert wird", was Eisenberg zuerst bestritt, bevor er dann erklärte, zwei der fraglichen Websites abgemahnt zu haben, Avidan nicht mehr zu zitieren.

So konzentrierte sich die Verhandlung auf die Frage, ob Avidan die "verbrecherische Besatzungspolitik Israels" kritisieren oder "Stimmungsmache gegen Israel" betreiben wolle. Avidan habe ihm gegenüber davon gesprochen, wiederholte Schröder, daß "der Hebel gegen Israel" in der "Stimmung in Europa" liege. Das sei doch, "Stimmungsmache". Das sei es nicht, erwiderte Eisenberg, Avidan habe nur die "verbrecherische Besatzungspolitik" kritisiert, und das habe mit "Stimmungsmache" nichts zu tun. Nun muß das Gericht entscheiden, was Avidan gesagt, wie er es gemeint und ob Schröder ihn richtig zitiert hat.

Avidan arbeitet inzwischen für eine neue Zeitung in Israel, "Makor Rischon" (Erste Quelle), die sich als "national und patriotisch" versteht und die Meinung des rechten Likud-Flügels artikuliert, der sich jedem territorialen Kompromiß widersetzt. "Der Mann ist eben vielseitig", sagt Schröder, "in Deutschland schreibt er gegen die 'verbrecherische Besatzungspolitik' und in Israel dient er sich dieser an". Man sieht sich bald wieder. Diesmal nicht bei einem Konzert zugunsten von Yad Vashem, sondern im Saal 143 des Landgerichts am Tegeler Weg.

hagalil.com 29-01-2006

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