Ein
Leitartikler der israelischen Tageszeitung M'ariw erzählt von einem
gemeinsamen Aufenthalt mit Ariel Scharon in London, im Sommer 1968.
"Ich beneide diese jungen Engländer", entglitt es ihm. „Warum?",
fragte ich. „Weil sie keine Uniform anziehen müssen und nicht an Kriegen und
Kämpfen teilnehmen müssen. Ich bete darum, dass eines Tages auch wir so in
Ruhe leben können - und dann kann ich all das hinter mir zurücklassen und
zurücktreten".
Warum sind diese Geschichten wichtig, um Sharons Persönlichkeit zu
verstehen? Weil sie die Komplexität des Mannes aufzeigen. Sharon ist ein
Literaturfreund, liebt Musik, liebt das Leben, liebt die Menschen. Wäre er
nicht in Israel geboren, das um seine Existenz kämpft, hätte er seinen Platz
wahrscheinlich an der Akademie gefunden oder in der Künstlerwelt, oder er
wäre Landwirt geblieben, aber ein Landwirt, der Geige spielt.
Sharon gehört demnach zu den Uniformträgern, denen die israelische
Realität eine militärische Karriere aufgezwungen hat, die ihrem eigentlichen
Charakter fremd ist.
Seit diesem Besuch in London hat unsere Freundschaft den Krisen und den
politischen Meinungsverschiedenheiten nicht stand gehalten.
...Die Zeit und die Veränderung der Einstellungen haben das ihre
beigetragen, und als ich ihn vor zwei Jahren hörte, als er bei der Herzliya
Konferenz die Räumung von Gaza ankündigte, glaubte ich - im Gegensatz zu
meinen Freunden - daran, dass er es auch durchführen würde. Mein letztes
persönliches Gespräch mit ihm, am Vorabend meines Rücktritts aus der
Knesset, war versöhnlich und ausgeglichen.
Menschen, und das betrifft auch Generäle, sind mehrstöckige Gebäude, und
in jedem Stockwerk befindet sich ein etwas anderer Mensch. Es gibt bei
Sharon Stockwerke der brutalen Kraft und es gibt, in anderen Stockwerken,
eine außergewöhnliche menschliche Empfindsamkeit.